Dortmunder Last-Minute-Sieg gegen Hoffenheim Euphorie aus Erleichterung

Borussia Dortmund gewinnt dank eines ganz späten Tores von Erling Haaland gegen die TSG Hoffenheim. BVB-Trainer Marco Rose sieht mit ein wenig Abstand zum Glücksmoment »eine Menge Themen«, an denen zu arbeiten sei.
Aus Dortmund berichtet Marcus Bark
Dortmunder Spieler nach dem Siegtreffer

Dortmunder Spieler nach dem Siegtreffer

Foto: Marius Becker / dpa

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Es war für einen Abend im August ziemlich kühl. Die Steppjacke, die Marco Rose trug, war angebracht. In der 93. Minute zog er sie jedoch aus. Gleich zweimal war der Trainer von Borussia Dortmund in den Genuss ekstatischen Jubels gekommen. Zunächst sprang er nach dem 3:2-Siegtreffer von Erling Haaland in der Nachspielzeit wild umher, dann nochmals, nachdem die etwas längere Prüfung des Videoassistenten ergab, dass keine Abseitsstellung vorgelegen hatte.

Dass der Videoassistent kurz danach eine mögliche Tätlichkeit prüfte, wurde auf der Anzeigetafel eingeblendet. Aber sowohl die 25.000 Zuschauer im Stadion als auch jene an den Bildschirmen rätselten über den Anlass. Die Unschuldsmiene von Haaland und Proteste der Hoffenheimer deuteten darauf hin, dass es wohl den norwegischen Stürmer getroffen hätte. Aber auch diese Prüfung verlief zum Gefallen der Dortmunder, und so stellte Rose fest, dass sich die Fans des BVB »ein schönes Wochenende« machen könnten.

Ihm dürfte das auch gelingen, denn der knappe Erfolg nach einer spannenden wie spektakulären Schlussphase erspart ihm ein paar Fragen und erleichtert die Arbeit in der folgenden Länderspielpause.

Dortmunds Trainer Marco Rose

Dortmunds Trainer Marco Rose

Foto: nordphoto GmbH / Treese / imago images/Nordphoto

»Wenn wir kein Ergebnis bekommen, wird es schon ein bisschen ungemütlich«, hatte Rose vor dem Spiel geunkt, zwar mit ironischem Unterton, aber doch in dem Bewusstsein, dass vier oder gar nur drei Punkte aus Spielen gegen Eintracht Frankfurt, beim SC Freiburg und gegen Hoffenheim deutlich unter den Erwartungen gewesen wären.

Dank einer »Gesamtwillensleistung des Teams« habe der BVB nach dem 2:2-Ausgleich in der 90. Minute noch mal zugeschlagen. Das war ein netter Versuch von Rose, das Lob gleichmäßig zu verteilen, aber der Wille und die Wucht von Haaland, die seinem Schuss unter die Latte vorausgingen, waren herausragend und letztlich entscheidend.

Haaland zündet spät

Sehr spät bestätigte der Mittelstürmer damit seinen Ruf, nachdem er zuvor eher mäßig aufgelegt war. Gute Aktionen wie sein präziser und scharfer Direktpass in den Lauf von Marco Reus wechselten sich ab mit Kopfbällen ohne Druck und schlechtem Timing beim Absprung.

Haaland ging es wie den meisten seiner Mannschaftskollegen: Es passte einiges, aber längst nicht alles. Kapitän Reus leitete zwei Tore ein, vergab aber auch beste Chancen und griff vor dem zwischenzeitlichen 1:1 der Hoffenheimer nur zögerlich ein.

»Viel zu passiv«, kritisierte Rose, meinte allerdings nicht nur Reus, sondern die gesamte Mannschaft in einer Phase, in der man »völlig die Kontrolle verloren« habe.

Ein souveränes Weiterkommen im DFB-Pokal beim Drittligisten SV Wehen Wiesbaden, eine verdiente Niederlage im Supercup gegen den FC Bayern München und sechs Punkte aus drei Bundesligapartien gegen Mannschaften aus der Mittelklasse sind die ablesbare Bilanz von Marco Rose an seinem neuen Arbeitsplatz.

Mängelliste Standards und Aggressivität

Dazu kommen mindestens zwei Gegentore in jedem der vergangenen vier Pflichtspiele. Die erklären sich aus der weiterhin vorhandenen Schwäche beim Abwehren von Standardsituationen. Außerdem fehlt es häufiger im Verteidigungsdrittel an der Aggressivität, mit der weiter vorn in vielen Situationen der Ball gewonnen wird. Im Pressing und Gegenpressing ist Rose bei seiner Arbeit schon relativ gut vorangekommen, auch die Sekunden im Angriff nach einem Ballgewinn sehen ordentlich aus.

Schwächen erkennt der Trainer im Positionsspiel, gerade bezüglich der Absicherung gegen Konter. Den Wunsch, zu jedem Zeitpunkt aktiv zu sein, auch wenn der Gegner am Ball ist, hat ihm die Mannschaft noch nicht erfüllt. »Wir haben echt noch eine Menge Themen, an denen wir arbeiten können«, sagte Rose am Freitagabend.

Die Vermeidung des T-Worts

Zuvor war er zusammen mit den Spielern vor die Südtribüne gezogen, um zu feiern und gefeiert zu werden. Euphorie aus der Erleichterung heraus war in den Gesichtern zu erkennen, auch bei den Fans.

Die heikle Anfangsphase für Rose ist halbwegs erfolgreich überstanden. Edin Terzić, der mit dem BVB als Trainer die letzten sieben Bundesligaspiele der vergangenen Saison und den DFB-Pokal gewann, sitzt nun als Technischer Direktor auf der Tribüne und dürfte froh über jedes Spiel sein, nach dem er seinen Namen nicht lesen muss.

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