Großer Preis von Monaco Wer ankommt, gewinnt

Der Wetterbericht lässt Böses ahnen: Beim Rennen in Monaco soll es regnen, damit sind Unfälle in Serie programmiert - zumal eine Regeländerung ohnehin für viele Ausrutscher sorgt. Abseits der Piste schlittert Skandal-Funktionär Max Mosley zurück in die Öffentlichkeit.
Von Jörg Schallenberg

"Rennen fahren in Monaco ist wie Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer." Es war der frühere Formel-1-Weltmeister Nelson Piquet senior, der einst entnervt diesen Vergleich zog. Entnervt von der engen Piste, der rasenden Fahrt durch einen Tunnel, dem extremen Wechsel vom Halbdunkel ins gleißende Sonnenlicht, den Schikanen, die nicht einzusehen sind, den schmutzigen und huckeligen Straßen. Kurz gesagt: Die Strecke beim Großen Preis von Monte Carlo, der seit 1950 fester Bestandteil der Formel 1 ist, hat eigentlich noch nie für Rennen getaugt, in denen Wagen zum Einsatz kommen, die größer sind als Karts.

Wie zum Beweis dieser These knallte Piquets Sohn Nelson Junior, der für Renault fährt, am Donnerstag beim Freien Training nach einem kleinen Dreher in die Leitplanken. Auslaufzonen gibt es in Monte Carlo so gut wie keine – es sei denn, man würde bei der Schikane nach dem Tunnel oder beim Schwimmbad die Barrieren für einen freien Abflug ins Hafenbecken öffnen.

Wartet also der übliche Irrsinn, wenn der Große Preis von Monaco am Sonntag um 14 Uhr (Liveticker SPIEGEL ONLINE ) gestartet wird? Nein, keineswegs. In diesem Jahr soll alles noch ein bisschen schlimmer werden. So wurde vor der Saison die Traktionskontrolle abgeschafft, was ohnehin für ein erhöhtes Aufkommen umherkreiselnder Formel-1-Boliden auf den Rennstrecken der Welt gesorgt hat. Zudem sagt der Wetterbericht für den Sonntag Regen in Monaco voraus – was manche Fahrer mit einem gewissen Galgenhumor werten.

"Wenn es regnet, musst du das Auto nur auf der Strecke halten, dann wirst du automatisch ein gutes Ergebnis haben, weil nicht viele ankommen werden", verkündete etwa Fernando Alonso, der im Training ebenfalls bereits die Leitplanke touchierte. Williams-Pilot Nico Rosberg befand, dass es ohne Traktionskontrolle im Regen "richtig interessant wird". Und Nick Heidfeld, dem die Abschaffung der elektronischen Fahrhilfe wenig Schwierigkeiten bereitet, rechnet "mit einem Überraschungssieger" – bestenfalls sitzt der in einem BMW-Sauber. Was Heidfeld natürlich nicht erwähnte.

Tatsächlich kalkulieren aber alle Teams mit vielen Zwischenfällen und reichlich Schrott auf der Piste. Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug entwarf im SPIEGEL-ONLINE-Interview bereits mehrere Szenarien, wie sich häufige Safety-Car-Phasen auf den Rennverlauf auswirken könnten. Denn dass der silberne Mercedes von Bernd Mayländer das Feld möglicherweise über mehr Runden anführen wird als jeder andere Wagen, daran zweifelt kaum jemand. Die Möglichkeit, dass einer der zu erwartenden Unfälle nicht so glimpflich abläuft wie all die spektakulären Crashs in der Formel 1 in den vergangenen Jahren und Wochen wird dagegen wie üblich eher ausgeblendet. Dabei ist die Gefahr groß wie lange nicht mehr.

Am Rande der Piste beschäftigt man sich allerdings eher mit einer anderen Bedrohung. Zumindest wird der Besuch des Rennens von Max Mosley, dem Präsidenten des Automobil-Weltverbandes Fia, bei vielen Teams und Herstellern so gewertet. Erstmals nach der Veröffentlichung des skandalumwitterten Sex-Videos und gar nicht zufälligerweise wenige Tage vor der entscheidenden Sitzung der Fia, in der es um Mosleys Zukunft gehen wird, ließ sich der 68-Jährige demonstrativ in Monte Carlo sehen.

Ob er sich damit einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Denn er wird keinen einzigen offiziellen Termin wahrnehmen, wohl wissend, dass er damit einen Eklat provozieren würde. Die monegassische Fürstenfamilie hat bereits durchblicken lassen, dass der Brite unerwünscht ist. Die Situation erinnert ein wenig an das skurrile Auftreten von Pat McQuaid, dem Präsidenten des Radsport-Weltverbandes UCI, bei der Tour de France 2007. Der stand hilflos vor dem Fahrerlager, weil ihm die Rennorganisatoren nach diversen Auseinandersetzungen den Zutritt verwehrten. Es wirkte zutiefst lächerlich.

Natürlich ist Mosley weitaus mächtiger, und die Formel 1 auch dank der Fia unvergleichlich straffer und professioneller strukturiert als der Radsport. Doch in den kommenden Tagen könnte er mit ungeschickten Auftritten seinen Ruf als gewiefter Gegenspieler der Autokonzerne und Vermarkter in der Formel 1 weiter ruinieren.

Selbst wenn er die in der Fia organisierten nationalen Automobilverbände inzwischen auf seine Seite gezogen haben sollte und am 3. Juni als Präsident bestätigt wird, lassen die ersten Eindrücke aus Monte Carlo vermuten, dass Mosley in der Öffentlichkeit einfach nicht mehr vermittelbar ist. Man kann hier auch abseits der Rennstrecke gehörig gegen die Wand fahren. Ob mit oder ohne Traktionskontrolle.

Verwandte Artikel

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren