
Bayern-Star Robben Ich, Arjen
- • Bayern-Gala gegen Bremen: Beflügelt aus der Krise
- • Machtkampf bei Ajax Amsterdam: Im Club der Super-Egos
Berlin - Arjen Robben hatte am Wochenende einen Ruf zu verteidigen. Über den Niederländer in Diensten des FC Bayern München gibt es zwei gängige Meinungen. Zum einen: Er ist ein Weltklassespieler. Zum anderen: Er ist ein Egoist. Bei Robben gehört beides untrennbar zusammen. Beim Sieg über Werder Bremen am Wochenende hat er wieder beide Seiten gezeigt.
Beim Stand von 1:1 wurde er in der 60. Minute eingewechselt, am Ende stand es 4:1. Zweifacher Torschütze: Arjen Robben. Dass diese Treffer aber durch Elfmeter zustande kamen - was bei den Bayern genuin dem Torjäger Mario Gomez vorbehalten ist - passt auch bei Robben ins Bild. Vor dem Strafstoß zum 2:1 nahm er Gomez den Ball regelrecht aus der Hand. Statt sich vor dem Elfmeter zum vierten Tor dafür zu revanchieren und dem Mittelstürmer die Ausführung zu überlassen, schnappte sich Robben auch diesen Ball und schoss ihn ins Tor.
Kritik an Robbens Ego-Show kam anschließend allerdings nicht von Gomez, der allen Grund dazu gehabt hätte, sondern von Flügelkollege Franck Ribéry. "Ich dachte, dass Mario den zweiten Elfmeter macht. Es wäre gut gewesen für ihn, sein Selbstvertrauen. Ich glaube, wir müssen ein bisschen an alle Spieler denken", so der Franzose. Wobei Ribéry dem Mittelstürmer zuvor selbst ein sicheres Tor weggenommen hatte, indem er einen Ball von Gomez ins Netz schob, der auch ohne Ribérys Zutun den Weg ins Tor gefunden hätte.
In der Heimat seit Jahren in der Kritik
Robben hat seinen Ruf als Ich-AG weg, und er hat selbst hart dafür gearbeitet: Der Ball gehört ihm, und wenn einmal nicht, wird ausgiebig gestikuliert. In seiner Heimat wird er seit eh und je als "Ego-Tripper" der Oranjes abgetan. Und das in einer Mannschaft, die mit Stars wie Robin van Persie oder Wesley Sneijder genügend Spieler in den Reihen besitzt, die das Zeug haben, für sich den Rang einer Diva zu beanspruchen.
Auf der Website der auflagenstärksten Zeitung der Niederlande, "De Telegraaf", haben sich am Montag die Leser in gewohnter Manier auf Robben eingeschossen. "Robben war, ist und bleibt ein in höchstem Maße irritierender Typ mit Manieren, die einen anwidern", heißt es da. Oder: "Robben würde derzeit gut in den Aufsichtsrat von Ajax Amsterdam passen. Da können sie noch solche Egoisten gebrauchen." Beim Traditionsverein liefern sich derzeit zwei Lager um die Vereins-Legende Johan Cruyff und Louis van Gaal einen bizarren Machtkampf.
Robbens Spiel ist immer ichbezogen gewesen, es kann auch gar nicht anders sein. Wenn er auf dem rechten Flügel zum Solo antritt, zwei, drei Verteidiger umdribbelt, dann kurz vor dem Strafraum mit dem Ball nach innen zieht, um dann mit einem kraftvollen Schuss abzuschließen, dann ist das eine Einzelaktion im engsten Wortsinn. In den besten Zeiten Robbens bei den Bayern vor zwei Jahren hat das niemanden gestört. In der Spielzeit 2009/2010 waren es genau diese Aktionen Robbens auf dem Platz, die den FC Bayern zum nationalen Double und ins Champions-League-Endspiel geführt haben.
