

Der Deal fiel ihm ganz leicht. Als Manager des VfL Wolfsburg wird Klaus Allofs auch dafür bezahlt, bestens darüber informiert zu sein, welcher Trainer unter welchen Bedingungen kurzfristig zur Verfügung steht. Zwei Tage vor Heiligabend hat sich Allofs nun quasi selbst beschenkt: Dieter Hecking, der seinen Vertrag beim 1. FC Nürnberg gerade erst bis 2014 verlängert hatte, wechselt nach Niedersachsen.
Die Verpflichtung machte eine Ausstiegsklausel in Heckings Vertrag möglich - und kommt auf den ersten Blick überraschend. Bis Freitag war der frühere Nationalspieler Bernd Schuster als aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Cheftrainers gehandelt worden. Nun ist es Hecking, der in Wolfsburg einen Vertrag bis 2016 erhält. Seine Vorstellung folgt erst nach Weihnachten und damit zu einer Zeit, in der die Verantwortlichen in Nürnberg noch versuchen werden, sich mit dieser Bescherung zu arrangieren.
Still und heimlich hatte Allofs seine letzte Erledigung vor dem Weihnachtsfest vorbereitet. Als neuer Geschäftsführer des VfL Wolfsburg sollte er in der Saison einen neuen Trainer finden. Einen, der endlich für Konstanz steht - und zu den neuen Zielvorgaben beim vom Volkswagen-Konzern finanzierten Club passt.
Die Wolfsburger wollen den Eindruck widerlegen, dass bei ihnen mehr Finanzkraft als Fußball-Sachverstand vorhanden ist. Seit dem umjubelten Titelgewinn im Sommer 2009 steckt der VfL trotz millionenschwerer Investitionen regelmäßig im Abstiegsgkampf. Drei Jahre und sechs Trainer später ist bei VW die Erkenntnis gereift, dass es womöglich günstiger und zielführender sein könnte, den Erfolg des VfL langsam aufzubauen.
"Wir wollen, dass der VfL Wolfsburg ein sympathischer Verein wird" - mit dieser Vorgabe hatte VW-Vorstand Francisco Javier Garcia Sanz als Aufsichtsrat-Chef der VfL Wolfsburg Fußball GmbH seinen neuen Geschäftsführer Allofs ins Amt gehoben. Was mit Felix Magath nicht gelungen ist und Interimstrainer Lorenz-Günther Köstner nicht zugetraut wurde, soll nun mit Hecking klappen. Die Chancen dafür stehen gut.
Proteste gegen Schuster
Der frühere Profi besticht mit seiner ruhigen und besonnenen Art. Dass er nicht immer gleich nach Verstärkungen ruft, sondern auch unerfahrene Spieler erfolgreich integriert, passt zur Arbeitsauffassung von Allofs. Der hatte bereits in Bremen jahrelang mit Thomas Schaaf auf eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft gesetzt.
Drei Jahre lang hatte Hecking beim "Club" erfolgreiche Arbeit geleistet, das wichtigste Ziel, den Klassenerhalt, stets mit Bravour erreicht, obwohl er regelmäßig die besten Spieler ziehen lassen musste. In Wolfsburg wartet auf den 48-Jährigen jetzt das Gegenteil. Hecking hat dort einen Profikader zur Verfügung, dem rund 40 Spieler angehören. Im Winter soll dieser Kader signifikant verkleinert werden.
Das soll ebenso ruhig und konzentriert ablaufen wie die Aktion mit Hecking. Als die ersten Gerüchte über eine Verpflichtung von Bernd Schuster auftauchten, hatten der harte Kern der VfL-Fans und örtliche Medien voller Verzweiflung die Frage gestellt, warum man Schuster ausgerechnet in Wolfsburg die Chance auf seine erste Festanstellung in der ersten Liga geben sollte. Öffentlich reagierte Allofs auf all die Kritik nicht. Stattdessen verhandelte er in Ruhe mit Hecking weiter.
Der frühere Polizist kehrt nun in heimatliche Gefilde zurück. Nach seinem Abgang bei Hannover 96 im August 2009 nahm er eine Trennung von Heimat und Familie in Kauf, um für sich und den 1. FC Nürnberg einen Neuanfang zu wagen. Als Erklärung für seinen Wechsel nach Wolfsburg führt Hecking nun nicht nur wirtschaftliche, sondern auch familiäre Gründe an. Vom niedersächsischen Bad Nenndorf aus, wo der Vater von fünf Kindern immer noch lebt, bis zu seinem neuen Arbeitgeber sind es gerade einmal 110 Kilometer.
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Time to say goodbye: Mit seinem Abschied vom 1. FC Nürnberg kurz vor Weihnachten hat Dieter Hecking für Schlagzeilen in der Bundesliga gesorgt. Der 48-Jährige übernimmt zur Rückrunde den VfL Wolfsburg. Für den Trainer ist es eine Rückkehr in den Norden.
Höhepunkte in der Hansestadt: In Lübeck feierte Hecking erste Erfolge als Trainer. Er führte den damaligen Regionalligisten 2002 in die zweite Liga, ein Jahr später schaffte er den Klassenerhalt. 2004 schaffte Lübeck es gar bis ins Halbfinale des DFB-Pokals. In derselben Saison stieg Lübeck aus der zweiten Liga ab, Hecking trat zurück.
Drei Spieltage erste Liga: In Aachen bewies der ausgebildete Polizist Hecking erneut, dass er einer Mannschaft zum Aufstieg verhelfen kann. Im Jahr 2006 ging es in die erste Liga. Nach nur drei Spieltagen in der höchsten Klasse mit der Alemannia verließ Hecking den Verein aber aus persönlichen Gründen. Er nahm ein Angebot von Hannover 96 an.
Träume von Europa: In seinen drei Jahren bei den Niedersachsen fungierte Hecking zunächst als Retter, dann leistete er wertvolle Aufbauarbeit. Mehrmals schien sogar eine Europacup-Teilnahme möglich, am Ende verpasste 96 die internationalen Ränge stets. Hecking verließ den Club im August 2009.
Mit bescheidenen Mitteln: In den vergangenen drei Jahren kämpfte Hecking mit Nürnberg gegen den Abstieg. Trotz kleinem Etat erreichte der Club große Erfolge. Nach Platz sechs und zehn liegt der Verein auch in dieser Saison wieder auf Kurs Klassenerhalt.
Endlich ein Großer?: Logisch, dass da die Konkurrenz genau hinschaut - und zugreift. Wolfsburgs neuer Manager Klaus Allofs machte sich mit der Verpflichtung Heckings selbst ein Weihnachtsgeschenk. Der Trainer muss bei dem ambitionierten Club zeigen, dass er es doch schafft, eine Mannschaft ins internationale Geschäft zu führen.
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