Bayern-Pleite gegen Gladbach Gefangen im Spinnennetz

Der FC Bayern wollte zum großen Angriff auf Meister Dortmund blasen - heraus kam eine Heimpleite gegen Fast-Absteiger Borussia Mönchengladbach. Den Münchnern fehlten die spielerischen Mittel, die Kreativität in der Offensive. Und dann patzte auch noch der umstrittene Torwart Manuel Neuer.
Von Sebastian Winter
Bayern-Pleite gegen Gladbach: Gefangen im Spinnennetz

Bayern-Pleite gegen Gladbach: Gefangen im Spinnennetz

Foto: dapd

Bastian Schweinsteiger stemmte seine Hände in die Hüften, ging in die Knie, seinen Kopf nach unten gebeugt. Holger Badstuber kniete gleich, als würde ihn eine große Last zu Boden ziehen. Franck Ribéry wurde von der sich öffnenden Luke am Rand des Rasens magisch angezogen, er flüchtete als erster Spieler in die Katakomben der Münchner Arena. Es hatte sich nichts geändert.

Wie der FC Bayern München nach dem Schlusspfiff des verlorenen Auftaktspiels gegen Borussia Mönchengladbach reagierte, erinnerte tatsächlich fatal an die vergangene Saison. Jenes Jahr, in dem bei den Münchnern nahezu alles schiefgelaufen war. Und auch die Aussagen nach der Pleite gegen Gladbach vertieften die Ratlosigkeit an einem Abend, der einen Neubeginn markieren und den Zuschauern sowie den Gegnern - vor allem Meister Borussia Dortmund - zum Abschluss des ersten Spieltags einen Hinweis geben sollte: "Wir, die Bayern, sind wieder da!"

Doch von großen Worten war nichts zu hören. Stattdessen sagte Münchens Stürmer Mario Gomez, es sei "sehr, sehr enttäuschend, wie diese Saison für uns begonnen hat". Bayern-Kapitän Philipp Lahm sprach von einem "Dämpfer, weil wir zu Hause gewinnen und einen guten Saisonstart haben wollten". Lahm versuchte, den Fehlstart seiner Mannschaft zu relativieren, er sagte, "wir sollten jetzt nicht alles schwarzmalen. Es ist nicht die gleiche Situation wie letztes Jahr, als wir sieben Punkte aus den ersten achten Spielen geholt haben".

Natürlich liegt der von Bayerns rechter auf die linke Abwehrseite gewechselte Nationalspieler nicht falsch mit dieser Einschätzung. Andererseits gibt es einige Erkenntnisse aus dem Spiel, die dem Club Anlass zur Sorge geben dürften.

Gladbach-Keeper ter Stegen rettet seiner Mannschaft den Sieg

Das Thema Manuel Neuer ist dabei besonders pikant. Der Fehler des neuen Bayern-Torwarts führte in der 62. Minute zum spielentscheidenden Kopfballtreffer durch Gladbachs Stürmer Igor de Camargo. Der Fauxpas des 25 Jahre alten Keepers kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn weder sind die Dissonanzen gänzlich beseitigt, die mit seinem Transfer vom FC Schalke aufkamen, noch konnte sich Neuer bislang im Bayern-Trikot über längere Zeit beweisen und der zuletzt so fragilen Defensive Stabilität verleihen. Stattdessen patzte ausgerechnet der am stärksten eingeschätzte Faktor im neuen Abwehrblock. Und mit ihm der ansonsten sichere Jérôme Boateng, der beim Gegentreffer unentschlossen wirkte.

Andererseits kennt man Neuers Ausflüge aus dem Strafraum, sie sind Teil seines offensiven Torwartspiels. "Er geht mit hohem Risiko raus, das ist in Ordnung. Ich bin ein ähnlich offensiver Typ. Man sollte das jetzt nicht zu hoch hängen", sagte sein Torwartkollege Marc-André ter Stegen, der Gladbach mit starken Paraden drei Punkte rettete und - äußerst selten für einen Torhüter - die meisten Ballkontakte seiner Mannschaft hatte.

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Pleite gegen Mönchengladbach: Neuer vermiest den Bayern-Auftakt

Foto: Dennis Grombkowski/ Bongarts/Getty Images

Bayern fehlt die Kreativität in der Offensive

Viel größeren Anlass zur Sorge als Neuer sollte den Bayern aber jene Unfähigkeit geben, die sehr defensiv eingestellten Gladbacher mit spielerischen Mitteln zu bewingen. Die Münchner waren drückend überlegen und hatten deutlich mehr Chancen. Wenn Lahm sagt, dass die Kreativität in der Offensive gefehlt habe und die Chancenverwertung mangelhaft gewesen sei, wenn Heynckes das zu geringe Tempo und den zu schwachen Druck auf Gladbachs engen Abwehrriegel kritisiert, dann ist dies durchaus als Alarmzeichen zu werten.

Zumal die Bayern in der zweiten Halbzeit in Bestbesetzung antraten, mit den zuletzt angeschlagenen Arjen Robben und Franck Ribéry. Beide rannten sich fest, Robbens Kreise wurden zudem immer wieder von Gladbachs Filip Daems und Roman Neustädter sowie Juan Arango erfolgreich gestört. Ein solches Mittel hatten in der vergangenen Saison auch Mannschaften wie Mainz 05 oder Hannover 96 in München erfolgreich angewandt.

Sie alle verstanden, dass dem FC Bayern in der zentralen Mitte nach wie vor die Kreativität fehlt, um tiefgestaffelte Gegner zu überraschen. Es nur mit ein paar Fernschüssen zu versuchen, wie Toni Kroos es tat, ist auch gegen Gladbach nicht genug. Sich nur auf die Flügelspieler zu verlassen, reicht ebenfalls nicht.

"Gladbach hat ein Spinnennetz aufgebaut, in dem wir uns immer wieder verfangen haben", sagte Heynckes nach der Partie, und fügte hinzu: "Vielleicht wird man im Umfeld des Vereins wieder bescheidener nach diesem Ergebnis." Das allerdings wird ein Wunschtraum des Trainers bleiben. Wann gibt es schon Ruhe im Umfeld der Bayern nach solchen Niederlagen?

Am kommenden Samstag (15.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) steht das Auswärtsspiel in Wolfsburg auf dem Programm, danach das Hinspiel in der Champions-League-Qualifikation gegen den FC Zürich. Die Bayern wollten sich ruhig und entspannt auf diese für sie extrem wichtigen Aufgaben konzentrieren. Aber das können sie nach dieser Niederlage getrost vergessen.

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