
Dortmund triumphiert im Pokal über Bayern Das ist für dich, Trainer

Bayern-Keeper Neuer, BVB-Coach Klopp: Verlierer und Sieger
Foto: BongartsGetty Images
Bayern-Verteidiger Benatia: Frust pur nach dem Ausscheiden
Foto: Tobias Hase/ dpaJürgen Klopp hielt noch einmal an, dann noch einmal. Es war dem Trainer von Borussia Dortmund anzumerken, dass er das Bad in der Medienmenge so sehr genoss wie schon lange nicht mehr.
Doch dann war er plötzlich nicht mehr zu hören in der sonst so andächtig stillen Mixed Zone: Die Spieler Pierre-Emerick Aubameyang und Marco Reus zogen hinter ihm vorbei, aus einem der beiden Rucksäcke dröhnten laute House-Beats. Zuvor waren schon Gesänge aus der Gästekabine zu hören gewesen.
Klopp folgte den beiden wenig später nach draußen, wo ihm gegen halb ein Uhr morgens noch rund hundert Fans zujubelten. Er breitete die Arme aus, machte eine Verbeugung und stieg unter Applaus in den Mannschaftsbus.
Eines von Klopps wichtigsten Erfolgserlebnissen
Der 47-Jährige hat mit dem BVB zweimal die Meisterschaft und einmal den Pokal gewonnen. Und diesmal ging es gar nicht um einen weiteren Titel, zumindest noch nicht. Trotzdem hat Klopp am Dienstagabend eines der wichtigsten Erfolgserlebnisse seiner siebenjährigen Amtszeit erlebt.
Klopp und seine Spieler versprühten eine Freude, wie man sie nach einem gewonnenen Halbfinale in München schon lange nicht mehr gesehen hat.
Bayern-Keeper Neuer, BVB-Coach Klopp: Verlierer und Sieger
Foto: BongartsGetty ImagesUnd nicht nur sie. "Ich habe jeden, der mir über den Weg lief, fast umgerannt", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nach dem Besuch in der Kabine. "Ich weiß nicht, wann mein Puls wieder runtergeht", kommentierte BVB-Präsident Reinhard Rauball.
Eine weitgehend verkorkste Saison hat eine unverhoffte Wendung genommen: in Richtung Borsigplatz, wo in Dortmund die Titel gefeiert werden. Ob es so weit kommt, ist noch nicht sicher. Doch zumindest durften sie schon einmal in der Gästekabine des großen Rivalen feiern.
Sie hatten ausgerechnet den FC Bayern aus dem Weg geräumt, zu einem Zeitpunkt, zu dem sie nicht mehr auf Augenhöhe zu sein schienen.
Mchitarjan verlieh Dortmund Auftrieb
Hinzu kam, dass so vieles gegen die Dortmunder gesprochen hatte. Das Auswärtslos. Die Verletzung von Roman Weidenfeller. Und als es losging, fand die Mannschaft überhaupt nicht ins Spiel. "Wir haben in der ersten Halbzeit keinen Zugriff gefunden", gab auch Marco Reus zu. Dann fiel auch noch das demütigende Führungstor der Bayern, erzielt vom Ex-Dortmunder Lewandowski. Und in der Verlängerung mussten sie wegen der Gelb-Roten Karte für Kevin Kampl (108. Minute) auch noch in Unterzahl weiterkämpfen.
Doch die Dortmunder hatten auch nicht viele gute Chancen der Bayern zugelassen, und sie hatten 52 Prozent der Zweikämpfe gewonnen.
Und obwohl die Bayern mit Arjen Robben, Bastian Schweinsteiger und Mario Götze drei Deluxe-Einwechselspieler zur Verfügung hatten, beeinflusste ein Schwarzgelber die Partie am meisten, der in der Hinrunde mit seiner Leistung zum Sinnbild des Niedergangs geworden war: Henrich Mchitarjan. Er verlieh dem Dortmunder Offensivspiel Tempo und bereitete auch Aubameyangs Treffer zum 1:1 (75.) vor.
Bayern-Verteidiger Benatia: Frust pur nach dem Ausscheiden
Foto: Tobias Hase/ dpaFalls die Dortmunder Feierlaune auch von Schadenfreude angetrieben wurde, so ließen sie es sich nicht anmerken. Geschäftsführer Watzke hatte sich vor dem Spiel sogar mit Bayerns Vorstandsvorsitzendem Karl-Heinz Rummenigge getroffen, das Gespräch sei "sehr ordentlich" gewesen, sagte Watzke. Das hörte sich nach den vielen Giftpfeilen der vergangenen Jahre aus beiden Richtungen zwar nicht ultimativ nach Versöhnung an, aber nach Tauwetter.
Einzig Sebastian Kehl ging nach dem Spiel etwas härter mit den Bayern ins Gericht: "Die Schuld beim Schiri zu suchen, finde ich jetzt ein bisschen Banane", sagte er mit Blick auf mögliche Fehlentscheidungen Peter Gagelmanns. Und fügte noch an: "Wenn die Bayern kein Elfmeterschießen können, dann müssen sie es mehr üben." Er habe vorher gewusst, "dass heute etwas geht", sagte er.
Für Kehl, der nach der Saison seine Karriere beendet und sein letztes Spiel in München bestritt, war danach klar: Wer es hier bis ins Elfmeterschießen schafft, der hat irgendwo auch verdient gewonnen. Dass der gute Torwart Mitchell Langerak am Schluss wegen der Elfmeter-Pannenserie der Bayern kaum noch eingreifen musste, tat nichts mehr zu Sache. "Im Ernst, ich weiß nicht, warum nicht wir ausgerutscht sind", sagte Trainer Klopp dann noch, und kam zu dem Schluss: "Es sollte einfach sein."
