
Bayer 04 vor der Bundesliga-Saison Endlich wieder Vizekusen (mindestens)
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- • Bayer Leverkusen: Am seidenen Faden
Ja-Cheol Koo hatte gerade sein drittes Tor geschossen: 25. Spieltag, vergangene Saison, Bayer Leverkusen lag gegen den FC Augsburg 0:3 zurück. Alles sah nach der vierten Bundesliga-Pleite in Folge aus, und Trainer Roger Schmidt, damals wegen des peinlichen Schiedsrichter-Zoffs mit Felix Zwayer gesperrt, drohte die Entlassung.
Es kam anders.
Leverkusen startete eine beeindruckende Aufholjagd, erreichte noch ein 3:3 dank eines Elfmetertors von Hakan Calhanoglu in der Nachspielzeit. Es folgten in den abschließenden neun Liga-Spielen weitere acht Siege, sieben davon in Folge - nur die Bayern holten in diesem Zeitraum noch einen Punkt mehr. Seit dem 5. März in Augsburg ist das Team nicht mehr wiederzuerkennen.
Und auch ein Meisterkandidat für die kommende Saison, das glaubt zumindest Hertha-Trainer Pál Dárdai: "Das ist eine gefährliche Mannschaft mit schnellen Spielern und einem guten Trainer", so die Erklärung zu seinem Meistertipp. Dazu kommt der starke Schlusstrend der abgelaufenen Spielzeit und ein selbstbewusster Coach. Schmidt kündigte Anfang Juli die beste Saison unter seiner Regie an. Endlich Meister?
"Vizekusen" wäre ein Erfolg
Leverkusen gewann in seiner Vereinsgeschichte noch nie die Liga. Es wäre überraschend, wenn sich das mit der kommenden Saison ändern würde, die Dominanz des FC Bayern ist mit den weiteren Verstärkungen in Person von Mats Hummels und Renato Sanches wahrscheinlich noch größer geworden. Doch Leverkusen könnte etwas gelingen, was ihnen seit der Spielzeit 2010/2011 nicht mehr gelungen ist, etwas, womit sie um die Jahrtausendwende bekannt geworden sind. Der Klub und die Fans mögen diesen Ruf zwar nicht sonderlich, doch diesmal würde er als großer Erfolg gewertet werden: Bayer könnte endlich wieder "Vizekusen" werden.
Dass am Ende nicht Borussia Dortmund Bayerns ärgster Verfolger sein wird, sondern Leverkusen, ist durchaus denkbar. Während der BVB seine Mannschaft mit acht Zugängen und Abgängen der Leistungsträger Hummels, Henrich Mchitarjan und Ilkay Gündogan komplett umkrempelte, kann Bayer auf ein eingespieltes Team setzen. Trainer Schmidt hat bis auf den in Leverkusen ohnehin nicht allzu geschätzten Christoph Kramer keinen Spieler abgegeben. Ömer Toprak, Chicharito oder Karim Bellarabi - Rudi Völler ließ die Konkurrenz reihenweise abblitzen.
Der Sportdirektor und Manager Jonas Boldt haben ganze Arbeit geleistet, auch weil sie den Kader mit Kevin Volland und Julian Baumgartlinger sinnvoll verstärkten. Beide haben ihre Bundesliga-Tauglichkeit in Hoffenheim und Mainz über Jahre nachgewiesen.
Endlich gesund: Aránguiz ist Leverkusens stärkster "Zugang"
Dazu muss man Charles Aránguiz beinahe auch als Zugang betrachten. Im vergangenen Jahr fiel der 27-Jährige mit einer schweren Verletzung monatelang aus. Wie stark der Mittelfeldspieler ist, bewies er in seinen fünf Startelfeinsätzen zum Saisonabschluss mit zwei Toren und zwei Vorlagen. Der Copa-América-Sieg mit Chile dürfte Aránguiz noch eine Portion Selbstvertrauen mitgegeben haben. Mit Aleksandar Dragovic von Dynamo Kiew steht zudem ein weiterer talentierter Verteidiger auf der Einkaufsliste, falls Toprak doch noch gehen sollte. Und die hochveranlagten Defensivspieler Jonathan Tah (20 Jahre) und Benjamin Henrichs (19 Jahre) werden sich noch weiterentwickeln.
Im Vorjahr belegte Bayer (60 Punkte) mit deutlichem Abstand hinter Vizemeister Dortmund (78 Punkte) Rang drei. Laut Schmidt sei eine Wiederholung dieser Platzierung "eine Herausforderung". Doch der 49-Jährige wird wissen: Es ist auch mehr möglich. Dafür darf er sich auch bei seinem Trainerkollegen Joachim Löw bedanken. Der DFB-Coach strich mit Julian Brandt und Karim Bellarabi zwei wichtige Leverkusen-Stammspieler aus dem EM-Kader. Beide gehen nun ausgeruht in die neue Saison. Zwar spielt Brandt, wie auch Kapitän Lars Bender, noch bei den Olympischen Spielen (5. August bis 21. August), ein Nachtteil ist das jedoch nicht, weil beide im Team ihren festen Platz haben und noch vor dem ersten Spieltag am 27. August zurück sein werden.
Der Gegner heißt dann Borussia Mönchengladbach, ein Kräftemessen gleich zu Beginn um die Top-Platzierungen. Ein Sieg dort, und der erste Schritt zur "Vizekusen"-Rückkehr wäre getan.
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Hat das Kommando seit 2014: Trainer Roger Schmidt überstand im vergangenen Jahr eine schwere Leistungskrise. Als die Entlassung bereits als sicher galt, setzte er mit seinem Team zu einem beeindruckenden Schlussspurt an und holte aus den letzten zehn Saisonspielen 25 Punkte.
Dafür war er mitverantwortlich: Torjäger Chicharito, 17 Saisontreffer, wird auch in der kommenden für Bayer stürmen. Auf den Mexikaner wird es mehr denn je ankommen, denn Stefan Kießling ist wegen anhaltender Verletzungsprobleme nicht mehr als Stammkraft eingeplant.
Hatte einen ruhigen Sommer: DFB-Trainer Joachim Löw verzichtete bei der EM auf Karim Bellarabi. Gut für Leverkusen, denn jetzt kann der Flügelstürmer ausgeruht in die neue Saison gehen.
Bisher blitzte die Konkurrenz ab: Ömer Toprak spielt, Stand jetzt, auch in der neuen Spielzeit für Bayer 04. Der Innenverteidiger ist heiß begehrt und mit seiner Routine der Chef im Abwehrzentrum. Sollte er doch noch gehen, steht Aleksandar Dragovic (soll nach Leverkusen wechseln) als Nachfolger bereit.
Gefühlt eine Neuverpflichtung: Charles Aránguiz verpasste fast die gesamte vergangene Spielzeit wegen einer Verletzung. Zum Saisonende zeigte er sein Können (zwei Tore und zwei Vorlagen bei fünf Startelf-Einsätzen). Im Sommer wurde er mit Chile Copa-América-Sieger.
Nachfolger für Christoph Kramer (geht zu Mönchengladbach): Julian Baumgartlinger muss nach dem Kramer-Abgang so ziemlich die einzig entstandene Lücke im Bayer-Kader schließen. Der ehemalige Kapitän von Mainz 05 ist eine sinnvolle Verstärkung.
Soll ein Traumduo mit Chicharito bilden: Kevin Volland kam für knapp 20 Millionen Euro aus Hoffenheim. In der Vorbereitung soll er sich bereits ins Bayer-Team integriert haben und mit seinem mexikanischen Sturmpartner gut harmonieren.
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