
Relegationshinspiel: Gladbachs Zittersieg in der Nachspielzeit
Bundesliga-Relegation Bochum verliert und tobt
Hamburg - Der VfL Bochum ist wie James Bond. Er kehrt immer wieder zurück. Jedes Mal, wenn der Club aus der Bundesliga abgestiegen ist, war er im Jahr darauf prompt wieder da. 1994, 1996, 2000, 2002 und 2006: Fünfmal gelang es dem VfL bereits, die Zweite Liga sofort wieder zu verlassen. In diesem Jahr droht die Serie jedoch zu reißen. Die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel kassierte im Relegationshinspiel bei Borussia Mönchengladbach eine späte 0:1 (0:0)-Niederlage. Das Tor des Tages erzielte Igor de Camargo in der 93. Minute.
Die Bochumer waren nach dem Spiel stocksauer auf Schiedsrichter Günter Perl. Der hatte länger als die zuvor angezeigten zwei Minuten nachspielen lassen. "Es war absolut ungerecht. Die Nachspielzeit war abgelaufen. Und der Schiedsrichter lässt laufen, bis der Ball im Tor ist", ärgerte sich VfL-Coach Funkel. "Das Spiel ist zu Ende. Da muss man den Freistoß nicht mehr ausführen. Das ist schade, wenn in den letzten Sekunden Abstiege besiegelt werden", sagte Bochums Christoph Dabrowski - und holte noch mal aus: "Das ist eine Frechheit."
Beide Teams konnten mit Selbstbewusstsein in das Spiel gehen. Zehn Punkte aus den letzten vier Bundesliga-Partien hatte der Tabellen-16. geholt, genauso viele wie der Dritte der Zweiten Bundesliga im selben Zeitraum. Von Anspannung oder Verkrampfung war von Anfang an nichts zu spüren. Gladbach, das den dritten Abstieg nach 1999 und 2007 vermeiden wollte, hatte durch Juan Arango bereits nach etwa 30 Sekunden die erste Chance: Tony Jantschkes Flanke landete auf dem Kopf des Mittelfeldspielers, doch der abgefälschte Ball flog knapp über das Tor.
Nach einer Standardsituation hätte jedoch beinahe Bochum als erstes Team jubeln dürfen: Anthar Yahia hatte Marc-André ter Stegen mit einem Kopfball bereits überwunden, doch auf der Linie konnte Filip Daems für seinen Torhüter klären (5.). Das Publikum machte sich Sorgen. Aber nicht wegen dieser Gelegenheit für die Gäste, sondern wegen Marco Reus. Der Jung-Nationalspieler, in den vergangenen Wochen maßgeblich für die erfolgreiche Aufholjagd in der Liga verantwortlich, musste früh am Oberschenkel behandelt werden.
Der 21-Jährige konnte zwar weitermachen, das Niveau der Partie sank dennoch. Mohamadou Idrissous Schuss ans gegnerische Außennetz (9.) war für einige Zeit der letzte Höhepunkt eines umkämpften Duells. Bochum verteidigte geschickt und konterte. Marcel Maltritz scheiterte an ter Stegen (22.). Auf der anderen Seite köpfte Dante nach einer Ecke aus sechs Metern über das Tor (25.). Es war die beste Möglichkeit in der ersten Halbzeit. Aus dem Spiel heraus blieben die Gastgeber vor dem Pausenpfiff beinahe wirkungslos.
Hanke und Luthe liefern sich Privat-Duell
Bis auf eine Szene: Reus bediente auf der rechten Seite Mike Hanke. Der Stürmer zog vom Strafraumeck ab, Bochums Torwart Andreas Luthe konnte nur mit Mühe klären. Arango scheiterte per Nachschuss (34.). Der Favorit hatte mehr Chancen, doch der Zweitligist schaffte es, die Partie weiter offen zu halten.
Ähnlich sah es in der zweiten Halbzeit aus, deren Beginn Gladbach komplett verschlief. Bochum drängte den Bundesligisten in die eigene Hälfte zurück. Nach einer Flanke von Matthias Ostrzolek scheiterte Dabrowski an ter Stegen (56.). Ostrzolek versuchte es anschließend aus etwa 35 Metern, jagte den Ball aber über das Tor. Bochum hatte nun deutlich mehr Ballbesitz, Gladbach sorgte kaum noch für Entlastung. Einzig Hanke prüfte einmal Luthe (61.).
Die beiden standen auch in der 68. Minute im Mittelpunkt: Arango konnte sich auf der linken Seite durchsetzen und flankte an den Fünfmeterraum, wo Hanke schneller war als Gegenspieler Dabrowski. Von der Fußspitze des Angreifers strich der Ball knapp über das Tor. In der Schlussviertelstunde drängten beide Mannschaften auf die Entscheidung. Hanke scheiterte erneut am überragenden Luthe (73.), ter Stegen musste vor dem eingewechselten Chong Tese retten (74.).
Binnen weniger Minuten hätte Gladbach für die Entscheidung sorgen müssen. Erst köpfte erneut Dante nach einer Ecke neben das Tor (84.), dann parierte Luthe gegen Arango (86.) und wieder gegen Hanke (87.). Bochum schien auch die letzte Drangphase der Gastgeber zu überstehen. Doch als die Nachspielzeit eigentlich schon vorüber war, kam Gladbach noch einmal vor das gegnerische Tor. Zunächst parierte Luthe wieder stark, konnte gegen Arango den Ball jedoch nicht festhalten.
Der Abpraller trudelte dem eingewechselten Igor de Camargo vor die Füße, der Stürmer zog ab und traf zum 1:0-Endstand. Im Rückspiel am kommenden Mittwoch (20.30, Liveticker SPIEGEL ONLINE) ist die Favre-Elf nun auch moralisch im Vorteil. Bochum muss mindestens zwei Tore schießen - sonst kommt der VfL dieses Mal nicht sofort zurück.
Borussia Mönchengladbach - VfL Bochum 1:0 (0:0)
1:0 de Camargo (90.+3)
Mönchengladbach: ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dante, Daems - Neustädter, Nordtveit - Reus (84. Matmour), Arango - Hanke, Idrissou (67. de Camargo)
Bochum: Luthe - Kopplin, Yahia, Maltritz, Ostrzolek - Dabrowski - Johansson, Toski (82. Azaouagh) - Freier, Aydin (46. Tese), Korkmaz (71. Federico)
Schiedsrichter: Günter Perl
Zuschauer: 54.057 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Neustädter (3) - Kopplin (5), Ostrzolek (4)