Dortmund im Achtelfinale der Champions League Zurück vom Ende der Welt – mit neuen Sorgen

Nach der Hinspielniederlage bei Lazio drohte eine kurze Champions-League-Saison für den BVB. Jetzt steht man im Achtelfinale, hat aber neben Erling Haaland womöglich weitere Leistungsträger zu ersetzen.
Aus Dortmund berichtet Marcus Bark
Droht auszufallen: BVB-Anführer Mats Hummels

Droht auszufallen: BVB-Anführer Mats Hummels

Foto: LEON KUEGELER / REUTERS

Möglicherweise wird Lucien Favre seine Meinung noch mal ändern. Es dauert noch ein paar Tage, bis Borussia Dortmund am kommenden Dienstag das abschließende Gruppenspiel der Champions League bei Zenit St. Petersburg bestreiten wird. Ein Sieg gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten würde immerhin 2,7 Millionen Euro auf das coronagebeutelte Konto bringen und den Gruppensieg. Aber weder das eine noch andere übte knapp eine Woche einen Reiz auf den Trainer des BVB aus. »Der erste Platz ist nicht relevant«, sagte Favre nach dem 1:1 gegen Lazio Rom, »nur die Qualifikation für das Achtelfinale zählt.«

Es gefiel ihm, gleich zweimal auf »das Ende der Welt« hinzuweisen, das er nach der 1:3-Niederlage im Hinspiel und einer ganz schwachen Leistung von den Medien ausgerufen sah. Damals hatte Favre versprochen, dass »wir weiterkommen«, nun hatte er das Versprechen gehalten und süffisant angemerkt: »Lazio ist noch nicht qualifiziert.« 

Ein Thema war damit durch, ein anderes wird die Dortmunder in den kommenden Wochen umso mehr beschäftigen. Erling Haaland fällt wegen eines Muskelfaserrisses »bis Anfang Januar« aus, wie Favre sagte. Mindestens in vier Bundesligaspielen und der Partie im DFB-Pokal bei Eintracht Braunschweig wird der Stürmer fehlen, der in 13 Pflichtspielen der Saison 16 Treffer erzielte. Der zweitbeste Torschütze des BVB in der Bundesliga wird vielleicht auch ausfallen. Er ist aber aus einem anderen Grund viel wichtiger, denn Mats Hummels ist der Abwehrchef, der in konstant guter Form ist. Hummels führt das Wort auf dem Platz. Er lobt, teilt ein, baut auf, auch das Spiel.

Kurz vor dem Ende der Partie gegen Lazio ging der Innenverteidiger zu Boden und deutete sofort an, dass er ausgewechselt werden müsse. »Wir hoffen, dass es nur ein Schlag auf den Fuß war und schnell wieder geht«, sagte Sportdirektor Michael Zorc. Hummels meldete sich nach Mitternacht bei Instagram. Er komme gerade aus dem Krankenhaus, und es sehe so aus, als sei es »nicht so schlimm«. Er glaube, schon sehr bald wieder auf dem Platz stehen zu können. Genaueres könne er aber erst nach weiteren Untersuchungen sagen.

Mit Raphaël Guerreiro war zuvor schon der Torschütze gegen Lazio ausgewechselt worden. »Er hat etwas gespürt«, so der Trainer, der dabei auf den hinteren Oberschenkel deutete. Haaland, Hummels, Guerreiro – die drei Säulen der Mannschaft brechen möglicherweise für das Spiel am Samstag bei Eintracht Frankfurt gemeinsam weg. 

Bei Haaland ist die längere Pause sogar Gewissheit. Bei der Frage, wie Favre den Verlust auffangen will, wiederholte er seine Aufzählung, die schon häufig zu hören war. Julian Brandt könne »als falscher Stürmer« spielen, auch Marco Reus und Thorgan Hazard seien »vorne Optionen«.  

Gegen Lazio wechselten Reus und Hazard sich häufig im zentralen Angriff ab. Hazard fiel durch eine schöne Vorarbeit zum Führungstreffer auf, Reus durch einige Pässe, mit denen er das Spiel beschleunigte. Er selbst verlor jedoch nahezu alle Laufduelle. Sein Zweikampfverhalten, sein Anlaufen der Gegner – das ist qualitativ deutlich schlechter als das eines Haalands. Auch Brandt hat hier deutliche Defizite, Hazard ist in diesen Punkten solide.  

Der BVB darf froh sein, dass Youssoufa Moukoko inzwischen 16 Jahre und ein paar Tage alt ist. So hat die Borussia einen Mittelstürmer klassischer Prägung im Kader, der technisch vielleicht sogar ein bisschen weiter als Haaland ist, weil die Diskrepanz zwischen starkem und schwachem Fuß nicht so groß ist. »Wir werden sehen, was mit Youssoufa ist«, sagte Favre auf die Frage, ob Moukoko in den kommenden Wochen auch in der Startelf zu finden sein wird.

Fünf Auswärtsspiele bis Weihnachten

Fünf Auswärtsspiele – bei Eintracht Frankfurt, Zenit St. Petersburg, Werder Bremen, dem 1. FC Union Berlin und Eintracht Braunschweig – sowie die Partie gegen den VfB Stuttgart stehen für den BVB bis Weihnachten an. Vor einer Woche sah es noch aus, als könnten die Dortmunder das Programm erfolgreich bewältigen und dabei die Belastung aufgrund eines ausgeglichenen Kaders weitestgehend gerecht verteilen. Dann kam die Niederlage gegen den 1. FC Köln, bei der Spieler wie Brandt und Alex Witsel zeigten, dass ihre Form nicht stimmt. Dazu verletzte sich mit Thomas Meunier ein Profi, den Favre gern in der Mannschaft hat. Außerdem zeigte sich durch sein Fehlen noch einmal sehr deutlich der Wert von Guerreiro. 

Dann Haaland, auch Emre Can fiel gegen Lazio aus, dann wieder Guerreiro, dann Hummels. Es hätte schon einen Reiz für Favre, wenn der Abwehrchef mit seiner ersten Diagnose richtig läge.

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