Kann Gladbach Bayern schlagen? Die letzte Hoffnung der Liga

Gladbacher Raffael, Teamkollegen: Letzte Chance 2015
Foto: imagoErleidet Josep Guardiola in seinem dritten Bayern-Jahr doch noch die erste Hinrundenniederlage? Als Bayern zuletzt ein Bundesligaspiel vor der Winterpause verlor, im Oktober 2012, war Jupp Heynckes noch Trainer. Nach Gladbach heißen die verbleibenden Gegner des FC Bayern vor Weihnachten Ingolstadt und Hannover. Gladbach könnte die letzte Hoffnung für die Liga sein. Aber hat die formstarke Borussia, unter André Schubert in der Bundesliga noch unbesiegt, eine echte Chance?
Zu den herausragenden Qualitäten der Münchner zählt neben der individuellen Qualität der Spieler die extreme Flexibilität von Guardiola. In den vergangenen 99 Pflichtspielen änderte der Trainer jedes Mal die Startformation. Aber selbst, wenn man sich auf die Anfangself richtig eingestellt hat, gibt es keinen zweiten Coach auf der Welt, der so gut in der Lage ist, mit kleinen Anpassungen das Spiel in die richtige Richtung zu lenken.
Offensichtliche Schwachstellen hat das Bayern-Spiel nicht. Dennoch haben es mit Arsenal und Eintracht Frankfurt in dieser Saison zwei Teams geschafft, gegen die Münchner zu punkten. Ihr Erfolg gibt Anhaltspunkte, wie es auch für die Borussia klappen könnte. Sowohl Arsenal als auch die Eintracht setzten auf recht tiefe, kompakte Defensivbollwerke. Die Londoner konterten dann sehr gefährlich und kamen so zusätzlich zu ihren beiden Toren auch noch zu zwei Riesenchancen, die Manuel Neuer alles abverlangten. Frankfurt spielte von Beginn an nur auf 0:0, ohne einen belastbaren Plan für die eigene Offensive zu haben.
Sieht man sich die statistischen Werte der beiden einzigen Punktspiele an, in denen Bayern kein Tor erzielt hat, so springt eine Zahl ins Auge: Sowohl Frankfurt als auch Arsenal ließen jeweils "nur" neun Abschlüsse der Bayern aus dem Strafraum zu. Einzig Mainz gestattete in dieser Saison noch weniger Schüsse aus dem Sechzehner gegen München.
Mit mehr als neun Abschlüssen aus dem Sechzehner hat Bayern jedes Spiel gewonnen. Es geht also nicht zuletzt darum, die Qualität der Münchner Chancen soweit wie möglich zu reduzieren. Die in Deutschland aktuell viel beschworene "Kompaktheit gegen den Ball" alleine reicht dafür nicht aus. Auch der BVB stand in München kompakt, also mit geringen Abständen zwischen Angreifern und Abwehr, wenn der Gegner das Spiel aufbaute. Zwar können so Pässe in den Zwischenlinienraum verhindert werden, aber wenn dann ein Innenverteidiger wie Jérôme Boateng ungehindert lange Bälle hinter die Kette schlagen kann, hilft das wenig. Bälle hinter die Kette wiederum kann man mit tieferer Grundordnung verhindern.
Tief zu stehen und "seine Ordnung zu halten", das war aber auch Gladbachs Devise in Dortmund im August, noch unter Lucien Favre. Damals leitete Mats Hummels aus der Gladbacher Hälfte unbedrängt zwei Passkombinationen ein, die zu Toren führten, weil die tief stehenden Borussen keinen Druck auf ihn ausüben konnten. Inzwischen gibt es immerhin zwei Faktoren, die es Gladbach erlauben, auch gegen spielerisch überlegene Gegner besser zu verteidigen.
1) Generell bewegen sich die Gladbacher Spieler gegen den Ball flexibler als noch unter Favres rigidem Konzept. So lassen sich auch unerwartete Spielsituationen besser verteidigen, es fällt dem Gegner schwerer, Räume zu öffnen. Ein Paradebeispiel dafür war das 0:0 bei Juventus in der Champions League - wenn auch um den Preis eigener Harmlosigkeit nach vorne.
2) Die wichtigste personelle Maßnahme, die Schubert nach seinem Amtsantritt vornahm, bestand darin, Lars Stindl aus dem Mittelfeld in den Angriff zu schieben. Als Sturmpartner von Raffael glänzt der Zugang aus Hannover seither. Das hat es Schubert außerdem ermöglicht, den frei werdenden Platz im Mittelfeld mit Mahmoud Dahoud zu besetzen. Unter Favre stand Dahoud nur einmal in der Anfangself, unter Schubert in der Bundesliga und der Champions League immer.
Dahoud nimmt als Partner von Gladbachs Schlüsselspieler Granit Xhaka eine flexible Rolle ein und zeigt sich in jungen Jahren schon erstaunlich gut darin, die Spielsituation richtig zu lesen und entsprechend zu handeln. Gegen Bayern kann das spielentscheidend sein. Stindl wiederum orientiert sich oft nach hinten, wird aber gegen Bayern auch zentral dafür sein, Boateng am Spielaufbau zu hindern.
Das sind wohlgemerkt Ansätze, mit denen man Gegentore verhindert, noch keine Siegrezepte. Im Angriffsspiel geht es für Gladbach darum, gut und sauber zu kontern, was voraussetzt, dass man nach Ballgewinnen das überragende Gegenpressing der Bayern überwindet. Bitter ist für Schubert in dieser Hinsicht, dass ihm seine beiden schnellen Außenspieler André Hahn und Ibrahima Traoré wegen Verletzungen nicht zur Verfügung stehen.
So werden wohl Fabian Johnson und Josip Drmic für die Konter infrage kommen. Diese beiden dürften aber alle Hände damit zu tun haben, ihre Hintermänner, die beiden Außenverteidiger, gegen Bayerns Angriffe über die Außen zu unterstützen. Das Zentrum zu verteidigen, das könnte Gladbach dank Stindl, Xhaka und Dahoud gelingen. Ob das gegen Bayern reicht, ist aber fraglich.