Backpfeife für Ballack "Podolskis Verhalten ist indiskutabel"
Hamburg - Es lief die 67. Minute im Länderspiel gegen Wales. Deutschland führte am Mittwochabend 2:0, die Partie war unter Kontrolle. Keine Gefahr also, zumindest keine, die vom Gastgeber ausging. Es gab aber noch Lukas Podolski. Ohne vorheriges Anzeichen lieferte sich der 23-Jährige ein scharfes Wortgefecht mit DFB-Kapitän Michael Ballack. Der Profi vom FC Chelsea blaffte zurück, der Streit eskalierte. Plötzlich versetzte Podolski dem knapp neun Jahre älteren Ballack eine Backpfeife.
Die herbeigeeilten Teamkollegen Per Mertesacker und Philipp Lahm mussten dazwischen gehen und die beiden Kontrahenten trennen. "Ich habe gesehen, dass es hagelt, und habe mich eingemischt", begründete Mertesacker seine Friedensmission im Millennium Stadium von Cardiff, in dem Ballack das deutsche Team mit einem fulminanten Weitschuss früh in Führung gebracht hatte.
Direkt nach der Partie wollte Podolski seinen Ausraster nicht groß kommentieren. "Das passiert halt mal auf dem Platz. Wir klären das intern."
Ballack war deutlich auskunftsfreudiger. "Ich habe ihm was zu taktischen Dingen gesagt, die ich als Kapitän ansprechen muss", betonte Ballack. "Auf dem Platz hat er das zu machen, was ich als Kapitän sage. Er kann anderer Meinung sein, darf er auf keinen Fall handgreiflich werden." Und dann hatte Ballack noch einen guten Rat für Podolski parat. "Lukas ist ein junger Spieler, der noch viel zu lernen hat. Das muss er akzeptieren."
Der Lernprozess ging offenbar sehr schnell vonstatten. Bereits am Donnerstagvormittag ließ Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft, verlauten, dass Podolski die hitzige Aktion inzwischen leid tue. Bundestrainer Joachim Löw hatte bereits unmittelbar nach dem Spiel angekündigt, mit beiden Spielern reden zu wollen.
Das tat er dann allerdings nicht unmittelbar, sondern richtete erst klare Worte an das gesamte Team, bevor Podolski und Ballack dazu geholt wurden. Später gab es noch eine separate Unterredung zwischen sportlicher Leitung und den Streithähnen, an der auch Bierhoff teilnehmen durfte.
"Lukas weiß, dass es indiskutabel ist, so mit dem Kapitän umzugehen", sagte Bierhoff, "wir haben deutlich gemacht, dass uns solch eine Aktion ins falsche Licht bringt." Von einer Strafe für Podolski, der direkt nach dem Vorfall ausgewechselt worden war, sieht der DFB allerdings ab. "Es wird keine Sanktionen geben."
Nach der Teamsitzung hätten sich Podolski und Ballack ausgesprochen. "In drei Minuten war das erledigt. Sie haben sich hinterher wieder tief in die Augen gesehen und abgeklatscht", so Bierhoff. Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger bemühte sich darum, dem Disput die Brisanz zu nehmen: "Ich sehe da gar nichts. Wir haben 2:0 gewonnen, der Vorfall ist nicht das Wesentliche."
Diskussionen um Ballack
"Das Wichtigste ist, dass nichts hängenbleibt", fügte Bierhoff hinzu. Dies allerdings könnte sich als frommer Wunsch erweisen. Schon seit längerem gibt es Diskussionen über Ballacks Führungsstil. Der Tenor war eindeutig: Ballack, der auch schon Löw öffentlich kritisiert hatte, müsse sich zurücknehmen und konstruktiver sein.
Im aktuellen Fall hatte Löw noch auf der Pressekonferenz am Mittwochabend erklärt, Ballack ("Ich bin nicht nachtragend") habe sich gegenüber Podolski ("Man konnte sehen, dass ich auch jemand bin, der Emotionen zeigen kann") korrekt verhalten. "Wenn er als Kapitän meine taktischen Vorgaben auf dem Platz durchsetzen will, hat Lukas das zu akzeptieren. Er hat auf einen erfahrenen Spieler wie Michael Ballack zu hören", so Löw.
Wales - Deutschland 0:2 (0:1)
0:1 Ballack (11.)
0:2 Williams (48., Eigentor)
Wales: Hennessey - Collins, A. Williams, Nyatanga (ab 75. Cotterill), Bale - Ricketts (ab 54. Gunter), Ramsey - Ledley, S . Davies - Vokes (ab 62. Evans), Earnshaw
Deutschland: Enke - Beck, Mertesacker, Tasci, Lahm - Rolfes (ab 79.Westermann), Hitzlsperger - Schweinsteiger (ab 86. Helmes), Ballack, Podolski (ab 72. Trochowski) - Gomez
Schiedsrichter: Hauge (Norwegen)
Zuschauer (in Cardiff): 26.064