Nur ein Robben in Topform bringt Bayern weiter
Wenn Robben aber schwächelt, wie bei seinen ersten Auftritten nach der langen Verletzungspause dieser Hinrunde, dann wird der Spielstil des Niederländers zum Problem für das gesamte Team. Dann verheddert sich der Stürmer auf dem Flügel in unnötige Zweikämpfe, dann startet er Dribblings, wo Passspiel angebracht gewesen wäre. Dann wird sein Spiel schnell ausrechenbar, harmlos, sogar schädlich für die Offensive der Bayern. Ein Robben, der nicht auf seinem Topniveau spielt, ist kein Gewinn für den FC Bayern. Nur ein Robben in Bestform ist aus der Stammelf nicht wegzudenken.
Was man dabei nie vergessen sollte: Die Krankenakte des 27-Jährigen ist imposant. Seit 2007 war er schon 15-mal verletzt: Vom Muskelriss über eine Achillessehnenreizung bis hin zu Oberschenkelproblemen war alles dabei. Allein in dieser Spielzeit liest sich das so: 26. Juli bis 4. August: Kapselverletzung. 12. August bis 16. August: Rückenprobleme. 22. August bis 24. September: Schambeinentzündung. 6. Oktober bis 15. November: Leistenbruch. Das Spiel Robbens lebt von seiner Schnelligkeit, es lebt davon, dass sein Körper ihn nicht im Stich lässt - wie es in den vergangenen Monaten passierte. Dass er danach Zeit braucht, um in die Verfassung besserer Tage zu kommen, ist nur logisch.
Damit bringt er seinen Trainer Jupp Heynckes allerdings in ein echtes Dilemma: Der Niederländer braucht Spielpraxis, um wieder auf Touren zu kommen. Ein Robben bei der Ich-Findung blockiert allerdings einen wichtigen Offensivplatz im Team. Für einen Aktivposten wie Thomas Müller ist das nur schwer einzusehen, warum er auf der Bank Platz nehmen solle, damit ein Arjen Robben seine Formsuche abschließen kann. Zudem reißt Heynckes ein bis dahin harmonisches Ensemble auseinander, wenn er Robben einbaut. Das funktioniert nur dann, wenn Robben konstant Leistung bringt.
Sein Vertrag läuft 2013 aus. Bisher hat sich der Niederländer noch nicht eindeutig geäußert, ob er verlängert oder nicht. Anders als die Bayern-Oberen, die schon deutlich gemacht haben, dass sie ihren Star gerne behalten würden. Mit Robbens Zukunft entscheidet sich womöglich auch eine andere seit Wochen heiß diskutierte Personalie. Falls der Niederländer auf längere Sicht fit bleibt und dem FC Bayern die Treue hält, dürfte sich auch ein Transfer des Mönchengladbachers Marco Reus nach München vorerst erledigen. Robben, Müller und Reus als Alternativen auf der rechten Offensivposition - das ist selbst für den FC Bayern München zu viel.
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Hier bin ich: Zweimal traf Arjen Robben am Wochenende gegen Werder Bremen - seine ersten beiden Treffer nach der langen Verletzungspause. Es waren allerdings zwei Elfmeter. Und das hat durchaus für Unmut gesorgt. Zunächst...
...begann die Partie so, wie sie Robben zuletzt schon gewohnt war. Er musste auf der Bank Platz nehmen und kam erst...
...in der 60. Minute beim Stand von 1:1 in das Spiel. Es dauerte acht Minuten, bis...
...sich der 27-Jährige in die Torschützenliste eingetragen hatte. Er verwandelte einen Elfmeter zur Bayern-Führung. Eigentlich war allerdings Mario Gomez als Schütze vorgesehen. Auch den zweiten Strafstoß...
...zum 4:1 schoss und verwandelte Robben. Er bewies damit Verantwortung, aber verwehrte so auch Gomez einen weiteren Treffer auf dem Weg zur Torjägerkrone. Kritik...
...erntete er dabei von Franck Ribéry, auch wenn die beiden exzentrischen Flügelspieler...
...nach der Partie zunächst wie ein Herz und eine Seele wirkten. Auch Gomez schien dem Niederländer...
...seine Ich-Aktion nicht übermäßig übel genommen zu haben. Zumindest nach außen zeigte Gomez keine Reaktion. Dennoch: Robben hat sein Ego-Klischee wieder einmal bestätigt.
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