Die Ziele sind klar: Klopp will mit dem BVB noch ein Mal feiern, der Verein will die Europa League erreichen - und hat dafür immer noch zwei Möglichkeiten. "Jetzt die Spannung hochhalten", sagte Marco Reus mit Blick auf die kommenden Bundesligaspiele und das Pokalfinale am 30. Mai. Er hörte sich so entschlossen an, als ob für die Borussia gerade die Saison beginnen würde.
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Sokratis Papastathopoulos, Pierre-Emerick Aubameyang, Henrikh Mkhitaryan (r, verdeckt) und der Dortmunder Torhüter Mitchell Langerak jubeln nach dem Elfmeterschießen.
Schon vor der Partie hatte Klopp gut lachen. Blumen der Bayern wollte der scheidende Trainer nicht annehmen, viel lieber dem Dauerrivalen noch einmal einen Titel wegschnappen und ins DFB-Pokalfinale einziehen.
Ilkay Gündogan sorgte schon vor dem Spiel für Schlagzeilen. Der Nationalspieler steht beim BVB offenbar ebenfalls vor dem Abschied, unklar ist noch, wohin es ihn zieht. Angeblich soll der 24-Jährige auch mit den Bayern verhandeln.
In den ersten Minuten attackierte der BVB die Münchner früh, die Probleme mit der Abwehr der Borussen hatten. Offensiv wurde der Gast aber kaum mal gefährlich, Manuel Neuer hatte in der ersten Hälfte einen ruhigen Abend.
Doch dann wurden die Bayern zunehmend stärker und setzten sich vor allem über die linke Außenbahn immer wieder durch. Juan Bernat hatte einige Vorteile gegenüber Erik Durm, profitierte aber auch von Dortmunds asymmetrischem Pressing.
Die Bayern setzten sich mehr und mehr in der Dortmunder Hälfte fest. Große Chancen gab es aber noch nicht, das torlose Unentschieden war zu diesem Zeitpunkt gerechtfertigt.
Als Dortmund sich etwas mehr zutraute, spielte Shinji Kagawa einen so schlechten Pass, dass dieser den direkten Konter der Bayern einleitete. Medhi Benatia fand sofort Robert Lewandowski, und der hatte kein Mitleid mit seinem Ex-Verein. Der Pole traf zur Führung.
Dortmund versuchte zu reagieren, zeigte sich nun öfter am Münchner Sechzehner. Doch weder Marcel Schmelzer auf der linken Seite, noch Durm über rechts konnten gefährliche Flanken schlagen.
Lewandowski sorgte vielmehr mit einer weiteren Situation für Aufsehen: Aus der Distanz wollte er seinen ehemaligen Teamkollegen Mitch Langerak mit einem Heber überlisten.
Der BVB kam früh aus der Pause, wollte ein Zeichen setzen. Aber das ging nach hinten los.
Thomas Müller hätte fast direkt nach dem Seitenwechsel das 2:0 erzielt. Diesmal konnte Langerak aber retten.
Bayern-Torjäger Lewandowski stand anschließend kurz vor seinem zweiten Treffer, die Latte rettete aber für seinen alten Klub.
Um die 55. Minute begannen die Dortmunder richtig zu schwimmen. Nach Lewandowskis Lattenschuss hätte es zunächst Elfmeter für den FCB geben müssen. Schmelzer hatte den Ball gegen Müller mit der Hand gespielt. Danach war ein Versuch von Thiago Alcantara zu unplatziert (Foto).
Die Bayern wechselten: Arjen Robben feierte sein Comeback nach Bauchmuskelriss. Auch Bastian Schweinsteiger kam, plötzlich drehte die Partie - zugunsten der Dortmunder.
Und die kamen zunächst glücklich zum Ausgleich: Jakub Blaszcykowski setzte auf links den eingewechselten Henrich Mchitarjan ein und der fand in der Mitte Pierre-Emerick Aubameyang.
Der Gabuner grätschte den Ball ins Tor, Neuer konnte nur noch hinter der Linie retten. Diesmal sah Schiedsrichter Peter Gagelmann den Treffer, anders als beim DFB-Pokalfinale im vergangenen Jahr das nicht gegebene Tor von Mats Hummels.
Anschließend war die Borussia dem Finale in Berlin deutlich näher, Reus scheiterte aber ebenso an Neuer wie zuvor Mchitarjan. Die Bayern retteten sich in die Verlängerung.
In der ersten Hälfte der Verlängerung passierte nicht viel, nur Schweinsteiger hatte eine große Kopfballchance, vergab diese aber kläglich.
Der ebenfalls eingewechselte Kevin Kampl erwies seinem Team einen Bärendienst. Innerhalb von nur 18 Minuten sah er zweimal die Gelbe Karte und musste runter - Dortmund spielte damit in den letzten zehn Minuten in Unterzahl, rettete sich aber dennoch ins Elfmeterschießen.
Und da war das Glück weiter mit der Borussia: Philipp Lahm machte den Anfang, rutschte weg und schoss über das Dortmunder Tor.
Weil auch alle anderen Bayern verschossen, inklusive Torhüter Manuel Neuer, durfte Dortmund jubeln. Der BVB steht erneut im Pokalfinale in Berlin.
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