Auftaktsieg über Schalke Bayern gibt Acht

Serge Gnabry traf gegen Schalke dreimal
Foto:CHRISTOF STACHE / AFP
Szene des Spiels: In der 70. Minute gab Robert Lewandowski die Vorlage auf Thomas Müller, der vollstreckte. So weit, so normal. Allerdings passte Lewandowski den Ball dabei mit überkreuztem Bein, mit dem Schussbein hinter dem Standbein, in der Fußballersprache nennt man das Rabona. Es ist der Gipfel der Demütigung. Es war die Zusammenfassung dieses Spiels in einer Beinbewegung, kein Bayern-Fan sollte künftig mehr über Neymar spotten.
Ergebnis des Spiels: 8:0, und in München beginnt man, sich an solche Resultate zu gewöhnen. Bereits gegen den FC Barcelona hatte man vor ein paar Wochen achtmal getroffen, das war damals eine Sensation. Das jetzt war möglicherweise der künftige Liga-Alltag. Tore von Serge Gnabry (dreimal), Leon Goretzka, Robert Lewandowski, Leroy Sané, Thomas Müller und Jamal Musiala. Hier kann man den Torsegen im Spielbericht nachlesen.
Die erste Halbzeit: Der FC Bayern trat ohne den nach Liverpool entschwundenen Thiago an, ohne den derzeit im Zwist liegenden David Alaba, der sich passenderweise eine Muskelverletzung zugezogen haben sollte - und ohne Shootingstar Alphonso Davies. Und was machte es? Natürlich nichts. Das Flick-Team spielte weiter, als wäre das immer noch Champions League und Lissabon. Ein Kombinationsspiel an der Schnur. Mit dem 3:0 waren komplett überforderte Schalker noch allerbestens bedient.
We did it again! 💪 pic.twitter.com/k3BVe7gbiv
— Thomas Müller (@esmuellert_) September 18, 2020
Die zweite Halbzeit: Tor nach Tor, alle Dämme gebrochen, und auf der Tribüne im leeren Münchner Stadion saß auch noch Clemens Tönnies, der zwar kein Amt mehr hat, aber dennoch auf seinem Smartphone schon die Nummern möglicher Trainernachfolger durchzugehen schien. Schlimmer konnte diese Halbzeit für die Königsblauen nicht verlaufen. Bayern im Rausch, und auch der Ex-Schalker Leroy Sané kam zu seinem Premierentor. Ein starkes Debüt von Sané.
Spieler des Spiels: Eigentlich Serge Gnabry, der in der Offensive noch einmal alle anderen überragte. Aber für Gnabry sind solche brillanten Abende schon beinahe Gewohnheit geworden. Für den 17-jährigen Jamal Musiala wird es dagegen unvergessen bleiben. Er kann demnächst in jeder Bayern-Chronik nachlesen, dass er mit seinen 17 Jahren und 205 Tagen der jüngste Bundesligatorschütze des FC Bayern München ist.
👶 - Jamal Musiala (17y-205d) becomes the youngest goalscorer for @FCBayern in the Bundesliga. #FCBS04
— Gracenote Live (@GracenoteLive) September 18, 2020
Der König der Zahlen: Robert Lewandowski und die Zahlen, das ist ein weites Feld. Irgendwo zwischen Steuerbelastung und Belastungssteuerung. Zur sportlichen Statistik: Der Mittelstürmer erzielte seinen Bayern-Treffer 163 und überholte damit Karl-Heinz Rummenigge. Er liegt jetzt auf Platz zwei hinter dem uneinholbaren Gerd Müller. Noch mehr Zahlen: Zum siebten Mal traf Lewandowski in einem Bundesliga-Auftaktspiel, damit hat er die Bestmarke von Klaus Fischer eingestellt. Selbst solche Uralt-Rekorde werden den Schalkern weggenommen. Ihnen bleibt wirklich gar nichts mehr.
Der Gegner: Schalke ergab sich kampflos, eine Kapitulation, die jeden königsblauen Anhänger hat paralysieren müssen. Die Bayern waren auch zuletzt gegen Schalke immer überlegen, sie haben auch zuletzt deutlich gewonnen, in der langen Bundesliga-Bilanz gegen Schalke haben sie nun eine Tordifferenz von 222:104. Dennoch: so schlimm war es nie. Es ist viel passiert seit jenem 6:6, als der Jungspund Olaf Thon drei Tore im Pokal gegen die Bayern erzielte. So weit voneinander entfernt wie heute waren die beiden Mannschaften wahrscheinlich noch nie, wenn sie in der gleichen Liga spielten.
Atmosphäre des Spiels: Eine leere Arena, in der Sasha die Nationalhymne singt: besser kann man nicht bebildern, dass die Bundesliga dann doch kürzer treten muss. Die Stadt München hatte den Zugang von Zuschauern untersagt: Die Vorstandsriege der Bayern saß dennoch ohne Abstand eng beisammen, offenbar ist man in München mittlerweile dermaßen eng zusammengerückt, dass man schon als ein Hausstand durchgeht. Schließlich, betont der Ehrenvorsitzende ja immer, ist der FC Bayern eine große Familie.
Erkenntnis des Spiels: Vor zwei Jahren hatte der SPIEGEL dem FC Bayern nach dem 1. Spieltag bereits zur Meisterschaft gratuliert. Das ist natürlich degoutant, und so etwas machen wir nicht mehr. Stattdessen geht der Glückwunsch gleich an die Titelgewinne der beiden kommenden Spielzeiten.