Hamann zum Rückrundenstart "Boatengs Ausfall könnte die Liga spannend machen"

Dietmar "Didi" Hamann (Jahrgang 1973) gab 1993 sein Bundesligadebüt für den FC Bayern. Fünf Jahre später wechselte er in die Premier League, wo er für Newcastle United, den FC Liverpool und Manchester City spielte. Hamann absolvierte 59 Länderspiele und wurde 2002 Vizeweltmeister. Heute lebt er in der Nähe von Manchester, arbeitet als Experte für den Sender Sky und kommentiert für SPIEGEL ONLINE regelmäßig Entwicklungen in der Bundesliga und im internationalen Fußball.
Endlich rollt der Ball wieder! Die Bundesliga ist aus der Winterpause zurück und liefert den Fußballfans auch prompt jede Menge Gesprächsstoff. Ob die Verletzung von Jérôme Boateng, die Pleiten von Schalke und Wolfsburg, oder die Gala-Auftritte von Marco Reus und Alexander Meier - in fast allen Stadien war etwas los. Was sagt unser Kolumnist Dietmar Hamann dazu?
Jérôme Boateng wird nach seiner Muskelverletzung wohl lange ausfallen. Was bedeutet das für die Titelambitionen der Bayern?
Das ist ein ganz herber Verlust. Boateng ist der Anführer, der die Abwehr der Münchner zusammenhält. Sein Ausfall könnte sogar die Liga noch einmal spannend machen, weil ja auch Mehdi Benatia verletzt ist. Die Bayern werden Boateng schmerzlich vermissen - in der Bundesliga und in der Champions League.
Thomas Schaafs Einstand bei Hannover 96 ist missglückt. Haben Sie das erwartet?
Nein, ich hatte erwartet, dass ein Ruck durch die Mannschaft und den Verein geht, als Schaaf übernommen hat. Es wird jetzt eng für Hannover, viele Konkurrenten im Tabellenkeller haben gepunktet. Der Klub hat zwei, drei Spieler geholt, die zuletzt in der Provinz gespielt haben, ich weiß nicht, ob das reicht. Für Hannover wird es schwer.
Marco Reus gewann mit Borussia Dortmund 3:1 gegen Gladbach, er steuerte ein Tor und eine Vorlage bei. Wie bewerten Sie den Auftritt des Nationalspielers?
Das war sehr beeindruckend. Er hat schon 14 Tore in dieser Saison geschossen, ein starker Wert. Jetzt muss er nur fit bleiben - dann wird er auch bei der Europameisterschaft groß auftrumpfen. Er ist einfach einer der besten deutschen Spieler.
Schalke patzte zum Rückrundenauftakt gegen den Tabellen-16. Bremen. Wie konnte das passieren? Und was bedeutet das für die Ziele der Königsblauen?
Die Schalker gehören einfach unter die ersten vier Bundesligaklubs. Es war schon sehr enttäuschend, dass sie trotz vieler Chancen und der Führung das Spiel noch verloren. Nun droht, dass sie wieder in so einen Trott wie unter Ex-Trainer Jens Keller verfallen - das müssen sie unbedingt verhindern. Die Stimmung droht auf Schalke ja immer schnell zu kippen.
Drei Tore schoss Eintracht Frankfurt gegen Wolfsburg, dreimal war es Alexander Meier. Was sagen Sie zu dem Auftritt des Angreifers?
Er ist einfach eine Torgarantie für Frankfurt, ein unheimlicher Knipser. Und das mit seinen nun auch schon 33 Jahren. Es bringt mir viel Spaß, ihm zuzuschauen. Alex Meier ist einer, mit dem sich die Eintracht-Fans identifizieren können, ein absoluter Publikumsliebling.
Die Wolfsburger waren die Leidtragenden von Meiers Dreierpack. Sind die "Wölfe" wirklich ein Champions-League-Kandidat?
Ja. Denn die Konkurrenten um diese Plätze, Gladbach und Schalke, stottern auch. Die Wolfsburger haben derzeit mit den Ausfällen wichtiger Spieler zu kämpfen. Im Angriff fehlt Bas Dost, dadurch sind sie nicht durchschlagskräftig genug. Und hinten kassieren sie einfach zu viele Tore. Aber im Grunde muss sich die ganze Mannschaft als Kollektiv besser verkaufen.
Überraschend waren die Siege von Ingolstadt und Darmstadt. Welchem der beiden trauen Sie den Klassenerhalt zu?
So wie es derzeit aussieht, gehe ich davon aus, dass beide drinbleiben. Tendenziell rechne ich Ingolstadt die besseren Chancen zu, da sie die besseren Voraussetzungen haben. Aber das ist schon absolut sensationell, was die beiden Teams leisten. Ralph Hasenhüttl und Dirk Schuster machen einen Klassejob.