Bundesliga-Titelkampf Abgeschrieben, auferstanden, angriffslustig
Der Titelkampf ist noch längst nicht entschieden - obwohl die Bayern dominant wie selten spielen. Auf Schalke hofft man auf Ablenkung durch die Champions League, erstmals spricht auch Magath von der Meisterschaft. Seine Mannschaft muss sich nur ein Beispiel an Bremen nehmen.
Sabine Töpperwien hatte sich nicht mehr unter Kontrolle, als Jefferson Farfan in der 45. Minute das 2:1 für den FC Schalke gegen Borussia Mönchengladbach erzielte. Denn statt des üblichen Torschreies entfuhr der routinierten Reporterin ein ungläubiges: "Das gibt es ja nicht!" Was Töpperwien möglicherweise anerkennend meinte, verfestigte dennoch nur den Eindruck, dass dem FC Schalke 04 in dieser Saison nicht mehr allzu viel zugetraut wird. Nicht, dass er sein Heimspiel gegen den Tabellenzwölften der Bundesliga gewinnt. Und schon gar nicht, dass er dem FC Bayern noch einmal ernsthaft die Meisterschaft streitig machen könnte.
Gewogen und zu leicht befunden. Das war die Bilanz der beiden Aufeinandertreffen mit dem Konkurrenten aus München in Pokal und Meisterschaft, die nicht nur jeweils verloren gingen, sondern auch zeigten, wie weit der Weg der Schalker noch zu einer wirklichen Spitzenmannschaft ist. Dass Trainer Felix Magath anschließend etwas bemüht herumwitzelte, man sei schlicht zu gut für die Meisterschaft, verstärkte nur die allgemeine Überzeugung, dass die Schale eigentlich jetzt schon nach München geschickt werden könnte.
Die Spiele am Samstag haben jedoch gezeigt, dass ein solcher Express-Versand voreilig wäre. Nicht, dass der FC Bayern München gegen Hannover 96 geschwächelt hätte. Ganz im Gegenteil, das 7:0 gegen völlig überforderte Niedersachsen hat eine Mannschaft herausgeschossen, die von der ersten Minute an hochkonzentriert und mit brennender Leidenschaft auftrat, die schon vor dem 1:0 Chancen in Serie herausspielte und ohne Probleme noch höher hätte gewinnen können. Und all das, nachdem das müde 1:1 bei Bayer Leverkusen in der Vorwoche noch die Vermutung nahegelegt hatte, der FC Bayern zolle langsam der Dreifachbelastung in Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League Tribut. Nein, dieses Team strotzt vor Vitalität.
Und dennoch, das Meisterschaftsrennen wird offen bleiben bis zum Schluss. Weil der FC Schalke nach den ernüchternden Partien gegen München und die völlig unnötige Pleite in Hannover zurück in die Spur gefunden hat. Sicher, das 3:1 kam ein wenig holprig zustande und der Gegner aus Mönchengladbach war letztlich nicht satisfaktionsfähig. Und dennoch haben die Schalker überzeugend bewiesen, dass ihr Interesse nicht allein der Verteidigung des zweiten Platzes gilt. Dazu bedurfte es nicht einmal mehr der forschen Töne, die Felix Magath nach dem Spiel anschlug. "Ich sehe gute Chancen bei uns, dass wir den Titel bekommen", sprach er, was deutlich kämpferischer und zuversichtlicher klang als nach den beiden Niederlagen in den Wochen zuvor.
Die Rückkehr der Gelsenkirchener in den Meisterschaftskampf ist nicht hoch genug einzuschätzen. Die Mannschaft ist jung und könnte auf Verständnis hoffen, wenn ihr im Schlussspurt die Puste ausginge. Stattdessen ließ sie sich am Samstagnachmittag tragen, von der Begeisterung des Publikums und der eigenen. Dass es am Ende reichen wird, noch am FC Bayern vorbeizuziehen, ist nicht allzu wahrscheinlich. Die einzige Hoffnung ist tatsächlich, dass die Münchner sich dann doch zu sehr auf die Champions League konzentrieren, "was dazu führen kann, dass man noch den einen oder anderen Punkt in der Meisterschaft verliert" (Magath). Was zugegeben unter dem Eindruck des bayerischen Auftritts vom Samstagabend nicht die wahrscheinlichste Variante ist.
Sollte der Schalker Trainer darüber hinaus noch weitere Ermutigung benötigen, dann könnte er auch nach Bremen blicken. Mit der Meisterschaft hat der SV Werder zwar nichts mehr zu tun, mit dem Kampf um den dritten Champions-League-Platz aber nach dem überzeugend und mit viel Elan herausgespielten 4:2-Auswärtssieg beim VfL Wolfsburg sehr wohl. Dabei ist es nicht so lange her, dass die Bremer als eine der großen Enttäuschungen dieser Saison gehandelt wurden und der langjährige Coach Thomas Schaaf plötzlich als auslaufendes Modell gehandelt wurde. Nun stehen sie im Pokalfinale und haben die Königsklasse in Sichtweite. Was folgt für Magath daraus? Dass es bis zum 34.Spieltag keinen Trend gibt, der nicht noch umgekehrt werden könnte. Die Bremer beweisen es.
Der Kampf geht also weiter. Felix Magath glaubt jedenfalls fest daran. Und seit diesem Samstag sicher auch Sabine Töpperwien.