Nach der Liverpool-Pleite Dortmund, nehmt euch Bayern zum Vorbild

Mats Hummels (l.) und Thomas Tuchel (r.)
Foto: Jon Super/ APEs war ein Schock. Was die Profis von Bayern München im Champions-League-Finale 1999 erlebt hatten, war wohl der schlimmste Moment ihrer Fußballkarriere. Das verlorene Endspiel gegen Manchester United mit zwei Gegentoren in der Nachspielzeit ist beim Klub bis heute unvergessen, es war ähnlich dramatisch wie die Pleite im "Finale dahoam" gegen den FC Chelsea in der Saison 2012. Dieser Text handelt zwar von Borussia Dortmund, muss aber mit Bayern München beginnen.
Denn die historischen Niederlagen der Bayern sind gleichzeitig Belege dafür, dass Teams aus schweren Rückschlägen wachsen und eine beeindruckende Kraft entwickeln können. Der FCB gewann zwei Jahre nach dem Manchester-Schock die Champions League. Auf das tragische Elfmeterschießen gegen den FC Chelsea folgte ein Jahr später der CL-Triumph gegen Borussia Dortmund. Der Klub gewann sogar das Triple - der größte Erfolg des Vereins.
Am vergangenen Donnerstag kassierte der BVB auf fast unerklärliche Weise eine ähnlich schwere Niederlage in der Europa League. Das 3:4 beim FC Liverpool bedeutete das Aus im Wettbewerb. Für Mats Hummels und Ilkay Gündogan war es nach dem Bayern-Endspiel von London die zweite schwere Niederlage auf europäischer Bühne. Der Rivale aus der Bundesliga hat gezeigt, dass solche Erlebnisse zusammenschweißen können - gelingt das auch dem BVB?
Trainer Thomas Tuchel wurde vor der Pressekonferenz gegen den Hamburger SV (High-Liveticker SPIEGEL ONLINE, 15.30 Uhr) eine ähnliche Frage gestellt, nämlich ob die Geschehnisse von Liverpool bei anstehenden Vertragsverlängerungen mit den Spitzenspielern helfen werden. "Es wäre schön. Aber ich weiß nicht, wie sehr ein solches Spiel zusammenschweißt, das werden wir erst sehen", sagte der BVB-Coach. Für Tuchel wäre die Verlängerung der Top-Spieler ein "Meilenstein" für die kommenden Aufgaben.
Gündogan wohl mit Manchester City einig
Doch es ist fraglich, ob es tatsächlich so kommen wird. Hummels wirkte nach dem verlorenen Match gegen den Ex-Trainer Jürgen Klopp genervt, mit Blick auf die vergebene Chance sogar frustriert. "Das war der realistischste Titel, der rumlag. Ehrlich gesagt habe ich geglaubt, wir holen das Ding", sagte Hummels nach der Partie: "Wir haben Schiss bekommen." Die Frage ist, wie sehr glaubt der 27-Jährige jetzt noch an Titel mit seinem BVB? Viele europäische Spitzenklubs buhlen um den Dortmunder Spielführer, bei einem anderen Verein hätte der Verteidiger möglicherweise bessere Chancen auf Pokale.

Ilkay Gündogan
Foto: Alex Grimm/ Bongarts/Getty ImagesZu diesem Entschluss soll nun Gündogan gekommen sein. Der 25-Jährige wechselt laut "Bild am Sonntag" zur kommenden Saison zu Manchester City. Vor dem Spiel gegen den HSV wollte sich der BVB nicht dazu äußern, doch es hat bereits seit Längerem Gespräche zwischen den Parteien gegeben. Der Wechsel gilt als wahrscheinlich, zumal der Nationalspieler bereits im vergangenen Sommer den Verein verlassen wollte.
Gündogan wohl so gut wie weg, Hummels genervt - wie wirkt sich das auf andere Spieler aus? Genauso wie der Vertrag von Hummels läuft auch der Kontrakt von Henrich Mchitarjan im Sommer 2017 aus. Der Armenier ist einer der großen Gewinner der BVB-Saison. Der Verein erklärte den 27-Jährigen zuletzt zwar erst für "unverkäuflich", sagte Mchitarjan-Berater Mino Raiola, doch der soll seinen Schützling bereits bei Juventus Turin angeboten haben.
Es bleibt der DFB-Pokal
Denn der Berater weiß auch, die kommende Transferperiode wird für den BVB wohl die letzte Chance sein, mit einem Verkauf von Mchitarjan eine Ablösesumme zu erzielen. Eine Vertragsverlängerung über 2017 hinaus gilt nur dann als denkbar, wenn Dortmund einen Vertrag mit deutlich verbesserten Bezügen anbietet.
Die starke Saison der Borussia wird nun angesichts der aufkommenden Personaldebatten ernsthaft auf die Probe gestellt. In der Meisterschaft wird auch ein Erfolg gegen den HSV die Chancen auf den Titelgewinn nicht erhöhen - die Bayern sind zu weit weg. Es bleibt der DFB-Pokal.
Am Mittwoch kann Dortmund den Final-Einzug gegen Hertha BSC (20.30 Uhr, High-Liveticker SPIEGEL ONLINE) perfekt machen. Im Endspiel müsste man wahrscheinlich gegen die Bayern antreten. Aber ein Triumph über sie wäre ein weiteres Beispiel dafür, dass schwere Niederlagen ein Team vereinen. Und natürlich wäre der Pokalsieg der Beweis, dass man mit Dortmund Titel gewinnen kann. Das wäre wohl das beste Argument für künftige Vertragsverhandlungen.