

Der Moment des Spiels: Begann nach 14 Minuten und 50 Sekunden. Auf den Rängen reckten die Besucher die Hände in die Höhe, klatschen und schrien nach dem angekündigten Stimmungsboykott den Countdown herunter. Ab der 16. Spielminute war sie dann auch für die Fans offiziell eröffnet, die erste Bundesligasaison in der Vereinsgeschichte des 1. FC Union Berlin.
Zu viele erste Male: Erster Aufstieg in die Bundesliga, erster Transfer für die Bundesliga, erstes Trainingslager, erste Pressekonferenz für die erste Partie in der ersten Bundesliga - die vergangenen Wochen waren voller Premieren für Union, die vor allem in Berlin dementsprechend offensiv zelebriert wurden. Auf einige erste Male hätten die Eisernen vielleicht gerne verzichtet. Auf die erste Niederlage etwa. Aber auch die ist nun bereits Teil der jungen Bundesligageschichte des Vereins.
Das historische Ergebnis: Union Berlin hat das erste Heimspiel in der Bundesliga 0:4 (0:3) verloren. Im Stile der viele Premieren, die dieses Spiel zwangsläufig zu bieten hatte, könnte man auch sagen: Es war die höchste Niederlage der Eisernen in der Bundesliga. Hier geht es zum Spielbericht.
Die Gesichter der Premiere: Prägten in Schwarz und Weiß die Tribünen. Es waren Plakate mit Fotos verstorbener Union-Anhänger, die Besucher des Spiels im Vorfeld anfertigen lassen konnten, um diesen einmaligen Moment mit ihren einstigen Wegbegleitern teilen zu können. "Endlich dabei ..." stand unter den 70x70 Zentimeter großen Bildern.
Die ersten 15 Bundesliga-Minuten auf den Rängen: Waren geprägt vom zuvor auch in den eigenen Reihen kontrovers diskutierten Stimmungsboykott der Union-Fans gegen das "Konstrukt RB Leipzig". Tatsächlich drängte sich der Eindruck auf, den Torwart Rafal Gikiewicz befürchtet hatte. Dass man dem Gegner die Hoheit übers eigene Rund überlässt. Natürlich hatte das, was ab der 16. Minute über das Stadion hereinbrach, eine ganz andere Dezibel-Dimension. Und doch: In der ersten Viertelstunde waren über die Außenmikrofone eben nur feiernde Leipziger zu hören.
Die ersten 15 Bundesliga-Minuten auf dem Platz: Waren ein ordentliches Beispiel dafür, wie sich Urs Fischer seine Unioner in der Bundesliga vermutlich vorstellt. Zwar begann die Partie wie erwartet, RB ließ den Ball laufen, Union wartete tief in der eigenen Hälfte auf die Chance. Doch es dauerte nicht lange, da hatten die Hausherren das Spiel offener gestaltet, die ersten Möglichkeiten der Partie gingen auf das Konto der Berliner.
Die weiteren 75 Minuten: Hielten einige nicht so fröhliche erste Male für die Liga-Debütanten parat. Da war zum Beispiel das erste Gegentor in der Bundesliga, das ausgerechnet in der ersten Post-Boykott-Minute und damit mitten rein in die aufbrandende Bundesliga-Euphorie der Union-Fans fiel. Marcel Halstenberg hatte schlicht viel zu viel Zeit und viel zu viel Platz, um sich in Ruhe den Ball zurecht zu legen und in die rechte Ecke abzuschließen. Zwei schlimme Fehler im Spielaufbau später stand es durch Marcel Sabitzer (31. Minute) und Timo Werner (42.) bereits 3:0 für die Gäste aus Leipzig.
Nach Wiederanpfiff hatte sich zwar der strömende Regen verzogen, der zu allem Überfluss auch noch mit dem Ende des Berliner Schweigens gekommen war, doch der Effektivität der Gäste im Abschluss konnte auch Tormann Gikiewicz nur selten standhalten. In der 69. Minute traf RB-Zugang Christopher Nkunku zum 4:0-Endstand aus Sicht der Gäste.
