HSV in der zweiten Liga Da, wo er hingehört

Konsterniert nach dem letzten Spieltag: Der HSV hat es schon wieder nicht zurück in die erste Liga geschafft
Foto: FOCKE STRANGMANN/POOL/EPA-EFE/ShutterstockDie Verzweiflung war den Spielern des Hamburger SV anzusehen. Gegenseitig trösteten sie sich über ihr eigenes Versagen hinweg, mit hängenden Köpfen trotteten sie vom Feld. Im letzten Saisonspiel hatte der HSV durch Heidenheims 0:3 in Bielefeld sein Schicksal in der eigenen Hand - und verlor 1:5 gegen den SV Sandhausen, der in dieser Saison lange vom Abstieg bedroht gewesen war.
Ein Remis hätte gereicht, um die Relegation gegen Werder Bremen zu erreichen. Diese Erkenntnis dürfte es für den Klub und die Fans nur noch schwerer machen. Einen Sündenbock wollte Trainer Dieter Hecking nach dem Spiel nicht ausmachen. Am Ende waren es jedoch die gleichen spielerischen Defizite wie bereits die gesamte Saison über, die zumindest den dritten Platz verhinderten. Und die fehlerhafte Kaderplanung in der Defensive.
Die Hamburger müssen eine weitere Saison in der zweiten Liga verbringen und die schmerzliche Wahrheit ist: vom sportlichen Niveau gehören sie dorthin.
Nur mittelmäßige Defensive
46 Gegentore kassierte der HSV in 34 Spielen, das ist selbst in der zweiten Liga nur Mittelmaß. Dabei zeigte die Partie gegen Sandhausen, dass die Innenverteidigung zum einen dünn besetzt und damit nicht auf Verletzungen vorbereitet war, zum anderen fehlte schlichtweg die nötige Qualität.
Die ersten beiden Gegentore seien "leicht zu verteidigen" gewesen, sagte Hecking, der im Laufe des Spiels alle drei Innenverteidiger auswechseln musste: Ewerton zur Halbzeit offenbar aus Leistungsgründen, Rick van Drongelen mit einem Kreuzbandriss, wie der Klub am Abend mitteilte , und Gideon Jung mit einer Fußverletzung.
Beim Abpfiff spielten in der Innenverteidigung Stephan Ambrosius, der erst zu seinem dritten Einsatz in der ersten Mannschaft kam, und der zentrale Mittelfeldspieler Adrian Fein, dem für die Position im Abwehrzentrum das Tempo fehlt. Andere Optionen gab es nicht.
Dass Hecking in den letzten beiden Saisonspielen überhaupt auf eine Fünferkette gegen den Ball umgestellt hatte, begründete er mit der deutlichen Unterlegenheit bei Kopfbällen in den vergangenen Wochen. Das offensichtliche Defensivproblem der Hamburger sei aber nicht auf die Innenverteidigung herunterzubrechen, sagte er nach dem Spiel.

Die nächste Hiobsbotschaft für den HSV: Rick van Drongelen hält sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Knie
Foto: Christian Charisius/ dpaSchwächen im Aufbau
Die Innenverteidigung war über die Saison gesehen nicht die einzige Schwachstelle des Teams. Im Spielaufbau mangelte es zu oft an Ideen und Bewegung, entweder wurde sich der Ball in der Defensive hin- und hergeschoben oder ein hoher Steilpass ins Angriffsdrittel versucht.
Wenn sich Fein, der Sechser mit den meisten Einsätzen beim HSV, mal fallen ließ und den Ball abholte, stand er meist vor der gleichen Herausforderung: Im Zentrum und in den Halbräumen fehlten die Anspielstationen, zu wenig Bewegung herrschte im Mittelfeld, also spielte er entweder einen ungefährlichen Querpass auf den Flügel oder schlug einen langen Ball. Daraus ergaben sich regelmäßig gefährliche Kontersituationen für den Gegner.
Nach dem Spiel gegen Sandhausen sagte Hecking, dass erst einmal eine gründliche Analyse stattfinden müsse, um die Fehler der Saison klar benennen und daraus Schlüsse für die kommende Spielzeit ziehen zu können. Der Trainer blickte nach vorn, dabei ist auch seine eigene Zukunft ungewiss, der Vertrag des 55-Jährigen hätte sich nur bei einem Aufstieg automatisch verlängert. Zuletzt hatte er aber Bereitschaft signalisiert, mit dem HSV noch eine weitere Saison in der zweiten Liga zu bestreiten. Von Sportvorstand Jonas Boldt kamen ähnliche Signale.
Der Wiederaufstieg wird immer schwieriger
Seine Qualität als Coach hat Hecking bereits bei anderen Klubs unter Beweis gestellt. Für die Entwicklung der jungen Leistungsträger in der Mannschaft könnte taktische Kontinuität und ein weiteres Jahr mit dem gleichen Trainer von Vorteil sein. Dennoch wird es in der kommenden Saison nicht einfacher für den HSV.
Zwar werden die Hamburger wohl weiterhin einen der höchsten Etats der zweiten Liga haben, der Vorsprung zum Rest der Liga schrumpft jedoch. Die personellen Defizite durch Transfers zu lösen, dürfte für den schwer verschuldeten Klub schwierig werden. Für talentierte und wechselwillige Spieler wird der HSV durch die blamable Leistung in der Rückrunde auch nicht gerade attraktiver geworden sein.
Je länger der HSV in der zweiten Liga bleibt, desto schwieriger wird er es haben, in die Bundesliga zurückzukehren. Doch vielleicht bleibt er auch dort, wo er jetzt ist.
Vielleicht lernt der HSV, sich in der zweiten Liga zu Hause zu fühlen.