Carlos Tévez Der Apache kommt nach Hause

Zurück in der Heimat: 49.000 feiern Tévez bei seiner Rückkehr
Foto: imago49.000 Zuschauer singen lauter als bei einem Lokalderby. Die Tribünen sind mit Plakaten übersät und die Konfettibomben versprühen einen Hauch vom Finale einer Weltmeisterschaft. Überall hängen gelbe Schals. Viele Menschen weinen sogar vor Glück. Aber die Fans im Stadion Bombonera der Boca Juniors wollen kein Fußballspiel sehen, sondern einen Rückkehrer. Und zwar ihren Rückkehrer: Carlos Tévez.
Der Argentinier, Spitzname "Apache", küsst den Rasen, den er im Jahr 2004 verlassen hat. Auf dem Arm trägt er seinen kleinen Sohn, seine zwei Töchter folgen dem stolzen Vater. Er strahlt, wie sonst nur nach Toren. Der 31-Jährige umarmt alte Freunde, Cheerleader, sogar Sicherheitskräfte, jongliert mit dem Ball und präsentiert der begeisterten Masse ein paar Tricks.
Die Rückkehr von Tévez nach neun Jahren in Europa überrascht beinahe. Denn im laufenden Transfersommer war bislang genau die gegensätzliche Richtung der Normalfall: Von der Heimat in die Fremde. Bastian Schweinsteiger zog es nach 17 Jahren und 500 Pflichtspielen von Bayern München zu Manchester United. Er tauschte zwar nur ein rotes gegen ein anderes rotes Trikot, aber seinen Heimatklub gegen das Ausland. Damit ist er kein Einzelfall.
Besonders Casillas' Abgang war wenig glücklich
Neben ihm verabschiedeten sich auch Iker Casillas, Steven Gerrard und Xavi von ihren geliebten Jugendklubs. Zusammen kommt das Quartett auf 93 Jahre Vereinszugehörigkeit und 2656 Pflichtspiele. Sie tauschen ihr gewohntes Umfeld gegen ein Abenteuer in der Fremde für die letzten Jahren ihrer ruhmreichen Karrieren. Für sie geht es nach Portugal (Casillas), in die USA (Gerrard) und in Richtung Katar (Xavi). Auch wenn viele Fan-Tränen in Europa getrocknet werden müssen, haben die Anhänger Verständnis für ihre wechselnden Vereinslegenden.
Vielmehr verärgert sie das Verhalten ihrer Vereine. In München kämpfte man nicht um den Verbleib von Schweinsteiger, der als einer der erfolgreichsten Spieler bei Bayern München in die Geschichte eingeht. Trainer Pep Guardiola sagte zur ehemaligen Nummer 31: "Mach, was du willst." Ganz besonders groß ist der Frust aber in Madrid. Der Abschied von Real-Ikone Iker Casillas in Richtung FC Porto hätte kaum unrühmlicher ausfallen können.
Es gab keinen würdigen Abschied für den Torwart, der mit den Königlichen in 26 Jahren 19 Titel sammelte. Stattdessen verabschiedeten die Verantwortlichen den Klubhelden fast durch die Hintertür. Casillas saß bei seiner Abschiedspressekonferenz ganz alleine vor den Medienvertretern. Das erzürnte die Fans. Damit der Konflikt nicht eskalierte, bat Präsident Florentino Pérez zu einer zweiten Pressekonferenz. Er versuchte den ewigen Torwart der Madrilenen doch noch zu würdigen - aber auch diese Aktion konnte den Imageschaden beim Champions-League-Sieger von 2014 nicht verhindern.

2006 wechselte Tevez zu West Ham United
Foto: ANDREW YATES/ AFPIn Argentinien kann hingegen Rückkehrer Tévez seine Fans verzücken. Ausgerechnet Tévez. In Europa war der kleine Angreifer meist alles andere als ein Sympathieträger. Stattdessen hielt der 31-Jährige, der 2006 nach Europa zu West Ham United kam, lange Zeit den englischen Boulevard mit Skandalen bei Laune. Mehrfach soll er in Handgemengen mit Fotografen in verschiedenen Diskotheken verwickelt gewesen sein.
Viel schlimmer wog für Fußballfans aber sein Vereinswechsel im Jahr 2009. Für eine kräftige Gehaltsteigerung wechselte er von Manchester United zu Manchester City. Der Erzrivale war dank der Millionen seines Scheichs Mansour gerade neureich geworden und der Stürmer folgte dem Reiz dieses Geldes.
Aber auch bei City eckte Tévez immer wieder an. Er verweigerte in einem Champions-League-Spiel gegen Bayern München die Einwechslung. Der Klub suspendierte daraufhin den Stürmer.

CL-Finale gegen Barcelona: Tévez lieferte die Vorarbeit zum zwischenzeitlichen 1:1
Foto: OLIVIER MORIN/ AFPEuropa und Tévez? Das passte sportlich. Aber geliebt wie in seiner Heimat wurde er nie. Schließlich sah er seine Zeit auf seinen Stationen in Europa eher wie eine Geschäftsbeziehung, Tévez wollte Geld verdienen.
Seine Zeit in Europa hätte der Angreifer fast mit einem weiteren sportlichen Höhepunkt seiner Karriere gekrönt. Der Champions-League-Sieger von 2008 stand mit Juventus Turin im Finale der Königsklasse und unterlag 1:3 gegen den FC Barcelona. Jetzt kehrt er für eine Ablösesumme von 6,5 Millionen Euro zurück in die Heimat. Zu dem Klub, mit dem er 2003 den Weltpokal gegen den AC Mailand gewonnen hatte.
"Ich bin bei meinen Leuten. Es ist großartig, dass ich nicht länger Englisch oder Italienisch sprechen muss", sagte Tévez bei seiner Vorstellung in seinem Heimatklub. Die Fans und Verein haben ihren Stürmer zurück. Hier wird er verehrt, angeblich sogar mehr als der Weltstar Lionel Messi, der für viele Argentinier nur der "Spanier" ist.
Bei seiner Vorstellung im Stadion schlägt sich Tévez immer wieder auf die Brust, wo er das Boca-Wappen trägt: Seht her, ich trage den Verein im Herzen, will er den Fans mitteilen. Manche finden ihr Glück eben nur zu Hause.