Die Erkenntnis des Spiels: Man müsse den Gegnern zeigen, "dass das unser Platz ist, unser Haus", hatte Union-Keeper Gikiewicz vor der Partie gefordert. Der Gegner müsse spüren: "Wellcome to Hell." Nun, auch wenn die Leistung der Berliner nicht so schwach war, wie es das Ergebnis vermuten lässt. Immerhin war nicht zu erwarten, dass die ambitionierten Leipziger ihre Saison mit halber Kraft eröffnen würden. So kann man den Eisernen nach dieser ersten Partie gegen den Dritten der Vorsaison nur sagen: Welcome in Liga eins. Nächster Gast im Hause Union: der BVB aus Dortmund.
1. FC Union Berlin - RB Leipzig 0:4 (0:3)
0:1 Halstenberg (16.)
0:2 Sabitzer (31.)
0:3 Werner (42.)
0:4 Nkunku (69.)
Berlin: Gikiewicz - Trimmel, Friedrich, Schlotterbeck, Lenz - Prömel, Gentner (46. Ujah) - Andrich, Bülter - Abdullahi (58. Becker), Andersson (69. Polter)
Leipzig: Gulacsi - Mukiele, Konaté, Orban - Klostermann, Demme (62. Laimer), Kampl (73. Forsberg), Sabitzer, Halstenberg - Poulsen, Werner (65. Nkunku)
Schiedsrichter: Schmidt
Gelbe Karten: Becker / -
Zuschauer: 22.467 (ausverkauft)
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10... 9... 8... - Der Countdown tickte runter für die erste Bundesligapartie des 1. FC Union Berlin. Gleichzeitig hatten sich die Fans in der ersten Viertelstunde des Spiels einen Stimmungsboykott auferlegt, um gegen die RB-Vereinsstruktur zu protestieren. Dass der Saisonauftakt gleich mit dem gefühlten "Klassenfeind" aus Leipzig begann, war für viele Anhänger ein Ärgernis.
Und es sollte sich auch spielerisch zum Ärgernis auswachsen: Beide Marcel - Sabitzer und Halstenberg - sorgten jeweils für die ersten beiden Treffer der Partie (16., 31. Minute). Sabitzer war zudem auch an dem dritten Tor beteiligt.
Zeitgleich mit der aufbrandenden Euphorie auf den Rängen - und dem ersten Leipziger Treffer - begann es sturzbachartig zu regnen.
Da konnte auch das Maskottchen der Eisernen - Ritter Keule - (hier noch im Sonnenschein) nichts mehr ausrichten.
Christopher Trimmel (links) im Zweikampf mit Leipzigs Yussuf Poulsen. Vor dem zweiten Treffer landete der Ball bereits ein weiteres Mal im Berliner Tor. Er zählte jedoch nicht, weil Poulsen den Schuss von Lukas Klostermann zuvor an die Hand bekommen hatte (23.).
"Es sind schon zwei Gegentore, Grischa!" Unions Trainer Urs Fischer hatte sich das alles wohl auch nicht so vorgestellt. Hier spricht er mit seinem Mittelfeldspieler Grischa Prömel (nicht im Bild).
Und es sollten noch einige mehr werden: Timo Werner sorgte für das 3:0 ...
... Neuzugang Christopher Nkunku, der in der 65. Minute für Werner eingewechselt wurde, traf bei seinem Bundesligadebüt zum 4:0-Endstand (69.). Nkunku kam für rund 13 Millionen Euro vom französischen Meister Paris Saint-Germain.
Und auch er feierte ein Debüt, und zwar ein deutlich erfreulicheres als seine Gegner: Der Ex-Hoffenheim-Coach Julian Nagelsmann gab einen erfolgreichen Ligaeinstand bei RB Leipzig.
Des einen Freud ist des anderen Leid: Berlins Keven Schlotterbeck nach Gewahrwerden der ersten Saisonniederlage.
Aber es war ja erst der erste Spieltag und die Berliner Fans dankten ihrem Trainer trotzdem. P.S.: Das Wörtchen "urst" stand in der ehemaligen DDR jugendsprachlich für "sehr" oder "saugeil".
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