Dortmunds 4:3-Sieg gegen Odds Triumph der Schlafmützen
Thomas Tuchel war "entsetzt", Michael Zorc nannte es einen Albtraum und Mats Hummels sagte, er habe sich wie in einem "schlechten Film" gefühlt. Eine Anfangsphase wie im Playoff-Hinspiel für die Europa League am Donnerstagabend bei Odds BK hatte wohl noch keiner der Dortmunder zuvor erlebt.
0:1 nach 13 Sekunden, 0:2 nach 20 Minuten, 0:3 nach 22 Minuten. Das Selbstvertrauen, das der BVB aus dem 4:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach zum Bundesligastart gewonnen hatte, zerbröselte auf dem Kunstrasen in Skien.
Trainer Tuchel, dem die Erleichterung über den letztlich dann doch noch völlig verdienten 4:3-Sieg seiner Mannschaft deutlich anzusehen war, hatte sich noch am Abend an einer Analyse versucht. Der BVB sei nicht vorbereitet gewesen "auf das, was am Anfang stattgefunden hat". Er sei entsetzt gewesen, "wie einfach das ging, gegen uns Tore zu erzielen. Wir haben viel zu einfach Flanken zugelassen."

Ein Problem, das Tuchel mit seiner Aufstellung selbst heraufbeschworen hatte. Gonzalo Castro begann als Rechtsverteidiger, Matthias Ginter in der Abwehrmitte, Sven Bender im defensiven Mittelfeld und Roman Weidenfeller im Tor. Beim ersten Gegentreffer störte Castro seinen Gegenspieler Rafik Zekhnini nicht bei der Ballannahme und ließ ihn dann auch noch weglaufen und flanken. In der Mitte demonstrierten Ginter und Hummels das, was der BVB-Kapitän treffend mit Schlafmützigkeit beschrieb.
Hummels und Castro verloren auch beim 0:2 ihre Zweikämpfe oder kamen gar nicht erst so weit. Bender schaffte es nicht, die schnellen Angriffe der Norweger zu unterbinden - und Weidenfeller sah beim Freistoßgegentor zum 0:3 ein bisschen wie ein Tourist am Badestrand aus, der sich beim Beachvolleyball zum ersten Mal im Pritschen versucht.
So schlecht die Abwehr ins Spiel fand, so gut funktionierte oft das Angriffsspiel. Auch ohne den geschonten Marco Reus spielten Henrich Mchitarjan, Shinji Kagawa und Pierre-Emerick Aubameyang reihenweise Chancen heraus. Dass daraus nicht reihenweise Tore resultierten, ist eine alte BVB-Schwäche.
"Wir hatten so viele hochkarätige Chancen. Unglaublich."
"Wir konnten uns erst sicher sein, dass es wirklich ein Tor ist, als der Ball auch drin war", sagte der Trainer: "Wir hatten so viele hochkarätige Chancen. Unglaublich. Allein die vier Aluminiumtreffer. Wir hätten deutlich höher gewinnen können, aber dann hätten wir zu Beginn auch deutlich besser verteidigen müssen."
Um das wenigstens nach der Pause zu schaffen, stellte Tuchel zur zweiten Hälfte um, Sokratis verteidigte neben Hummels, Ginter übernahm auf rechts, dafür musste Castro vom Platz - der Zugang von Leverkusen dürfte sich als Verlierer des Abends fühlen. Zumal Odds kaum noch zu Chancen kam. Vor allem, weil der Außenseiter "am Ende völlig platt war", wie Hummels feststellte. Dazu trug der BVB mit seinem Spiel nach der Pause bei. Tuchel hatte seiner Mannschaft aufgetragen, den Ball schneller laufen zu lassen und den ganzen Platz zu nutzen. Der Gegner sollte sich quälen müssen, der Plan ging auf, die Räume auch.
Tuchel habe seinen Spielern in der Pause gesagt: "Wer das nächste Tor schießt, gewinnt das Spiel", sagte Zorc. Keine zwei Minuten nach Wiederanpfiff traf Kagawa zum 2:3, der Widerstand der Norweger war gebrochen.
"Wir sind in der Lage, uns zu schütteln und mit Rückschlägen umzugehen. Nach einem 0:3 noch zu gewinnen, ist nicht selbstverständlich", sagte Tuchel. Die Art und Weise, wie sich sein Team diese Rückschläge eingebrockt hat, dürfte ihm aber noch länger zu denken geben.
Odds BK Skien - Borussia Dortmund 3:4 (3:1)
1:0 Samuelsen (1.)
2:0 Nordkvelle (19.)
3:0 Ruud (22.)
3:1 Aubameyang (34.)
3:2 Kagawa (47.)
3:3 Aubameyang (76.)
3:4 Mchitarjan (84.)
Skien: Rossbach - Grögaard, Hagen, Bergan, Ruud - Jensen, Samuelsen (57. Berg), Nordkvelle - Occean (77. Flo), Zekhnini, Bentley (65. Halvorsen)
Dortmund: Weidenfeller - Castro (46. Sokratis), Ginter, Hummels, Schmelzer - Sven Bender (68. Weigl), Gündogan - Kampl (63. Ramos), Kagawa, Mchitarjan - Aubameyang
Schiedsrichter: De Sousa (Portugal)
Zuschauer: 12.436
Gelbe Karten: Jensen -