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Hinrundenanalyse: Die Tormuster der Bundesligisten

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Hinrundenanalyse Die Tor-Formel der Bundesliga

Wer sind die wahren Schlüsselspieler ihrer Mannschaften? Und wie genau erzielen die Bundesligisten ihre Treffer? Hier kommt die große Bundesliga-Analyse.

Dieser Text ist Teil des Sportdatenprojekts, das SPIEGEL ONLINE gemeinsam mit der TU München und dem Institut für Spielanalyse betreibt. Es wird im Rahmen der Digitalen Nachrichten Initiative von Google gefördert.

Robert Lewandowski beim FC Bayern, Pierre-Emerick Aubameyang beim BVB - die Antwort auf die Frage, wer bei den Bundesligisten die Spielentscheider sind, scheint klar. Wer die meisten Treffer erzielt, ist der Star, der Vorlagengeber hat die Nebenrolle inne. Doch was ist mit dem dritten Teamkollegen, der durch seinen Laufweg die entscheidende Lücke reißt? Was ist mit dem Spieler, der den Pass vor dem Assist gibt? Diese Teilhabe an einem Tor wird von den meisten Zuschauern übersehen, sie tauchen auch in keinem Ranking auf. Bis jetzt.

Das Institut für Spielanalyse hat sämtliche Partien der Bundesligahinrunde ausgewertet. Ein Teil seiner Untersuchung beschäftigt sich mit jenen Torbeteiligungen. Es fließen darin harte Fakten ein, Tor und Vorlage also, aber zudem auch entscheidende Laufwege, das Blocken von Gegenspielern bei Standardsituationen und Pässe in der Entstehung eines Treffers. Das Resultat ist eine erweiterte, aussagekräftigere Scorererliste.

Wir haben sie dreifach unterteilt:

1. Die Tabelle der gefährlichsten Bundesligaprofis Hier werden alle Torbeteiligungen addiert. 16 Hinrundentoren erzielte Dortmunds Aubameyang, ein Fabelwert, an den niemand in der Liga heranreicht. Im erweiterten Ranking kommen zu seinen 16 Treffern jedoch nur zwei hinzu. Dadurch verliert der Stürmer die Spitzenposition - und rutscht auf den dritten Rang ab.

2. Die Tabelle der Schlüsselspieler ihres Teams Hier werden die Torbeteiligungen ins Verhältnis zu den insgesamt erzielten Teamtoren gesetzt. Und Aubameyang? Taucht gar nicht mehr in den Top 15 auf. Er hatte zwar Anteil an 49 Prozent der 37 BVB-Treffer. Ein sehr guter Wert. Und doch war Dortmund längst nicht so abhängig von Aubameyang wie etwa Werder Bremen von Serge Gnabry (52 Prozent).

3. Die Tabelle der effizientesten Bundesligaspieler Hier werden die Torbeteiligungen in Relation gesetzt zur Spielzeit. Leipzigs Emil Forsberg führt das Ranking an, er ist im Schnitt alle 49,4 Minuten an einem Treffer beteiligt. Dass dahinter manche Überraschung auftaucht, liegt auch an der mitunter geringen Spielzeit mancher Profis. Bremens Aron Jóhannsson etwa stand nur 219 Minuten lang auf dem Platz, war dabei aber an vier Toren beteiligt: einmal traf er selbst, einen Treffer legte er auf, zweimal eröffneten seine Laufwege entscheidenden Raum für den Mitspieler.

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Die Mär von der Konterliga

Bayerns Ex-Trainer Josep Guardiola wurde während seiner dreijährigen Amtszeit in München nicht müde, zu betonen, dass die Bundesliga die Heimat der weltbesten Kontermannschaften sei. Die Analyse der 408 Hinrundentore ergibt ein anderes Bild. Bei der Mehrheit der Treffer wurde die gegnerische Abwehr keinesfalls kalt erwischt. 237-mal war die Defensive geordnet, als sie ein Tor kassierte, das entspricht 58 Prozent. Den übrigen Toren gingen Standardsituationen (26 Prozent) oder Konteraktionen (16 Prozent) voraus.

16 Prozent? Dafür, dass die taktische Entwicklung der Bundesliga geprägt wurde durch Umschaltfußball -Verfechter wie Ralf Rangnick und Jürgen Klopp, erscheint der Wert niedrig. Zwei Erklärungsansätze: Zum einen kommt der Wert durch die Art der Definition zustande. Kriterium für ein Umschalttor ist, ob der gegnerische Defensivverbund geordnet ist oder nicht. Feste Kriterien dafür sind die Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung der Abwehrspieler und die Abstände zwischen den Reihen. Die Dauer des Angriffs und die Zahl der beteiligten Spieler sind unerheblich.

Der zweite Erklärungsansatz geht so: Die Bundesligisten sind vor lauter Konter und Gegenkonter besonders vorsichtig. Viele Mannschaften denken beim Angriff schon das Verteidigen mit. Entweder indem sich gar nicht erst viele Spieler in die Offensive einschalten, weil sie fürchten, für ihren Mut bestraft zu werden. Oder indem sie sich den eigenen Ballverlust zunutze machen, weil sie ins Gegenpressing gehen, also unmittelbar den Versuch starten, den Ball zurückzuerobern.

Das virtuelle Spielfeld von SPIEGEL ONLINE zeigt ein Beispiel für erfolgreiches Gegenpressing aus der Hinrunde.

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Nicht umsonst zeigt das Beispiel eine Szene aus einem Dortmund-Spiel. 17 Tore hat der BVB mittels Gegenpressing erzielt, mehr als jeder andere Klub. Das hat Tradition bei der Borussia, schon Jürgen Klopp nutzte dort dieses Mittel. Trainer Thomas Tuchel setzt das fort. Auch beim FC Schalke spielt Gegenpressing eine wichtige Rolle, was nicht verwundert, denn Trainer Markus Weinzierl war bereits bei seiner vorigen Station in Augsburg ein Verfechter der schnellen Ballrückeroberung.

Bei gut einem Viertel (92 von 408) aller Hinrundentore spielte Gegenpressing eine Rolle. Durchschnittlich vergingen nach der Rückeroberung des Balls und dem Treffer 4,1 Sekunden. Setzt man den Anteil der Gegenpressingtreffer in Relation zur Gesamtzahl der Teamtore, ergibt sich eine Rangliste der Bundesligisten.

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Wo Bayern hinter Schalke steht: Das Gegenpressing-Ranking

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Aus all den Daten um Laufwege, Ballbesitzphasen, Störquoten und Schlüsselspielern ergibt sich eine Tor-Formel für die 18 Bundesligisten. Bayern München trifft vor allem nach offensiven Phasen. RB Leipzig überrumpelt seine Gegner oft schon kurz nach dem Anpfiff. Beim VfL Wolfsburg ist ein Defensivspieler an den meisten Toren beteiligt. Und bei Darmstadt 98 geht aus dem Spiel heraus kaum etwas.

So sieht der typische Treffer der Bundesligisten aus - klicken Sie sich durch die Fotostrecke.

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Hinrundenanalyse: Die Tormuster der Bundesligisten

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Das Institut für Spielanalyse arbeitet seit 2010 in der Nahtstelle zwischen Sportwissenschaft und Sportspielpraxis. Für SPIEGEL ONLINE kommen während der Bundesligasaison 2016/2017 die Musteranalysen des Instituts regelmäßig zum Einsatz.

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