Alexander Nübel beim FC Bayern
Die ewig treue Nummer zwei
Bei Atlético kommt Alexander Nübel zu seinem zweiten Pflichtspieleinsatz für die Bayern – weil es um nichts geht. Statt zu brillieren, zeigen sich seine Defizite im Vergleich zur Nummer eins Manuel Neuer.
Bayern-Torwart Nübel: In Madrid gezeigt, was ihm noch fehlt
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Benjamin SOELZER / Eibner / imago images
Dass die Rekordserie des FC Bayern in der Champions League ein Ende hatte, dass es nicht zum 16. Sieg in Serie reichte, konnte Hansi Flick verschmerzen. Insgesamt sei er mit dem Spiel bei Atlético sehr zufrieden gewesen, sagte der Trainer der Bayern später, ganz entspannt und unaufgeregt. War ja noch ganz nett, dass Thomas Müller mit seinem Elfmetertor zum 1:1 kurz vor Schluss das Unentschieden rettete, so blieb man weiter ungeschlagen. Aber eigentlich war es auch ganz unerheblich.
Für den längst als Gruppensieger feststehenden FC Bayern war der Ausflug nach Madrid eine bedeutungslose Dienstreise, weshalb Trainer Flick angesichts der momentanen Strapazen viele Stammkräfte in München ließ und mit neuem Personal experimentierte. Zum Einsatz kamen daher Akteure wie Jamal Musiala und Bright Arrey-Mbi, Chris Richards und Angelo Stiller.
Für den Zugang von Schalke war es das zweite Pflichtspiel seit seinem Wechsel im Sommer. Seine Premiere feierte er im Pokal. Im Erstrundenspiel gegen Düren. Und damals wie jetzt durfte Nübel ganz einfach auch nur deshalb ran, weil Manuel Neuer mal eine Pause brauchte.
Die Bekanntgabe des Transfers sorgte Anfang des Jahres für großes Aufsehen und auch für Unruhe. Ob Neuer da einen ungemütlichen Konkurrenten bekäme, ob ihm Nübel gar den Stammplatz streitig machen würde, gemunkelt wurde gar über eine vertraglich zugesicherte Zahl an Pflichtspielen. Und noch kurz vor Saisonbeginn wirkte Nübel recht forsch, als er selbstbewusst über seine Chancen auf eine Berechtigung als Nummer eins sprach und an seine Zeit auf Schalke erinnerte, als er nach seinem Reservistendasein plötzlich Ralf Fährmann verdrängte. »Ähnlich versuche ich es hier auch.«
Das einzige Problem dabei: Bei den Bayern hat er es nicht mit Ralf Fährmann zu tun. Sondern mit Manuel Neuer. Und in Madrid zeigte sich ganz deutlich, was Nübel im Vergleich zum weltbesten Torwart noch fehlt.
Dabei traf ihn am Gegentor nach 26 Minuten durch Joao Félix keine Schuld, das lag eher am Durcheinander der Abwehr vor ihm. Viel zu leicht ließen sich Arrey-Mbi und Lucas Hernández ausspielen, am Schluss kam Niklas Süle einen Schritt zu spät. Dazu kommt, dass Nübel wie beim 3:0 gegen Düren keine einzige Gelegenheit hatte, sich auszuzeichnen. Kein Distanzschuss, den er mit einer herrlichen Flugeinlage über die Latte lenken konnte, keine Glanztaten und Großparaden – weil einfach auch nichts auf sein Tor kam.
Sechs von sechs weiten Bällen landeten beim Gegner
Die Defizite zeigten sich bei Alexander Nübel vor allem in seinem Spiel nach vorne. Nach Rückpässen versuchte er es genau sechsmal mit weiten Bällen in Richtung Mittelfeld, Aktionen, bei denen Präzisionskünstler Neuer über 50 Meter oft zentimetergenau den anvisierten Zehennagel seines Mitspielers trifft. Bei Alexander Nübel landeten die sechs Pässe sechsmal beim Gegner.
Auch im Herauslaufen offenbarten sich Unsicherheiten, einmal wagte es Nübel, einen Gegenangriff 25 Meter vor seinem Tor per Kopf zu entschärfen, auch da flog der Ball zum Gegenspieler, die Aktion blieb folgenlos.
Natürlich liegt all das auch an der fehlenden Spielpraxis, an der nicht vorhandenen Abstimmung, natürlich ist Nübel ein sehr guter Torwart und natürlich ist es für ihn, wenn er dann auch mal spielen darf, ein großes Dilemma, immer an Manuel Neuer gemessen zu werden. Andererseits wollte es Nübel ja genauso. Sollte er sich jemals Hoffnung gemacht haben, schon in absehbarer Zeit am Denkmal Neuer kratzen zu können, dürfte sich Ernüchterung breitgemacht haben.
Nie war die Hierarchie so deutlich wie gerade jetzt.
Nübel murrt nicht
Was für Nübel spricht, ist seine Loyalität. Wie schon der inzwischen zum Hamburger SV abgewanderte Sven Ulreich vor ihm, fügt er sich treu ergeben in seine Rolle als Nummer zwei. Grundsätzlich positive Ausstrahlung, gute Laune bei den Heimspielen auf der Ersatzbank, die Bayern-Bosse müssen derzeit nicht befürchten, dass Nübel bald murrt, aufmuckt, das Stänkern anfängt.
Sofern Manuel Neuer unverletzt bleibt, wird Nübel auf Dauer Ersatz bleiben, natürlich auch am Samstag im Topspiel gegen Leipzig. Neuer hat noch einen Vertrag bis 2023, ob der jetzt 24-jährige Nübel wirklich noch gut zweieinhalb Jahre warten wird, in der Hoffnung, den dann 37-jährigen Neuer zu beerben? Oder ob er sich nicht doch vorher noch ausleihen lässt, um mal wieder regelmäßig spielen zu dürfen?
Am Samstag im wichtigen Spitzenspiel gegen Leipzig wird Nübel wieder auf der Bank sitzen. Gut möglich, dass er dann nächsten Mittwoch wieder ins Tor darf. Gegen Lok Moskau. Da geht es dann erneut um nichts.