Eintracht Frankfurt Die passende Mannschaft zur Stadt

André Silva trifft wie kaum ein Frankfurter in der Hinrunde zuvor. Und jetzt ist auch Ex-Toptorjäger Luka Jovic zurück. Aus wenig Mitteln haben sie bei der Eintracht mal wieder ein cooles Team gebaut.
André Silva hat fast in jedem Spiel Grund zum Jubeln

André Silva hat fast in jedem Spiel Grund zum Jubeln

Foto:

Torsten Silz / dpa

Dieser Tage hat Eintracht Frankfurt die Offensivabteilung noch einmal deutlich verstärkt. Es ist ein alter Bekannter, ein Torjäger aus der Vergangenheit, einer, der dem Verein ab sofort weiterhelfen soll. Der Klub gab bekannt, dass der ehemalige Bundesliga-Torschützenkönig und Ex-Kapitän Alexander Meier als Co-Trainer der Frankfurter U19 bei den Hessen arbeiten wird.

Gleichzeitig holte der Klub auch noch Stürmer Luka Jovic zurück.

Eintracht Frankfurt ist sozusagen der Fachmann in Sachen Rückholaktion, der Verein hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht, mit Kevin Trapp und Sebastian Rode gehören zwei Heimkehrer zu den Leistungsträgern des Teams. Das ist nicht selbstverständlich, anderswo sind solche Aktionen, bei denen auch immer eine gefährliche Portion Nostalgie mitschwingt, auch mal schiefgegangen.

Ein besonderer Coup

Die Personalie Jovic ist allerdings ein besonderer Coup. Manager Fredi Bobic, der ohnehin eine gewisse Gabe entwickelt hat, mit ungewöhnlichen, man könnte auch sagen, kreativen Vertragskonstruktionen Spieler für die Eintracht zu gewinnen, gelang es, den jungen Serben nach anderthalb fruchtlosen Jahren bei Real Madrid auf Leihbasis zur Rückkehr zu bewegen. In seinem ersten Spiel schoss der 23-Jährige nach seiner Einwechslung gegen Schalke gleich mal zwei Tore.

Cheftrainer Adi Hütter und sein Heimkehrer Luka Jovic

Cheftrainer Adi Hütter und sein Heimkehrer Luka Jovic

Foto: Arne Dedert / dpa

Für die Mannschaft und ihren Trainer Adi Hütter hat der Zugang von Jovic die Optionen in der Offensive noch einmal deutlich bereichert, bisher war das Team auf die Treffsicherheit von Stürmer Andre Silva angewiesen. Wobei es in dieser Hinsicht eigentlich wenig zum Meckern gab.

Als Alleinunterhalter ist Silva in dieser Spielzeit ein Garant: zwölf Tore in 16 Hinrundenpartien und damit so viele wie in der gesamten Vorsaison. In der langen Bundesliga-Geschichte der Eintracht gab es nur zwei Spieler, die zu diesem Zeitpunkt in der Saison noch besser trafen. Vor zehn Jahren war das der Grieche Theofanis Gekas, der am 16. Spieltag schon 14 Tore auf dem Konto hatte. In der Spielzeit 2014/2015 hieß der Goalgetter mit 13 Toren, na, klar, Alexander Meier.

»André ist ein Top-Profi«, sagt Bobic dem SPIEGEL. »Er ist technisch unglaublich stark und hat einen sehr guten Abschluss«,

Silva, 25 Jahre alt, hat schon ein paar Lehr- und Wanderjahre hinter sich. Der AC Mailand war er 2017 38 Millionen Euro wert, als der Klub ihn vom FC Porto verpflichtete. Geadelt wurde Silva damals durch Cristiano Ronaldo, der ihn als einen seiner Nachfolger im portugiesischen Team anpries, die Ablösesumme dürfte er damit nicht unbedingt gesenkt haben.

