
Schmadtke-Abgang aus Köln Angst vor alten Zeiten
- • Bundesliga: Köln trennt sich von Manager Schmadtke
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Manche Ausreden werden nie alt. Wenn Schüler zu spät kommen, lag es am Bus. Wenn E-Mails nicht beantwortet wurden, sind sie im Spam-Ordner gelandet. Wenn sich ein Fußballverein von einem wichtigen Mitarbeiter trennt, waren es "unterschiedliche Auffassungen im Hinblick auf die zukünftige sportliche Ausrichtung des Clubs". Auf diese Formulierung griff auch der 1. FC Köln am Montagabend zurück, als er bekanntgab, dass der Vertrag mit Geschäftsführer Jörg Schmadtke "in beiderseitigem Einvernehmen mit sofortiger Wirkung" aufgelöst werde.
Eine Begründung, so vage und nichtssagend, dass sie zugleich alles bedeuten kann. Was genau passierte, darüber rätseln am Tag danach auch noch die in Köln ansässigen und früher immer so gut informierten Medien. In einer Zeit vor Schmadtke waren sie es, die Transfers und Trennungen ankündigten. Dass sich das geändert hat, ist Schmadtkes Verdienst. Er beruhigte den Verein, im Verbund mit Trainer Peter Stöger. Zwei Glücksgriffe.
Was ist passiert, dass der eine jetzt nicht mehr wollte? Oder dass die anderen wollten, dass er nicht mehr darf?
Jörg Schmadtke, 53 Jahre alt, ist ein enormer Sturkopf. Auf seinen vorherigen Stationen als Manager bei Alemannia Aachen und Hannover 96 war er mit dieser Eigenschaft auch weit gekommen. Allerdings endeten die Arbeitsverhältnisse jeweils im Streit: in Aachen lag er mit dem Aufsichtsrat über Kreuz, bei den Niedersachsen, die ihm gar einen unbefristeten Vertrag gegeben hatten, mit dem damaligen Trainer Mirko Slomka.
Auch in Köln unterschrieb Schmadtke im Mai 2017 einen Vertrag, der bis 2023 gültig gewesen wäre und jetzt aufgelöst wurde. Was ist in den vergangenen Monaten zerbrochen?
Der FC steht mit zwei Punkten aus neun Spielen am Tabellenende der Bundesliga, die drei Spiele in der Europa League gingen verloren. Schmadtkes Transfers sollen der Hauptgrund für die Misere sein. Warum, liegt auf der Hand: Von den 30 Millionen Euro, die der FC für Modeste (25 Tore in der vergangenen Saison) aus China bekam, investierte er 17 in Jhon Córdoba - einen Stürmer, der als Profi nie mehr als sechs Tore pro Saison schoss.
Der FC könnte wieder der notorisch chaotische Klub werden
Für Köln traf Cordoba gegen den FC Arsenal in der Europa League und die Leher Turnerschaft aus Bremerhaven im DFB-Pokal, aber nie in der Bundesliga. Derzeit ist er verletzt. Ob der FC vielleicht sogar Modeste zurückholt, war eines der Lieblingsthemen in Köln in den vergangenen Wochen.
Schmadtke werden die vergangenen vier Transferperioden in Sommer wie Winter zum Vorwurf gemacht. Dabei wird gerne vergessen, dass er letztlich einen früheren Abgang von Modeste verhinderte und damit die so sehnsüchtig erwartete Rückkehr in den Europapokal nach 25 Jahren ermöglichte.
Waren es diese Vorwürfe, die ihn zur Aufgabe zwangen, wenn es denn eine war? War es ein abgekühltes Verhältnis zum Trainer, über das seit Wochen gemunkelt wurde? Jörg Schmadtke reagierte bislang auf eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE nicht.
Die Reaktionen von Kölner Fans in den sozialen Medien zeigen, dass die Sorge vor den alten Zeiten wächst. Der FC könnte wieder der notorisch chaotische Klub werden, der er vor Schmadtke und Stöger lange war. Es könnte schon damit anfangen, dass bekannt wird, was genau hinter den "unterschiedlichen Auffassungen" steckt. Dieser Frage dürften die kommenden Tage gewidmet werden.
