Frauenfußball-WM Die fangen ja gerade erst richtig an

Bajramaj (Mitte) beim Torschuss: Viel Entwicklungspotential im Frauenfußball
Foto: Carmen Jaspersen/ dpaHeute tun wir mal etwas Verbotenes und zitieren aus vertraulichen Gesprächen, in diesem Fall aus einem Jungs-Treffen der vergangenen Tage: ein paar Kumpels, ein paar Bier, viel Wahrheit. Es hing eine gewisse Beklommenheit über der Runde, denn, nun ja, es gibt ja diese Verbote, was man in Deutschland sagen darf - und vor allem: was nicht.
Und das strengste Verbot lautet derzeit: Bloß nichts Böses über Frauenfußball sagen, weil: ist ja WM. Und unsere Mädels sollen auch ein Sommermärchen kriegen wegen der Gleichberechtigung. Wenn nicht mindestens eine halbe Million Vollhonks auf der Fanmeile rumröhren, dann zieht Alice Schwarzer bestimmt vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und klagt Jubelzwang ein.
Bei aller Gutfindpflicht sollten wir uns nichts vormachen: Die meisten Jungs sind noch nicht so richtig warm geworden mit dieser Veranstaltung. Die gute Nachricht immerhin: In einem sportarmen Sommer ohne "richtige" WM und ohne Olympia ist man dankbar für jedes Spektakel, das die Zeit zum Bundesligastart überbrückt. Aber mit den Autofähnchen warten wir doch lieber noch mal ab.
Man weiß ja auch so wenig. Na gut, Turbine Potsdam ist super erfolgreich und Frankfurt auch und die Bundestrainerin heißt Neid und die Goalgetterin Prinz und dann gibt es da noch so eine Hübsche, deren Name noch nicht so ganz geläufig ist. Und da geht es schon los. Sagt man in weiblicher Gesellschaft: "Die sieht aber gut aus", dann keift das versammelte Feminat sofort zurück: "Du interessierst dich ja gar nicht für die sportliche Leistung, du guckst denen ja nur auf den Hintern." Stimmt. Na und?
Süße Linienrichter, beschämende TV-Auftritte
Genau diese optische Priorisierung haben wir jahrzehntelang von den Frauen gelernt. Immer wenn die Nationalhymne kam, haben unsere Damen doch vorm Fernseher gesessen und geschmachtet: "Och, der ist aber süß, wo spielt denn der?"
"Schatz, das ist der Linienrichter", haben wir dann mit Engelsgeduld geantwortet, genauso wie auf all die anderen komischen Fragen, etwa zur Pause: "Ist es schon vorbei?" Oder nach der Pause: "Warum spielen die denn jetzt in die andere Richtung?"
Die derzeitigen Versuche, den Frauenfußball zwanghaft zu popularisieren, so wie im letzten "Tatort", sind, sagen wir es vorsichtig, eher kontraproduktiv: Wenn DFB-Präsident Theo Zwanziger und Bundestrainer Joachim Löw und Manager Oliver Bierhoff sich als Mimen versuchen, dann ist das keine Werbung, sondern Fremdschämen. Genauso nichtssagend bleibt der Hinweis, dass die Mädels unheimlich hart trainieren und trotzdem viel weniger Geld bekommen als die Männer-Profis. Das ist bei fast allen Sportarten so: Badminton, Turmspringen, Eisstockschießen - überall wird ganz hart trainiert und viel weniger verdient als bei Real Madrid .
Das Problem ist ganz einfach: Männer-Fußball bietet ein 100 Jahre altes Mythen-Arsenal, von Wembley bis zur Hand Gottes. Das werden die Damen eines Tages auch haben, aber es dauert eben noch. Frauenfußball, das ist eben die Solarzelle des Sports: Es liegen wahnsinnig viel Hoffnungen darauf, aber es muss noch eine ganze Menge entwickelt werden.