Kaltblütig vom Elfmeterpunkt

In Mailand wurde er dennoch oder vielleicht deswegen nicht glücklich, der Erwartungsdruck auf den Spieler war enorm, der Milan-Kader in dieser Zeit unausgewogen besetzt. Silva blieb bei seinen Auftritten in der Serie A blass und wurde schon nach einem Jahr an den FC Sevilla ausgeliehen. Es sind genau solche Kandidaten in solchen Situationen, bei denen Bobic beginnt, genauer hinzuschauen. Weil die Eintracht keine großen Transfersummen zahlen kann, entwickelte er auch für Silva zunächst ein Leihmodell: Und ein Spieler, der eigentlich zu begehrt und zu gut für Eintracht Frankfurt ist, kam auf diese Weise in die Bundesliga.

»Vielleicht kann er mit klaren Torchancen noch besser umgehen und dadurch noch effektiver werden. Aber wir sprechen hier schon von einem sehr hohen Niveau«

Trainer Adi Hütter über Adnré Silva

»Körperlich in einer sehr guten Verfassung, immer anspielbar und gerade im Strafraum brandgefährlich«, sagt Trainer Hütter über Silva. Schwächen? Eventuell das Kopfballspiel, sagt Bobic. Und auch Hütter fällt noch was ein: »Vielleicht kann er mit klaren Torchancen noch besser umgehen und dadurch noch effektiver werden. Aber wir sprechen hier schon von einem sehr hohen Niveau«, so der Trainer gegenüber dem SPIEGEL. Dass er fast die Hälfte seiner Tore in dieser Spielzeit per Strafstoß erzielt, schmälert die Qualitäten des Torjägers überhaupt nicht, findet Hütter. Im Gegenteil: Dass er »ein kaltblütiger und sicherer Elfmeterschütze ist«, sei explizit eine Stärke. In dieser Hinsicht fühlt sich Hütter an Robert Lewandowski erinnert.

Auch dank der Treffer Silvas hat es die Eintracht mittlerweile bis auf Platz sieben geschafft, in enger Tuchfühlung zu den europäischen Rängen der Tabelle.

Am Abend kommt es zum Duell mit dem SC Freiburg (20.30 Uhr/Liveticker SPIEGEL.de; TV: Sky). Und zu den Besonderheiten dieser Bundesligasaison gehört, dass dies das Aufeinandertreffen der zwei erfolgreichsten Teams der vergangenen sieben Spieltage ist. Würde man eine Tabelle der Spieltage zehn bis 16 basteln, stünde Freiburg mit 16 Punkten auf Platz eins, Frankfurt mit 14 Zählern direkt dahinter. Die Eintracht hat insgesamt von 16 Partien erst zwei verloren, gegen die Bayern und gegen Wolfsburg. Nur zwei Niederlagen, damit ist man auf dem Niveau von Bayern München und RB Leipzig.

Mit 37 Jahren in Topform

Es ist eine interessante Mannschaft, die Hütter und Bobic da gebaut haben, mit Silva an vorderster Front, dahinter der vom SSC Neapel losgeeiste Amin Younes, natürlich auf Leihbasis. Younes ist auch so ein fast klassischer Bobic-Transfer. Mit Filip Kostic, Daichi Kamada und dem in Frankfurt geborenen Aymane Barkok verfügt Hütter zudem über Spieler mit Straßenkicker-Mentalität.

In der Abwehr räumt der leicht krawallige Martin Hinteregger auf. Daneben ist der Japaner Makoto Hasebe mit nunmehr 37 Jahren in der besten Form seiner Karriere.

Die Eintracht ist die älteste Mannschaft der Liga, im Hinrundenkader standen 13 Spieler, die 27 oder älter sind. Durch die Abgänge des 34-jährigen Kapitäns David Abraham und den 31-jährigen Bas Dost und den Zugang des 23-jährigen Luka Jovic hat sich das Team allerdings jetzt geradezu radikal verjüngt.

Der besonnene Trainer, der umtriebige Sportvorstand, ein interessanter Kader, mit Peter Fischer ein Präsident, der auch gern mal hemdsärmelig einen Spruch raushaut, gegen die AfD und pro Fankultur, es gab schon langweiligere Zeiten am Riederwald.

Frankfurt ist eine bewegte Stadt, sozusagen ein Typ von einer Stadt, heterogen, lebendig, ein bisschen glitzernd, ein bisschen schmutzig, ziemlich cool jedenfalls. Es scheint, als habe diese Stadt gerade die passende Mannschaft.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten