96-Torwart Zieler "Unser Erfolg ist keine Eintagsfliege"

Hannover-Keeper Zieler: "Der Trainer wollte etwas Neues probieren"
Foto: Matthias Kern/ Bongarts/Getty ImagesFrage: Herr Zieler, Sie haben kürzlich über Ihren Club Hannover 96 gesagt: "Hier geht in den nächsten Jahren einiges". Was geht denn genau?
Zieler: Man hat schon in der Hinrunde gemerkt, dass hier etwas entsteht. Auch nach Rückschlägen hat die Mannschaft bewiesen, dass sie sich nicht umwerfen lässt. Unsere Truppe bringt alle Voraussetzungen mit, um auch über diese Saison hinaus etwas zu erreichen. Das Publikum merkt: Der Erfolg ist keine Eintagsfliege. Ob man das Jahr exakt so wiederholen kann, weiß ich nicht. Aber Euphorie hat die Stadt definitiv erfasst.
Frage: Am Samstag kämpft ihr Club im Fernduell mit den Bayern wieder um Platz drei. Sie liegen zwei Punkte zurück. Was ist noch möglich?
Zieler: Wir sind ja schon im internationalen Geschäft. Die gute Ausgangsposition ist seit der Niederlage gegen Gladbach leider verspielt. Das war natürlich enttäuschend, nur darf man nicht vergessen, dass auch die Europa League für uns überragend ist. Wir wollen die gute Saison sauber zu Ende bringen. Und wer weiß, vielleicht rutschen die Münchner ja noch einmal aus.
Frage: Wie schätzen Sie sich selbst ein? Wo liegen Ihre Stärken? Was können Sie noch verbessern?
Zieler: Ich bin ein Torwart, der gerne mitspielt, aktiv am Geschehen teilnimmt und versucht, eine Option für die Viererkette zu sein, auch um Notsituationen zu lösen. Aber natürlich bin ich in meinem Alter weit davon entfernt, perfekt zu sein. Dazu fehlt die Abstimmung, die Erfahrung - beides wird mit den Einsätzen kommen.
Frage: Auch Bundestrainer Joachim Löw lobte Sie nach dem Sieg in Freiburg überschwänglich. "Klasse, wie der mitspielt", soll Löw frohlockt haben.
Zieler: Das ist nicht an mir vorbei gegangen, ich wurde von einigen Leuten darauf angesprochen. Das Lob freut mich natürlich, allerdings weiß ich auch, dass ich ganz am Anfang stehe und meine Leistung bestätigen muss.
Frage: Zu Beginn der Rückrunde haben Sie Florian Fromlowitz als Nummer eins im 96-Tor verdrängt. Was haben Sie im Trainingslager im Winter anders gemacht als sonst?
Zieler: Eigentlich nichts. Ich wollte einfach jeden Tag mit vollem Einsatz angehen. Als sich Mirko Slomka für mich entschieden hat, war ich ein bisschen überrascht, vor allem aber erfreut. Der Trainer wollte etwas Neues probieren. Ich will seine Entscheidung in jeder Begegnung bestätigen.
Frage: Sie fingen bei Ihrem Heimatverein SCB Viktoria Köln im Feld an. Wären Sie ein passabler Mittelfeldspieler oder gar Stürmer geworden?
Zieler: Vielleicht hätten die technischen Fertigkeiten sogar gereicht. Ich wurde damals jedenfalls umfunktioniert, weil wir bei Viktoria keine Alternative zwischen den Pfosten hatten. Im Nachhinein betrachtet war das sicher nicht die schlechteste Entscheidung, zumal eine, die ich aus dem Bauch heraus traf. Ich wusste damals ja gar nicht, ob es für eine Profikarriere reicht. Also sagte ich mir: Komm, du probierst das jetzt, und dann mal schauen, wohin dein Weg führt.
Frage: 2005 sind Sie aus der Jugend des 1. FC Köln zu Manchester United gewechselt. Wie kam dieser Transfer zustande?
Zieler: Ich durchlief die U-Nationalmannschaften von Deutschland. Die Vereine fangen früh an zu sichten. Ich gehe also mal davon aus, dass ein britischer Scout auf mich aufmerksam wurde (lacht). Das Gespräch mit Manchesters Chefcoach Alex Ferguson hat vielleicht den letzten Tick Überzeugung bewirkt.
Frage: Sie haben während Ihrer Zeit in Old Trafford mit Edwin van der Sar trainiert. Wie legt man den Respekt vor so einer Torwart-Legende ab?
Zieler: Gar nicht. Der Respekt bleibt immer da. Es hat aber sehr geholfen, dass Edwin locker auf mich zukam. Er ist als Typ sehr normal und sympathisch. Sobald du das realisierst, entspannst du dich ganz automatisch. Dann entsteht ein angenehmes Arbeitsklima.
Frage: Haben Sie ein Vorbild auf der Torwartposition?
Zieler: Gianluigi Buffon von Juventus Turin ist mit der Art, wie er das Torwartspiel interpretiert, jemand, den ich gut finde. Einem Vorbild am nahesten kommt aber Oliver Kahn. Ich habe ihn immer bewundert für seine mentale Stärke, seinen unbändigen Willen und die absolute Siegermentalität.
Frage: Sie selbst gelten eher als besonnener Zeitgenosse und stehen mit diesem Auftreten nicht alleine da. Hat der alte Torwarttyp à la Oliver Kahn oder Jens Lehmann...
Zieler: ...Moment! Kahn und Lehmann waren doch sehr unterschiedliche Typen.
Frage: Trotzdem war beziehungsweise ist beiden das extrovertierte Auftreten auf dem Rasen gemein. Ein Torwart, der aneckt und provoziert. Ist solch ein Typus inzwischen überholt?
Zieler: Wenn man in die Bundesliga guckt, scheint es sich tatsächlich so zu entwickeln.
Frage: Was haben Sie festgestellt?
Zieler: Der Trend geht zum Keeper, der weniger auffällt. Einzig Tim Wiese ließe sich vielleicht noch zum alten Schlag zählen. Ich nicht. Ich will mich nicht verstellen. Abseits des Platzes bleibe ich der Mensch, der ich nun einmal bin. Betrete ich den Rasen, ändere ich mich, aber eben nicht total.
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