Bayern-Stürmer Pizarro Plötzlich wertvoll

Bayern-Stürmer Pizarro: Plötzlich wertvoll
Foto: Andreas Gebert/ dpaPhilipp Lahm spricht außergewöhnlich lange in die Mikrofone, er beschreibt ja auch einen außergewöhnlichen Sieg. 6:1 hat der FC Bayern München den OSC Lille in der Champions League geschlagen, 5:0 stand es bereits beim Pausenpfiff. Eine Demütigung war das für die schwachen Franzosen, für die Bayern war der Erfolg der herbeigesehnte Befreiungsschlag in der Königsklasse. Und ganz am Ende seiner Ausführungen adelt Lahm dann seinen Mitspieler Claudio Pizarro: "Er ist ein sensationeller Spieler, die Statistik spricht für ihn."
"Die Statistik" - damit dürften Pizarros drei Tore gegen Lille gemeint sein, drei Treffer innerhalb von 15 Minuten. Das 2:0 (18.): ein lässiger Schuss ins linke untere Eck nach schönem Doppelpass mit dem starken Franck Ribéry. Das 4:0 (28.): eine blitzschnelle Fußdrehung im Fünfmeterraum nach einer scharfen Flanke von Lahm. Das 5:0 (33.): der Abschluss per Kopf nach einem annähernd perfekten Gegenstoß der Bayern - wieder war Lahm der Vorbereiter.
Pizarro belebt das Angriffs-, Kombinations- und Umschaltspiel
"Die Statistik" - das sind auch Pizarros Werte der vergangenen Tage. Denn bereits beim Pokalsieg gegen Kaiserslautern hatte der Peruaner zweimal getroffen. Und vor allem zeigen die Zahlen Pizarros beeindruckende, fast brutale Effizienz: Drei Torschüsse hatte er gegen Lille, dreimal traf der bereits 34-Jährige. Und so fand auch Bayern-Trainer Jupp Heynckes lobende Worte für seinen Mittelstürmer: "Pizarro ist kein Ersatz, sondern eine zusätzliche Option. Wir haben aus der Vergangenheit gelernt, im Champions-League-Finale gegen Chelsea haben wir ja nichts zulegen können. Jetzt hatten wir einige Ausfälle, die sind aber gar nicht aufgefallen."

Champions League: Bayerns halbes Dutzend gegen Lille
Heynckes meinte damit vor allem Pizarros Konkurrenten Mario Mandzukic, der wegen eines Infektes fehlte. Pizarro, dessen zweiter Kontrahent Mario Gomez nach seiner längeren Verletzungspause wohl erst in ein bis zwei Wochen wieder eine echte Option für Heynckes ist, hat die Gunst der Stunde genutzt. Er hat nach anfänglichen Verletzungsproblemen auch jene Kritiker verstummen lassen, die den vor etwas mehr als vier Monaten von Bremen nach München gewechselten als chancenlosen dritten Stürmer hinter Mandzukic und Gomez gesehen haben.
Der Mann, gegen den in Peru 2009 ein Verfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung eingeleitet und wieder eingestellt wurde, der einst als trainingsfaul und feierfreudig galt, füllt derzeit bei den Bayern die Rolle des vorbildlichen Profis aus. Pizarro erhöht dabei nicht nur den Konkurrenzkampf, er belebt auch das Angriffs-, Kombinations- und Umschaltspiel der Bayern.
Die Bayern brauchen diesen quirligen Spielertyp
Der Peruaner bot sich gegen Lille immer an, er ging dem Ball entgegen, machte also das, was Gomez nicht immer macht. Er öffnete neue Räume für die Mitspieler und fand selbst neue, wie beim Doppelpass mit Ribéry vor dem 2:0. In der 37. Minute setzte er nach einem Befreiungsschlag der Bayern-Abwehr nach und brachte Lilles Innenverteidiger Aurélien Chedjou fast dazu, den Ball zu vertändeln. Es sind solche Situationen, die Pizarro so wichtig machen für die Bayern. Nicht nur seine Tore. Er ist ein spielender Stürmer mit einem enormen Zug zum Tor, der sich aber auch oft auch zurückfallen lässt, an die Seitenlinie ausweicht, der zudem eine exzellente Ballbehandlung hat.
Die Bayern, die die Bundesliga derzeit dominieren, brauchen gerade in der Champions League solche quirligen Spielertypen. Vergangene Saison hat er ihnen in den entscheidenden Momenten gefehlt. Jetzt sind sie Zweiter der Gruppe F, punktgleich mit Tabellenführer Valencia, aber noch nicht sicher im Achtelfinale. Baryssau lauert drei Zähler hinter den Bayern auf Rang drei. Pizarro jedenfalls hat sich empfohlen für weitere fußballerische Aufgaben.
Ob auch für weitere Showeinlagen, da gingen die Meinungen auseinander. Als er gegen Lille das 2:0 erzielt hatte, stürmte Pizarro an die Seitenlinie und tanzte mit Dante und Ersatzspieler Rafinha. "Wir haben mit Rafinha besprochen: Wenn ich treffe, dann machen wir einen brasilianischen Tanz. Es war gut", sagte Pizarro. Bayern-Kapitän Lahm sah das dann doch etwas anders: "Es hat nicht so überragend ausgeschaut."
Bayern München - OSC Lille 6:1 (5:0)
1:0 Schweinsteiger (5.)
2:0 Pizarro (18.)
3:0 Robben (23.)
4:0 Pizarro (28.)
5:0 Pizarro (33.)
5:1 Kalou (57.)
6:1 Kroos (66.)
München: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Schweinsteiger (67. Tymoshchuk), Martínez - Müller (61. Kroos), Robben, Ribéry (72. Shaqiri) - Pizarro
Lille: Landreau - Debuchy, Basa, Chedjou, Beria - Rozehnal (46. Mavuba), Balmont, Pedretti - Kalou (72. Martin), Roux, Payet (46. de Melo)
Schiedsrichter: Hategan
Zuschauer: 68.000 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Schweinsteiger, Ribéry, Tymoshchuk - Debuchy, Balmont, Mavuba