Sabalenka gewinnt Australian Open Die Löwin von Melbourne

Kraftvoll, ausdauernd, nerven- und lautstark: Aryna Sabalenka gewinnt in Australien ihren ersten Grand-Slam-Titel. In der Vorbereitung half ein Luftballon, Gegnerin Elena Rybakina brachte sich selbst aus dem Konzept.
Zwei, die zusammengefunden haben: Aryna Sabalenka und der Daphne Akhurst Memorial Cup

Zwei, die zusammengefunden haben: Aryna Sabalenka und der Daphne Akhurst Memorial Cup

Foto: JAMES ROSS / EPA

Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.

Das Match des Turniers: Wann gibt es das schon mal, dass das letzte Match eines langen Tennisturniers auch wirklich das qualitativ Beste ist? Das Endspiel dieser Australian Open zwischen Aryna Sabalenka und Elena Rybakina war ein Spektakel vom ersten bis zum letzten Punkt. Beide Spielerinnen produzierten unendlich viele »Winner«. Das sind die beim Tennis so wichtigen frei erzielten Punkte. Es gab viele Wendungen und wunderschöne Ballwechsel. Das Match war bis zum Schluss ausgeglichen, eine Siegerin war lange nicht auszumachen. Eigentlich hätten beide den Sieg verdient gehabt.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Das Ergebnis: Sabalenka hat das Finale von Melbourne mit 4:6, 6:3 und 6:4 gegen Elena Rybakina gewonnen. Für die Belarussin ist es der erste Titel bei einem vier großen Grand-Slam-Turniere. Die Kasachin Rybakina siegte im vergangenen Jahr in Wimbledon. Am Anfang merkte man ihr diese Erfahrung auch an. Sie kam besser in dieses hochklassige Match. War auch weniger nervös. Aber Sabalenka biss sich rein. Und ließ bis zum Ende nicht mehr los. Die 24-Jährige hat jetzt elf Titel gewonnen – zehn davon auf schnellen Hardcourt-Belägen. Für den Sieg kassiert sie 1,94 Millionen Euro. In der Weltrangliste klettert Sabalenka von Platz 5 auf Platz 2. Iga Świątek, die bei den Australian Open im Achtelfinale gegen Rybakina ausschied, bleibt Erste.

Aufwärmen mit Luftballons: Das war ungewöhnlich: Sabalenka stupste sich kurz vor dem »Walk-on-Court« mit ihrem Fitnesscoach Jason Stacy einen Luftballon hin und her. Normalerweise nutzen die Profis für die letzte Schärfung der Hand-Auge-Koordination Tennisbälle oder noch kleinere Spielgeräte. Aber vielleicht war diese entschleunigte Variante genau das Richtige für die Hochrisikospielerin Sabalenka. Einmal noch langsam machen, bevor das Geballere losgeht.

Gut gebrüllt, Löwin: Viele hatten vor diesem Damenfinale bei den Australian Open damit gerechnet, dass es eine Art Schlaggewitter werden würde. Wurde es auch, aber eben nicht nur. Sabalenka und Rybakina wuchteten beide mit viel Kraft die Bälle über das Netz. Sabalenka brachte sogar noch etwas mehr Tempo mit: Sie schaffte es auf unglaubliche 51 Winner und 17 Asse. Das sind die Werte eines Grand-Slam-Champions. Hinzu kam bei der Belarussin eine große Portion Willenskraft. Sie arbeitete sich in das Finale hinein, brüllte auch mal laut auf dem Court. Sabalenka ist ja eine Emotionsspielerin. Kein Zufall, dass sie sich auf den linken Unterarm einen Löwenkopf tätowiert hat. Ganz anders Rybakina, die immer ruhig und besonnen rüberkommt. Im Spiel hatte sie aber mehr zu bieten. Die 23-Jährige zeigte auch mal ihren guten Touch und rückte ans Netz vor. Eigentlich ist sie als Spielerin variabler als Sabalenka. Im Endspiel von Melbourne war das aber nur in den ersten anderthalb Sätzen zu beobachten.

