Guardiola zu Schweinsteiger "Mach, was du willst"

Bayern-Trainer Guardiola hat offenbar wenig unternommen, um Bastian Schweinsteiger zu halten. Beim Vorbereitungsturnier in Mönchengladbach zeigt sich: Der Top-Transfer überlagert noch alles.
Guardiola über Schweinsteiger: "War eine große Ehre, sein Trainer zu sein"

Guardiola über Schweinsteiger: "War eine große Ehre, sein Trainer zu sein"

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Eben noch war Matthias Sammer mit einem Lächeln im Gesicht durch das Untergeschoss des Mönchengladbacher Bundesligastadions gelaufen, doch auf einen Schlag änderte sich seine Mimik. "Herr Sammer! Herr Sammer!", riefen ihm die Reporter hinterher. Sie hätten gerne ein paar Worte vom Sportchef des FC Bayern gehört, doch Herr Sammer gab vor, nicht zu einem Interview imstande zu sein. "Halsschmerzen", sagte er, fasste sich an den Hals und verzog sein Gesicht, als würde er tatsächlich schlimme Qualen durchleiden.

Wahrscheinlicher ist allerdings, dass Sammer keine Lust auf ein Gespräch hatte.

Er hätte ja nicht nur Stellung nehmen müssen zum letzten Platz der Bayern beim Vorbereitungsturnier in Mönchengladbach. Die Münchner hatten 1:2 gegen den FC Augsburg und dann auch im Elfmeterschießen gegen die gastgebende Borussia verloren. Vor allem wäre Sammer zu jener Personalie befragt worden, die der Verein am Vortag kühl abgewickelt hatte, viele Fans aber in Trauer und auch in Unmut versetzt hat. Doch Sammer findet, dass alles gesagt ist zum Weggang von Bastian Schweinsteiger zu Manchester United.

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Der Wechsel der Münchner Symbolfigur war das übergeordnete Thema beim Turnier in Mönchengladbach, das eine Werbeveranstaltung für die Telekom war, aber sicherlich nicht für den Fußball. Die Mannschaften stehen am Beginn der Vorbereitung und setzten eine Reihe von Spielern ein, die nur absoluten Kennern ein Begriff sind. Der Erkenntniswert des Turniers ging gegen null, der Unterhaltungswert lag nur unwesentlich höher. Zwei der vier Partien über jeweils 45 Minuten endeten torlos und mussten im Elfmeterschießen entschieden werden. "Unser Ziel ist erreicht: Es gab keine Verletzungen", sagte Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre und ordnete die Bedeutung des Turniers damit treffend ein.

Für den FC Bayern immerhin begann am Niederrhein die Zeit nach Schweinsteiger, der dem Verein 17 Jahre gedient hatte. Josep Guardiola führte eine verbale Verneigung vor dem prägenden Münchner Profi der jüngeren Vergangenheit auf. "Es war eine große, große Ehre, sein Trainer zu sein", sagte Guardiola über Schweinsteiger. Zu viel Bedeutung sollte man diesen Worten allerdings nicht beimessen, da Guardiola in der Öffentlichkeit grundsätzlich nur Gutes über seine Spieler äußert. Selbst wenn sie in seinen Planungen keinen Platz mehr haben.

Der Trainer berichtete von einem ausführlichen Gespräch, in dem er Schweinsteiger die Wahl über seine Zukunft gelassen habe. "Ich habe gesagt: 'Mach, was du willst. Entscheide, wie du glücklich bist.'" Der Fan-Liebling Schweinsteiger war kein Guardiola-Liebling. Der Trainer hat deshalb offenbar auch keine großen Anstrengungen unternommen, den Kapitän der Nationalmannschaft zum Bleiben zu bewegen.

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Schweinsteigers ehemalige Kollegen hatten keine große Lust, sich über den Weggang des langjährigen Gefährten zu äußern. Ganz vermeiden ließ sich das zwar nicht. Doch sie machten deutlich, dass sie das Thema als zu hoch gehängt empfinden. Philipp Lahm zum Beispiel ließ einige Sekunden vergehen, als er gefragt wurde, wie es denn gewesen sei, ohne Schweinsteiger auf dem Platz zu stehen. Dann sagte Lahm: "Selbst ich, der gefühlte 30 Jahre mit ihm zusammen gespielt hat, stand schon ohne ihn auf dem Platz."

Aber natürlich, es sei schon schade, dass Schweinsteiger plötzlich weg sei. Kontroversere Thesen wollte Lahm nicht formulieren. Er weiß ja, dass Schweinsteigers emotionslos moderierter Weggang das Vertrauen vieler Fans in die Vereinsführung und auch in Trainer Guardiola nicht unbedingt gestärkt hat.

Lahm ist zuversichtlich, dass der FC Bayern auch ohne seine langjährige Führungsfigur gut zurechtkommen wird. Es sei ja nicht so, dass nur sehr junge und sehr alte Spieler im Kader der Münchner stünden, sagte Lahm mit dem Hinweis auf eine starke "Mittelschicht", wie er es formulierte. Damit meint er Spieler wie Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Holger Badstuber - alle übrigens in Mönchengladbach nicht dabei - und auch sich selbst, Lahm. Spieler also, die im besten Fußballeralter sind und Verantwortung beim FC Bayern übernehmen wollen. Die Mannschaft ist nicht entkernt, nur weil ein wichtiger Spieler geht, so lassen sich Lahms Aussagen zusammenfassen.

Um Schweinsteiger macht sich der Münchner Kapitän übrigens auch keine Sorgen. Er habe gehört, mit Manchester United stehe erst mal eine Amerikareise an. "Dafür wünsche ich ihm einen guten Flug", sagte Lahm und lachte.

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