
Aufsteiger im Aufwind Augsburger Märchenstunde
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Mit dem Wort "Euphorie" muss man in Augsburg vorsichtig sein. Der Schwabe steht nicht in dem Verdacht, dem Übermut zu verfallen. Auch nicht, wenn es um die eigene Fußballmannschaft geht. Nach der Partie bei Hannover 96 war das anders. Für den FCA gab es schon fast exzessives Lob. Der Club habe eine halbe Stunde lang aufgetrumpft "wie noch nie in dieser Saison" und "gesprüht" vor Spielfreude, heißt es in der "Augsburger Allgemeinen". Wer möchte, kann in diesen Zeilen sogar Stolz herauslesen.
Durch das 2:2 beim Europa-League-Teilnehmer aus Niedersachsen hat der Tabellen-16. nicht nur einen weiteren Punkt gewonnen, sondern auch die Erkenntnis, aussichtsreich in die heiße Phase des Abstiegskampfs zu gehen. "Ich bin optimistisch, dass wir unseren Kopf über Wasser behalten", sagte Manager Andreas Rettig. Das Selbstbewusstsein steht dem ehemals so trist auftretenden Aufsteiger derzeit gut.
Hochüberlegen agierte die Mannschaft von Trainer Jos Luhukay in der Anfangsphase in Hannover, hätte deutlich führen müssen und durfte sich deshalb am Ende sogar ein wenig über den Punktgewinn beim zu Hause noch ungeschlagenen Gegner ärgern. "Bei mir überwiegt die Enttäuschung", sagte Innenverteidiger Sebastian Langkamp. Es sind Worte, die in der Hinrunde schräg geklungen hätten.
Der Aufsteiger ging für viele Experten als Topanwärter auf den direkten Wiederabstieg in die erste Bundesligasaison der Vereinsgeschichte - auch in der Prognose bei SPIEGEL ONLINE. Sie schien sich rasch zu bewahrheiten. Mit nur 15 Punkten startete das Team aus alternden Ex-Bundesligaprofis und einigen wenigen Ergänzungen aus der zweiten Liga auf Rang 17 in die Rückrunde, nur der SC Freiburg war noch schlechter (13 Punkte).
Selten schön, aber erfolgreich
Jetzt aber, nach dem 24. Spieltag, hat Augsburg bereits 22 Punkte auf dem Konto und den Kontakt zu den Nicht-Abstiegsplätzen hergestellt. Und während bei den Konkurrenten aus Berlin, Kaiserslautern und Köln die Negativ-Schlagzeilen nicht abreißen, herrscht in Augsburg Aufbruchstimmung. Wie konnte das geschehen?
Hannover dürfte das letzte Team gewesen sein, das "geprägt von Überheblichkeit" (Sportdirektor Jörg Schmadtke) gegen den Underdog aus Bayern antrat. Der hat inzwischen den Zwang, aus wenig viel machen zu müssen, zu einer Kunstform entwickelt. Simon Jentzsch, Axel Bellinghausen, Jan-Ingwer Callsen-Bracker oder Torsten Oehrl: Das sind Namen, mit denen sich nicht viele Trikots verkaufen lassen. In Augsburg sind diese Spieler wichtige Stützen.
Fernab von überhöhten Erwartungen hat Trainer Luhukay aus einer Elf der Namenlosen einen erstaunlich hartnäckigen Herausforderer gebastelt: "Man schaut, wie der Gegner aufgestellt ist und schaut selbst, was man an Qualität hat", sagt der Niederländer. Das Ergebnis dieses Dogmas ist selten schön anzusehen, aber es ist die einzige Chance auf Erfolg. Augsburg hat sich in diese Saison hineingebissen. Allen Widrigkeiten zum Trotz.
Noch vor Saisonbeginn wurde Toptorjäger Michael Thurk (51 Tore in vier Jahren) freigestellt, Manager Rettig kündigte im Dezember an, den Club zum Saisonende zu verlassen. Neben einigen Leihprofis, die zu ihren Vereinen zurückkehren, laufen zwölf Spielerverträge im Sommer aus. Die Planungen für die kommende Saison ist schwierig. Geredet wird darüber allenfalls außerhalb Augsburgs. Ausgerechnet der Club, der das Scheitern in der Bundesliga von Anfang an einkalkuliert hatte, wirkt derzeit dem Klassenerhalt näher als mancher Konkurrent.
Jetzt kommt Seriensieger Dortmund
In Berlin ist Ruhe auch nach der Verpflichtung von Otto Rehhagel, dem vierten Trainer der Saison, ein Fremdwort. Marco Kurz und der 1. FC Kaiserslautern haben mit Platz 18 und Problemfans zu kämpfen, in Köln beherrscht Lukas Podolski weiterhin alles. Es sind Vereine, in denen unter erschwerten Bedingungen für den Liga-Verbleib gearbeitet werden muss.
Augsburg hat derlei Sorgen nicht, sondern freut sich auf das kommende Wochenende. Am Samstag (18.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) ist Seriensieger Borussia Dortmund zu Gast. Es ist eines jener Spiele, an die jeder Fan beim Aufstieg gedacht hat. Die Profis des FC Augsburg denken bereits an den nächsten Coup. "Im Fußball kann doch alles passieren. Ein Sieg gegen den BVB wäre ein großes Märchen", sagte Torhüter Jentzsch.
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