Sportlich geht es auch weiter. Am Samstag erwartet Bayer Leverkusen den 1. FC Köln zum Derby.
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Manager Jörg Schmadtke und der 1. FC Köln: Nach vier Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit gehen beide Parteien künftig getrennte Wege. Es heißt, die Trennung erfolgte im "beiderseitigen Einvernehmen" - eine Konsequenz aus dem bisherigen Saisonverlauf: Der Bundesligist ist Tabellenletzter. Schmadtkes Zeit beim FC und die Karriere des früheren Torwarts im Überblick.
Schmadtke kam im Sommer 2013 zum FC und stieg mit dem Verein 2014 in die Bundesliga auf. Für großen Jubel sorgte die vergangene Saison. Mit Platz fünf erreichte der Klub erstmals seit 25 Jahren wieder den Europapokal. Großen Anteil daran hatte das Erfolgsduo Schmadtke und Trainer Peter Stöger (Foto, rechts), der wie Schmadtke seit 2013 im Amt ist.
Alles im Blick: Schmadtke gelangen in seiner FC-Zeit viele gute Transfers. Einer davon war der Einkauf von Anthony Modeste im Jahr 2015, den Schmadtke in diesem Sommer für etwa 35 Millionen Euro nach China verkauft hatte. Das Problem allerdings: Nachfolger Jhon Córdoba ist bisher kein geeigneter Ersatz für den Ex-Torjäger.
Wie reagiert der Trainer auf die Trennung von Schmadtke? "Ich habe es auch erst kurz vor der Verkündung erfahren und war total überrascht. Damit hatte ich nicht gerechnet", sagte der 51-Jährige dem "Express". Schmadtke wird mit den Worten zitiert: "Mit diesem Schritt möchte ich den Weg frei machen für einen neuen Impuls."
Schmadtke kam aus Hannover nach Köln. Dort sorgten Missverständnisse mit Trainer Mirko Slomka immer wieder für Diskussionen. Das Verhältnis der beiden galt als angespannt, trotzdem gab es Erfolg: "Geprägt hat meine Zeit in Hannover nicht mein Verhältnis zu Mirko Slomka, sondern der vierte und der siebte Tabellenplatz und die sehr erfolgreiche Teilnahme am Europapokal", sagte Schmadtke. Im April 2013 bat Schmadtke um die Auflösung seines Vertrags.
Trainer war Schmadtke sogar selber, in Mönchengladbach arbeitete der heute 53-Jährige von 1998 bis 1999 als Co-Trainer, in Düsseldorf als Torwarttrainer (2001) und in Aachen (Foto) 2007 sogar kurzzeitig als Interimscheftrainer für den entlassenen Guido Buchwald. Aufmerksamkeit erregte Schmadtke allerdings als Aachen-Manager. Er führte den Klub über das DFB-Pokal-Finale in den Uefa Cup (2004) und 2006 in die Bundesliga.
Schmadtkes Zeit als Aktiver - Bundesliga-Torwart. Seine Stationen: Düsseldorf, Freiburg (Foto) sowie Leverkusen und Mönchengladbach (beide jeweils ohne Spiel). Im Jahr 1998 beendete der geborene Düsseldorfer seine Profikarriere.
Schmadtke kam im Sommer 2013 zum FC und stieg mit dem Verein 2014 in die Bundesliga auf. Für großen Jubel sorgte die vergangene Saison. Mit Platz fünf erreichte der Klub erstmals seit 25 Jahren wieder den Europapokal. Großen Anteil daran hatte das Erfolgsduo Schmadtke und Trainer Peter Stöger (Foto, rechts), der wie Schmadtke seit 2013 im Amt ist.
Foto: Marius Becker/ dpaSchmadtke kam im Sommer 2013 zum FC und stieg mit dem Verein 2014 in die Bundesliga auf. Für großen Jubel sorgte die vergangene Saison. Mit Platz fünf erreichte der Klub erstmals seit 25 Jahren wieder den Europapokal. Großen Anteil daran hatte das Erfolgsduo Schmadtke und Trainer Peter Stöger (Foto, rechts), der wie Schmadtke seit 2013 im Amt ist.
Foto: Marius Becker/ dpaMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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