HSV-Coup bei Meister Dortmund Spektakel, Tore, Diskussionen

BVB-Spieler, Schiedsrichter Gräfe: "Schon schlimmere Fehlentscheidungen gegeben"
Foto: Lars Baron/ Bongarts/Getty ImagesSo lange hat Jürgen Klopp für die Aufarbeitung eines Spiels wohl noch nie gebraucht. Dortmunds Trainer musste sich nach der 1:4-Niederlage des BVB gegen den Hamburger SV mit dem Reporter erst einmal einigen, welche Szenen zu analysieren seien. Es gab eine solche Vielzahl an diskussionswürdigen Situationen, dass die Auswahl schwer fiel.
Derzeit garantieren Spiele von Borussia Dortmund einen hohen Unterhaltungswert. Meist mit einem guten Ende für den BVB, wie am vergangenen Sonntag beim spektakulären 3:2 in Leverkusen. Es geht aber auch anders, wie die Partie am Samstagnachmittag gegen den HSV zeigte. Es war eine Begegnung, die zwar keine große Fußballkunst bot, dafür aber jede Menge Leidenschaft und Aufregung.
Und das nicht nur, weil die Hamburger für die höchste Dortmunder Niederlage seit 2009 sorgten; sondern auch, weil es zudem noch zwei rote Karten gab. Die erste sah Robert Lewandowski in der ersten Hälfte, nachdem er an der Mittellinie hart gegen Per Skjelbred eingestiegen war. Die zweite sah Hamburgs Jeffrey Bruma in der zweiten Hälfte nach einer Notbremse gegen Marco Reus.
Lewandowski und sein halbstündiges Wirken, das war eine der vielen Geschichten, die dieses aufregende Duell der beiden Traditionsclubs bot. Zuerst hatte der polnische Stürmer des BVB, der nach Informationen von SPIEGEL ONLINE in der kommenden Saison für den FC Bayern auf Torejagd gehen soll, die Gastgeber in Führung gebracht. Dabei zeigte er, was ihn so wertvoll macht: Mit beeindruckender Geschwindigkeit raste er durch die Hamburger Hintermannschaft, überholte HSV-Kapitän Heiko Westermann und überwand dann auch noch Nationaltorwart René Adler.

Bundesliga: Fünf Tore in Dortmund, sechs in Gladbach
Doch dann ließ sich der 24-Jährige zum grenzwertigen Einsteigen hinreißen, das Schiedsrichter Manuel Gräfe nach längerer Beratung mit seinen Assistenten mit einem Platzverweis ahndete. Eine harte Entscheidung, die Klopp als grenzwertig, aber vertretbar einstufte: "Es hat schon schlimmere Fehlentscheidungen gegeben, das kann man so geben."
Doch auch die Dortmunder Hintermannschaft, die nach den Ausfällen von Marcel Schmelzer und Kevin Großkreutz umgebaut werden musste, spielte ungewohnt unsouverän. Die erste (Schmelzer) und zweite (Großkreutz) Option links in der Viererkette konnten nicht auflaufen, und so wurde Sven Bender dorthin beordert. Doch das funktionierte nicht. Wie bereits bei der Heimniederlage im Revierderby gegen Schalke wurde offensichtlich, dass Dortmund nicht in der Lage ist, die defensiven Außenpositionen adäquat zu ersetzen.
HSV siegt dank Kampf, Rudnevs und Son
Mit Nuri Sahin wurde in der Winterpause ein Mittelfeldspieler verpflichtet, aber an wichtigen Stellen haben die Dortmunder Verantwortlichen den Kader nicht aufgewertet. Das rächte sich gegen den HSV, der die unverhoffte Gelegenheit nutzte und eiskalt zuschlug.
Seine Mannschaft habe ganz nach seiner Philosophie agiert, betonte Hamburgs Trainer Thorsten Fink, die da lautet: "Freude am Fußball haben und mutig nach vorn spielen." Das beherzigten die Gäste auf beeindruckende Weise und wurden durch die Tore des Letten Artjoms Rudnevs und des Koreaners Heung-Min Son belohnt, denen je zwei Treffer gelangen.
Der HSV hatte ein tolles Kampfspiel geboten - und ist in der Tabelle nun auf den fünften Platz gesprungen. Nach dem Spiel verriet Hamburgs Marcel Jansen, wie man gegen den Deutschen Meister bestehen kann: "Wenn du dich gegen Dortmund nicht versteckst, bekommst du deine Chancen. Und die haben wir genutzt."
BVB-Coach Klopp muss seine Mannschaft nun aufrichten, damit sie das Champions-League-Achtelfinale am Mittwoch im ukrainischen Donezk (20.45 Uhr Liveticker SPIEGEL ONLINE) erfolgreicher bestreiten kann. "Optimismus habe ich in diesem Moment nicht in mir", sagte Klopp. Und was muss am Mittwoch anders laufen? "Ganz einfach, wir müssen besser spielen."
Borussia Dortmund - Hamburger SV 1:4 (1:2)
1:0 Lewandowski (17.)
1:1 Rudnevs (18.)
1:2 Son (26.)
1:3 Rudnevs (62.)
1:4 Son (89.)
Dortmund: Weidenfeller - Piszczek (66. Gündogan), Felipe Santana, Hummels, Sven Bender - Kehl (65. Schieber), Sahin - Blaszczykowski, Götze, Reus - Lewandowski
Hamburg: Adler - Diekmeier, Bruma, Westermann, Jansen - Rincon - Skjelbred (74. Arslan), Aogo - van der Vaart (63. Rajkovic) - Son (90. Kacar), Rudnevs
Schiedsrichter: Gräfe
Zuschauer: 80.645 (ausverkauft)
Rote Karten: Lewandowski (Dortmund) wegen groben Foulspiels (30.), Bruma (Hamburg) nach einer Notbremse (60.)
Gelbe Karten: Götze (3) - Aogo (2), van der Vaart (4)