Bayern-Matchwinner Gomez "Er macht halt immer bum, bum"

Es war die größte Überraschung des Pokal-Abends: Jupp Heynckes ließ Mario Gomez von Beginn an ran. Der Stürmer dankte es mit zwei Toren. Der Auftritt heizt die Diskussion um seinen Stellenwert im Team des FC Bayern an. Bleibt Gomez in München?
Stürmer Gomez: Zukunft in München ungewiss

Stürmer Gomez: Zukunft in München ungewiss

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Wer Mario Gomez in den ersten 20 Minuten dieses DFB-Pokal-Finales beobachtete, sah keinen Champions-League-Sieger. Und auch keinen frisch gekürten Deutschen Meister. Gomez, der 1,89 Meter-Schrank, wirkte, als würde ihn dieser Abend, dieses Stadion, schlichtweg erdrücken.

Gomez verstolperte zahlreiche Bälle, lief nur wenig und wenn, dann meistens falsch. Die Präzision bei seinen beiden Torschüssen war ungenügend. Nichts von der Euphorie dieser bayerischen Rekordsaison, des Königsklassen-Coups ließ sich in der Körpersprache von Mario Gomez wiederfinden.

Gomez, der in dieser Saison beim FC Bayern nur sporadisch eingesetzt wurde und trotzdem die beste Torquote aller Bundesliga-Stürmer der abgelaufenen Saison aufweist, wirkte beim Aufeinandertreffen mit dem VfB Stuttgart zunächst wie ein Fremdkörper des Münchner Systemfußballs. Arjen Robben, Franck Ribéry oder Thomas Müller, die in den Vorwochen so großartig mit Gomez' größtem Konkurrenten Mario Mandzukic harmoniert hatten, wirkten durch die Lethargie Gomez' einer ihrer größten Stärken beraubt: des schnellen, offensiven Kombinationsfußballs. Der letzte Pass der Münchner kam im ersten Durchgang nur viel zu selten sauber in den Stuttgarter Strafraum.

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Dass Gomez in diesem Pokalfinale überhaupt mitwirken durfte, verdankte er einer gefühligen Eingebung von Jupp Heynckes: "Ich hatte schon am Montag den Plan, Gomez von Anfang an zu bringen, habe die Spieler beobachtet und das Gefühl, dass Mario sehr gut motiviert war. Ich kenne ja auch seine Torquote gegen den VfB", sagte Heynckes nach dem Erreichen des historischen Triple.

Gomez, der bis dahin seit seinem Wechsel von Stuttgart zu Bayern insgesamt neunmal gegen seinen Ex-Club getroffen hatte, ist ein sensibler Geist. Dass ihm diese Spielzeit, in die er als zweitbester Bundesliga-Stürmer der Vorsaison (insgesamt 26 Tore) ging, nicht zufriedenstellt, ist wenig verwunderlich. Über seinen Berater ließ Gomez schon vor Monaten verlauten, dass ihm die Reservistenrolle nicht zusagt.

Darüber gemeckert hat er allerdings ebenfalls nicht, sondern es irgendwie ertragen. "Der Mario ist ein Riesentyp, der keine einfache Situation durchmacht. Aber er hat sich immer voll für das Team aufgeopfert und ist kein Stinkstiefel", sagte Thomas Müller. Dass Gomez auch niemand ist, der sich aufgibt, zeigte der Stürmer im Aufeinandertreffen mit dem VfB ebenfalls eindrucksvoll.

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Statt sich über die schwache erste Halbzeit zu grämen, begann er im zweiten Durchgang auf einmal zu rennen. Er attackierte die Stuttgarter Innenverteidiger, wich sogar zeitweise zum Pressing auf die Flügel aus. Und erarbeitete sich so die Positionen, um seine größte Stärke auszuspielen: den Torabschluss. In der 49. und 60. Minute hielt er nach Flanken von der rechten Seite seinen Fuß aus wenigen Metern Torentfernung hin und brachte die Bayern mit dem 2:0 und 3:0 auf Siegkurs. "Mario war heute ein ganz wichtiger Garant für das Triple", sagte Abwehrchef Daniel van Buyten und Matthias Sammer ergänzte: "Mario hat uns den Pokal geschenkt."

Dass Gomez auch in Zukunft noch solche Momente für die Münchner mitgestalten darf, wird rund um die Säbener Straße schon seit längerem bezweifelt. Zwar schießt Gomez Tore wie am Fließband, ist einer der abschlussstärksten Stürmer weltweit, doch er ist auch limitiert in seiner Spielweise. Gomez braucht eine Mannschaft, die für ihn spielt, ihm Bälle im Strafraum serviert.

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"Wenn Mario Platz für den Abschluss hat, dann macht's halt immer bum, bum", sagte Müller. Aber Gomez hat eben auch immer wieder Spiele wie beispielsweise das verlorene Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea im vergangenen Jahr. Damals wirkte es, als liefe der Stürmer mit einem Tarnanzug umher. Anders konnte man sich nicht erklären, wie ein derart gestandener Spieler innerhalb eines Matches so dermaßen untertauchen kann.

Gomez' Vertrag, der erst im vergangenen Jahr bis 2016 verlängert worden war, gibt dem Stürmer derzeit Sicherheit. Er kann, wenn er möchte, noch drei Jahre bei einem Club bleiben, dem beste Perspektiven im europäischen Spitzenfußball attestiert werden. Sollte Gomez seine aktuelle Reservistenrolle akzeptieren, auch dann, wenn Bayern mit Robert Lewandowski noch einen Top-Stürmer verpflichten sollte, setzt der 27-Jährige allerdings seine Chance auf einen Platz im Nationalteam bei der kommenden Weltmeisterschaft in Brasilien aufs Spiel. Bei einem Wechsel käme wohl nur einer der wenigen anderen europäischen Topclubs in Frage: Real Madrid, der FC Chelsea oder Manchester City.

"Marios Berater hat sich bei uns gemeldet und mitgeteilt, dass Mario sich wohlfühlt. Er hat einen Vertrag und keine der Seiten hat je geäußert, dass man dies ändern möchte. Ich gehe davon aus, dass Mario auch in der kommenden Saison bei uns spielt", erklärte der Sportvorstand Sammer. Gomez selbst wollte weder etwas zum Spiel noch zu seiner Zukunft sagen. Stattdessen verschwand er nach seiner Auswechslung in der 61. Minute als einer der ersten Spieler im Mannschaftsbus.

Bayern München - VfB Stuttgart 3:2 (1:0)
1:0 Müller (37./Foulelfmeter)
2:0 Gomez (48.)
3:0 Gomez (61.)
3:1 Harnik (71.)
3:2 Harnik (80.)
München: Neuer - Lahm, van Buyten, Boateng, Alaba - Javi Martínez, Schweinsteiger - Robben (83. Timoschtschuk), Müller, Ribéry (90.+1 Shaqiri) - Gomez (62. Mandzukic)
Stuttgart: Ulreich - Rüdiger, Tasci, Niedermeier, Molinaro (67. Sakai) - Gentner, Boka - Harnik, Maxim (61. Okazaki), Traoré (75. Cacau) - Ibisevic
Schiedsrichter: Gräfe
Zuschauer: 75.420 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Mandzukic, Schweinsteiger / Boka, Ibisevic, Traoré

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