Bayern-Remis in Leipzig Eine Fußspitze entfernt vom Titel

Leon Goretzka trifft. Weil aber Robert Lewandowski (r.) zuvor im Abseits stand, zählte das Tor nicht.
Foto: Alexander Hass /Getty ImagesDie Szene des Spiels: Sollte dieser Moment am Ende der Saison noch entscheidend werden für den Ausgang des Titelrennens, dann hat der Videoassistent doch noch eine Pointe auf seiner Seite. 50. Minute: Leon Goretzka trifft mit einem Scherenschlag zum 1:0 für den FC Bayern. Die Münchner jubelten, die Dortmund-Fans sackten zusammen. Alles sah danach aus, als könne dies der Treffer zur 29. Meisterschaft der Vereinsgeschichte und der siebten in Serie sein. Aber Marco Fritz, der Videoschiedsrichter in Köln, erkannte, dass Robert Lewandowski zuvor eine Zehenspitze breit im Abseits stand. Kein Tor. Verwirrung im Stadion, Verwirrung an den TV-Bildschirmen der Republik. Bis die Wiederholung zeigte, dass es eine sehr knappe, aber richtige Entscheidung war.
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— Philipp Köster (@philippkoester) May 11, 2019
Das Ergebnis: So blieb es nach einer spannenden Partie 0:0. Hier geht es zum Spielbericht.
Was heißt das jetzt? Teil I: Den FC Bayern und den Titel trennten eine Fußspitze von Lewandowski. Weil der Verfolger Borussia Dortmund zeitgleich 3:2 gegen Düsseldorf gewann, gibt es nun doch noch den Showdown am letzten Bundesligaspieltag in einer Woche. Die Bayern haben zwei Punkte Vorsprung und treffen zu Hause auf Frankfurt. Fast genau ein Jahr zuvor hatte die Eintracht den Münchnern einen Titel verdorben - den Pokal. Dortmund tritt in Mönchengladbach an. Dass sie in Bayern durchaus titelsicher sind, zeigte die Reaktion von Uli Hoeneß nach dem Schlusspfiff in Leipzig: Klatschend drehte sich der Präsident zu seinem Kompagnon Karl-Heinz Rummenigge und nickte ihm zu. Weil die Münchner eine Tordifferenz von plus 52 besitzen und Dortmund eine von plus 35 reicht dem FC Bayern ein Remis gegen Frankfurt zum Titel.
Wie ausgedacht: Am finalen Spieltag kommt es zu einer schönen Koinzidenz: Dortmunds Trainer Lucien Favre trifft auf sein Ex-Team Gladbach, Bayerns Coach Niko Kovac mit Frankfurt ebenso. Man hätte es sich nicht besser ausdenken können.
Was heißt das jetzt? Teil II: "Vom Gefühl her haben wir vor allem in der zweiten Halbzeit ein super Spiel gemacht. Wir haben aber den Ball nicht über die Linie gebracht", sagte Bayerns Offensivspieler Thomas Müller. Er freue sich nun auf den finalen Akt dieser Saison, denn "so eng war es noch nie". Und, auch das gehört zur Wahrheit, so schwach waren die Bayern zuletzt selten: 75 Punkte haben sie aktuell. 78 können es maximal noch werden. Damit spielen sie das schlechteste Ergebnis der vergangenen sieben Jahre ein. Bei den sechs Meisterschaften in Serie hatten sie immer mindestens 79 Punkte - und immer wenigstens zehn Punkte Vorsprung. Die Liga hat sich wieder ein wenig an den Leviathan angenähert.
Die erste Hälfte: Es dauerte 28. Minuten bis zur ersten Chance des Spiels: Lewandowski zeigte, dass er in dieser Spielzeit auch ein prächtiger Vorbereiter sein kann (schon 14 Vorlagen) und spielte Gnabry frei. Leipziger Péter Gulácsi bewies dagegen, dass er einer der besten Keeper der Saison ist und parierte den Schuss aus drei Metern. Gnabry vergab auch die zweite gute Bayern-Gelegenheit im ersten Durchgang, als er mit einem Volleyschuss erneut von Gulácsi gestoppt wurde (39.). Leipzig überließ den Bayern den Ball (nur 39 Prozent Spielanteile insgesamt), hatte durch Timo Werner nur eine echte Torchance (40.), war aber dennoch nicht schlechter. Hier traf eine Mannschaft, die durch ihr orchestriertes Kollektivverhalten stark ist, auf ein Team, das vor allem individuell der Ligakonkurrenz überlegen ist.
Wenn man nicht wüsste, welches Team die Meisterschaft klarmachen kann und welche nur für etwas mehr Selbstvertrauen im Pokalfinale spielt - man könnte es nicht erraten #RBLFCB
— Tobias Escher (@TobiasEscher) May 11, 2019
Die zweite Hälfte: Hätte Goretzkas Treffer gezählt, man hätte über dieses Spiel später schreiben müssen: verdienter Sieg der Bayern, verdiente Meisterschaft letztlich auch. Wer neun Punkte auf den BVB aufholt, der hat recht. Bayern war in den zweiten 45 Minuten zumeist die bessere von zwei guten Mannschaften. Aber RB kniete sich in diese Partie. Die beste Defensive der Liga (27 Gegentore) wackelte selten. Gnabrys Schuss an die Latte (66.) folgte die Abseitsfahne. Am Ende schob Lewandowski noch einen Freistoß knapp vorbei (89.). Es war der Nachmittag der Zentimeter-Entscheidungen.
Spieler des Spiels: Ibrahima Konaté wird in zwei Wochen 20. 100 Prozent seiner Zweikämpfe gewann der Franzose in der ersten Halbzeit und war der auffälligste Spieler auf dem Feld. Dann aber klärte er einen Ball schwach mit dem Kopf im eigenen Strafraum vor die Füße von Goretzka. Dessen Tor zählte nicht, siehe oben. Konaté fing sich wieder, ließ Lewandowski mehrfach an sich abtropfen wie in der 5. Minuten der Nachspielzeit. So stand er damit in gewisser Weise für den Ist-Zustand seines gesamten Teams: sehr gute Zukunftsprognose, für ganz, ganz oben aber noch nicht reif genug.
Was heißt das jetzt? Teil III: Am 25. Mai treffen beide Teams im Pokalfinale aufeinander. "Wir haben heute gesehen, dass wir mithalten können. Wir müssen nur noch einen Tick mutiger spielen", sagte Leipzigs Kapitän Willi Orban. Sein Team ist nun seit 18 Pflichtspielen ohne Niederlage und dürfte im Endspiel von Berlin schwer zu schlagen sein. Ob es für die Bayern dann um das Double gehen wird?
RB Leipzig - FC Bayern 0:0
Leipzig: Gulacsi - Klostermann, Konate, Orban, Halstenberg - Demme (82. Haidara) - Sabitzer, Laimer (86. Mukiele) - Forsberg (90. Smith-Rowe) - Poulsen, Werner
Bayern: Ulreich - Kimmich, Süle, Hummels, Alaba - Goretzka, Thiago (81. Rafinha) - Coman (89. Robben), Thomas Müller, Gnabry (78. Ribery) - Lewandowski
Schiedsrichter: Gräfe
Zuschauer: 41.939 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Goretzka, Coman