Gladbachs Remis bei RB Leipzig Erst meisterlich, dann wenig clever

Alassane Pléa sieht Rot
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Pléa, Strobl, Neuhaus, Thuram, Strobl, Thuram, alles mit einem Kontakt. Es ging alles viel zu schnell für RB Leipzig. Gerade erst hatte sich das Team wieder einmal im Zentrum festgerannt, Alassane Pléa hatte einen Pass von Emil Forsberg abgefangen. Nach der schönen Kombination lief Marcus Thuram allein auf das Tor zu, aber Dayot Upamecano holte ihn ein, verhinderte den Abschluss (34. Minute). So war diese Szene nur fast perfekt.
Dennoch steht sie in ihrer Entstehung stellvertretend für das Gladbacher Spiel in der ersten Hälfte der Partie in Leipzig, für die hervorragende Leistung der Borussia. Die Gäste standen defensiv sicher und wurden immer wieder durch gute Balleroberungen, sicheres Kombinations- und schnelles Umschaltspiel extrem gefährlich. Manager Max Eberl sprach in Bezug auf die ersten 45 Minuten von einem "fantastischen Auswärtsspiel". Trainer Marco Rose sah eine "sehr, sehr gute erste Halbzeit".
Die Gladbacher demonstrierten, dass sie mit den besten Mannschaften der Liga mithalten, sie sogar dominieren können. Es war eine Leistung, mit der man in der Bundesliga sicherlich um die Meisterschaft mitspielen kann - sofern man sie denn auch über 90 Minuten durchhält, im Wochenrhythmus, auch auswärts, wo Gladbach zuletzt große Probleme hatte. Aber das gelang in Leipzig erneut nicht: Nach der 2:0-Pausenführung hieß es am Ende 2:2. Und so zeigte die Partie auch, dass Gladbach so weit nun doch noch nicht ist.
Zwischen ungeschickt und unclever
Denn die Borussia brachte sich gegen RB selbst um den Sieg. Es gab zu viele Szenen, in denen die Gladbacher nach der Pause ungeschickt oder gar unclever agierten. Wie zum Beispiel Yann Sommer, der eine Flanke mutig abfangen wollte, den Ball aber letztlich Patrick Schick zum Anschlusstreffer auflegte (50.). Oder wie der eingewechselte Breel Embolo, der mehrfach ohne große Not in unmittelbarer Strafraumnähe foulte und Leipzig gute Freistoßpositionen schenkte, als das Spiel nach dem Platzverweis gegen Alassane Pléa hektisch wurde.
Und ja, da war eben dieser Platzverweis gegen Pléa.
Der Franzose beschwerte sich nach einem Zweikampf vehement beim Schiedsrichter, dass er keinen Freistoß bekommen hatte und sah zunächst Gelb. Pléa beruhigte sich auch nach der Verwarnung nicht, meckerte weiter, reklamierte und musste schließlich mit Gelb-Rot vom Platz (61.).
Nach dem Spiel herrschte die breite Meinung, der Platzverweis sei übertrieben gewesen. Jonas Hofmann wünschte sich "mehr Fingerspitzengefühl", fand die Entscheidung "viel zu hart". Eberl schloss sich an: "Bei einem Spieler, der gerade in einem emotionalen Spiel ist, ein Foul gegen sich nicht gepfiffen bekommt, eine Gelbe Karte bekommt, muss man nicht zwölf Sekunden später eine zweite Gelbe Karte ziehen." Selbst Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann sagte, er hätte Gelb-Rot "nicht zwingend gegeben".
Nun sind die Unparteiischen allerdings seit der Rückrunde angehalten, Proteste strenger zu bestrafen. Das betrifft zum Beispiel Situationen, in denen Spieler auf den Schiedsrichter zurennen oder zu stark reklamieren. Das dürfte auch Pléa bekannt sein. Und damit ist sein Verhalten ganz unabhängig von der Frage, ob zuvor ein Foul vorlag, fahrlässig; eben wenig clever. Besonders, weil er mit seinem Platzverweis die Gladbacher Spielidee unmöglich machte, die in der ersten Hälfte noch so ausgezeichnet funktioniert hatte.
Gladbach beraubt Leipzig seiner Stärken
Mit einer Dreierkette, die bei Leipziger Ballbesitz zu einer Fünferkette wurde, und zwei defensiven zentralen Mittelfeldspielern ließ Gladbach den Leipzigern keine Räume, um ihr gutes Kurzpassspiel aufzuziehen - vor allem weil die Gäste sehr aufmerksam und zweikampfstark auftraten. Durch die Breite in der Gladbacher Fünferkette gab es für Leipzig auch kaum Möglichkeiten, das eigene Tempo auf den Außenpositionen zu nutzen. Die Systemumstellung der Gäste raubte dem Gegner all seine Stärken.
Gleichzeitig sorgten die drei Angreifer Hofmann, Thuram und Pléa mit ihrem Tempo immer wieder für Gefahr, wie bei dem tollen Kombinationsspiel zum 1:0 (24.). Durch hohes Anlaufen zwangen sie Leipzig zu Fehlern, wie beim 2:0 durch Hofmann (35.).
Aber genau das fehlte nach dem Platzverweis. Gladbach verlor zwar defensiv nicht die Ordnung, ließ weiter kaum Chancen zu. Aber mit einem Offensivspieler weniger gab es weder Entlastung durch eigene Angriffe noch ein vernünftiges Pressing. Leipzig hatte nun fast durchgehend den Ball, erhöhte stetig den Druck, bis zum Ausgleich durch Christopher Nkunku (89.).
So blieb Gladbach auch im fünften Auswärtsspiel in Folge ohne Sieg, verpasste den Sprung auf Platz zwei. Die Borussia ist Vierter und liegt drei Punkte hinter Tabellenführer Bayern. "Wir wollen gerne da oben mitmischen", sagte Rose nach dem Spiel. Langfristig gelingt das aber nur, wenn Gladbach Leistungen wie in der ersten Hälfte in Leipzig auch regelmäßig auswärts abruft - und über 90 Minuten.