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Bänderriss nach brutalem Foul Ballacks WM-Aus versetzt DFB in Schockzustand

Mit Entsetzen reagieren Trainer und Funktionäre auf Michael Ballacks WM-Aus. Dieter Hoeneß attackiert seinen Ex-Schützling Boateng, der den DFB-Kapitän durch ein brutales Foul verletzt hat. Ballacks Führungsrolle in der Nationalelf könnte jetzt ein Bayern-Spieler übernehmen.

Hamburg - Der verletzungsbedingte Ausfall von Michael Ballack für die WM hat schwere Erschütterungen im deutschen Fußball ausgelöst. "Als wir die Nachricht erhalten haben, waren wir geschockt", sagte Bundestrainer Joachim Löw. Man sei wegen Ballacks Verletzung sehr traurig, Ballack sei ein Weltklassespieler und sehr wichtig für die Mannschaft.

Bestürzt war auch Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB): "Ich bin unendlich traurig, dass Michael Ballack durch ein solches Foul um seine WM-Teilnahme gebracht wird. Er hat in den vergangenen Jahren unglaublich viel für den deutschen Fußball geleistet und hätte eine Teilnahme an diesem Turnier verdient gehabt."

Sichtlich geschockt reagierte auch Ballack. "Die Enttäuschung ist natürlich groß. Wenn man zwei oder drei Wochen vor der WM eine solche Diagnose erhält, ist das natürlich bitter. So ist aber Fußball, es muss weitergehen", sagte Ballack nach der Kernspintomografie in München. Sein rechtes Sprunggelenk soll für vier Wochen in einem Gipsverband stabilisiert werden, danach erfolgt eine weitere Ruhigstellung in einem Spezialschuh. Nach der aktuellen Diagnose von Nationalmannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ist mit einer völligen Heilung der Verletzung zu rechnen. Der Wiedereinstieg ins Training ist für Ballack allerdings frühestens in acht Wochen möglich.

"Schweinsteiger kann überragende Persönlichkeit der WM werden"

Sofort nach Erhalt der Nachricht über Ballacks Verletzung versammelte Löw im Trainingslager in Sciacca auf Sizilien das Team. "Es heißt jetzt alle Kräfte zu bündeln", sagte Löw. Resignieren komme nicht in Frage. "Wir können nach wie vor ein gutes Turnier spielen", sagte der Bundestrainer. Auch Zwanziger nahm die Spieler in die Pflicht: "Für die Mannschaft muss es ganz klar heißen: Jetzt erst recht. Das Team ist es seinem Kapitän schuldig, eine gute WM zu spielen."

Dennoch wissen Löw und Zwanziger, dass sich der Ausfall eines Führungsspielers wie Ballack auf die Mannschaft auswirken wird. Wie Löw sich nach der Negativbotschaft fühlt, können wohl vor allem seine Vorgänger als Nationaltrainer nachempfinden. Der ehemalige DFB-Teamchef Rudi Völler bezeichnete Ballacks Ausfall als "brutal" und "furchtbar". Spieler wie Ballack könne man kaum ersetzen. Auch der frühere Bundestrainer Berti Vogts bezeichnete das Fehlen des Kapitäns Ballack als "enormen Verlust".

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Bänderriss beim Kapitän: WM-Aus für Ballack

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Allerdings sieht Vogts in Ballacks Verletzung auch eine Chance für andere Spieler, mehr Verantwortung zu übernehmen. "Bastian Schweinsteiger ist zum Beispiel in einer Superform. Ich glaube, dass er eine der herausragenden Persönlichkeiten dieser WM werden kann und werden wird."

Weniger optimistisch zeigte sich Jupp Heynckes, Trainer von Bayer Leverkusen: "Das ist bitter und tragisch, ein riesiger Verlust für die Nationalmannschaft und für Michael Ballack persönlich besonders schlimm." Das Turnier in Südafrika sei wahrscheinlich Ballacks letzte Chance gewesen, an einer WM teilzunehmen. Zudem fehle der Nationalmannschaft ein Weltklassespieler.

"Das ist ganz bitter"

Während viele Personen Mitleid mit Ballack hatten, reagierten andere mit Wut über Kevin-Prince Boateng, dessen Foul im englischen Pokalfinale am Samstag zu Ballacks Verletzung geführt hatte. Der Manager des VfL Wolfsburg, Dieter Hoeneß, der in seiner früheren Position als Manager von Hertha BSC Berlin Boateng als Spieler im Kader hatte, sagte: "Er kann solche Dinge einfach nicht lassen. Das ist leider nicht das erste Mal. So etwas ist wirklich sehr, sehr ärgerlich." Boateng habe solche Fouls nicht nötig, weil er ein ganz hervorragender Fußballspieler sei. "Aber er steht sich eben auch immer wieder selbst im Weg. Da kann er sich nicht kontrollieren. Der Wesenszug gehört zu ihm."

Allerdings unterstellte Hoeneß Boateng, der für den deutschen Vorrundengegner Ghana bei der WM spielen will, keine Absicht bei der Verletzung Ballacks. "Da will ich nicht ins Detail gehen. Ich glaube es nicht. Und ich hoffe auch sehr, dass es keine Absicht war", sagte Hoeneß. Ballack sei bei der WM "ganz schwer zu ersetzen. Das ist ein ganz herber Rückschlag. Michael Ballack ist ein exzellenter Spieler, aber er fehlt vor allem als Führungspersönlichkeit. Viele Alternativen sehe ich nicht. Das ist ganz bitter."

Wer an Ballacks Stelle auflaufen soll, ist noch unklar. DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach sagte, Löw habe in seinem Kader viele Spieler, denen er vertraue. Auch Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff setzt darauf, dass "alle Spieler mit optimalem Ehrgeiz ins Turnier gehen und versuchen werden, den Ausfall von Michael wettzumachen". Konkreter wurde der ehemalige Nationalspieler Olaf Thon, der den Bremer Torsten Frings als Alternative ins Gespräch brachte: "Für mich kommt nur Torsten Frings als Ersatz in Frage." Allerdings gehört Frings nicht zum vorläufigen WM-Kader, den Löw am 6. Mai vorgestellt hatte.

ulz/sid/dpa
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