Toilettenpause nimmt den Moment: Der erste Satz ging schnell vorbei. Er dauerte nur knapp etwas über eine halbe Stunde. Rybakina war nach dem 6:4-Satzgewinn wie Tennisprofis sagen voll »in der Zone«. Das Momentum war jetzt auf ihrer Seite. Man dachte eigentlich, dass sie nach dem Seitenwechsel vor allem möglichst schnell weiterspielen will – um den Rhythmus zu halten. Aber es passierte das Gegenteil. Die Kasachin, die in Moskau geboren wurde, fragte noch kurz den Stuhl-Schiedsrichter, ob sie kurz den Platz für eine Toilettenpause verlassen dürfe. Daraufhin schritt sie eher gemächlich aus der Rod-Laver-Arena. Sabalenka folgte ihr. Nach der Unterbrechung war es ein etwas anderes Match. Vielleicht wird sich Rybakina im Nachgang noch ärgern, nicht doch weitergespielt zu haben. Tennis ist und bleibt ein »Mind Game«. Zu viel nachdenken ist nie gut.

Elena Rybakina hatte das Nachsehen – auch, weil sie sich selbst aus dem Rhythmus brachte

Elena Rybakina hatte das Nachsehen – auch, weil sie sich selbst aus dem Rhythmus brachte

Foto: DAVID GRAY / AFP

Je länger die Ballwechsel, desto besser für Sabalenka: Rybakina war immer auf die schnellen Punkte aus. Das klappte auch lange gut, aber mit der Zeit hatte ihre Gegnerin vor allem wirkungsvollere Antworten auf die Aufschläge der Wimbledonsiegerin. 64 Prozent ihrer ersten Aufschläge waren für Sabalenka im ersten Satz nicht zu returnieren. Die Quote sank aber immer mehr. Es entwickelten sich dadurch längere Ballwechsel. Die Belarussin war darauf besser eingestellt. Sie wirkte am Ende auch körperlich fitter, kratzte viele Bälle aus den Ecken und hielt die Rallies dadurch offen. Nicht selten beendete Sabalenka diese dann mit ihrer Vorhand und druckvollen Schlägen die Linie entlang.

Resilienz, eine neue Stärke: Die neue Weltranglistenzweite, die früher oft mit ihren Nerven zu kämpfen hatte, spielte nicht nur in diesem Finale der Australian Open extrem konstant und fokussiert. In elf Spielen des neuen Jahres hat sie erst einen Satz verloren, das war am Samstag im Endspiel gegen Rybakina. Professionelle Hilfe im mentalen Bereich nimmt die 24-Jährige übrigens nicht mehr in Anspruch, »ich bin meine eigene Psychologin«, sagte Sabalenka einmal lachend am Rande des Turniers. »Ich habe verstanden, dass keiner außer mir selbst mir helfen kann.« Ihre neue mentale Widerstandsfähigkeit war auch im Finale mehrfach zu bestaunen. Am deutlichsten ganz zum Schluss.

Alle Augen (und Kameraobjektive) richteten sich am Ende auf Sabalenka

Alle Augen (und Kameraobjektive) richteten sich am Ende auf Sabalenka

Foto: LOREN ELLIOTT / REUTERS

Das Aufschlagspiel ihres Lebens: Das Ausservieren eines Matches gehört mit zu den psychisch anspruchsvollsten Prüfungen, die der Tennissport zu bieten hat. Und jetzt stellen Sie sich vor, diese Herausforderung haben Sie in ihrem ersten Grand-Slam-Finale vor sich. Sabalenka hatte das wichtige Break gegen Rybakina Mitte des dritten Satzes geschafft. Jetzt führte sie mit 5:4 und schlug zum Turniergewinn auf. Es knisterte in der Rod-Laver-Arena. Großer Beifall brandete auf. Wenig später: 40:30, erster Matchball. Sabalenka vergab die erste Chance mit einem hinter die Grundlinie geschlagenen einfachen Vorhandball. Rybakina erspielte sich sogar kurz darauf einen Breakball. Dieses Mal wehrte Sabalenka das drohende Unglück mit einem gut platzierten ersten Aufschlag ab. Es war eine enorme Drucksituation für die Belarussin, die sich weitere Matchbälle erspielte und schließlich den vierten zum Spielgewinn verwertete. Daraufhin sank sie zu Boden, schlug sich beide Hände vor ihr Gesicht – und weinte Tränen des Glücks.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren