Champions League Barcelona demütigt den FC Bayern
Ein paar Stunden vor dem Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Barcelona sickerte durch, dass bei den Bayern etwas passieren würde. Vielleicht auch musste - nach dem Debakel von Wolfsburg. Also entschied sich Trainer Jürgen Klinsmann für Hans-Jörg Butt im Tor und setzte Stammkeeper Michael Rensing auf die Bank. Nicht, weil der verletzt war, Klinsmann wollte es so, man bräuchte einen "erfahrenen Torhüter".
Was die Abwehr davor betraf, hatte der Coach indes kaum eine Wahl. Nach den Absagen des angeschlagenen Lucio sowie Daniel van Buyten aus familiären Gründen meldete sich Philipp Lahm wegen verhärterer Waden ab. Also war Klinsmann gezwungen, die Defensive umzubauen: Massimo Oddo auf rechts, Martin Demichelis und Breno in die Innenverteidigung, Christian Lell auf links - gegen Barcelona-Star Lionel Messi. Lange, musste man befürchten, konnte das nicht gutgehen.
Ging es auch nicht. Endstand 4:0 für Barcelona, schon nach 45 Minuten hatten die Gastgeber vor 98.000 Zuschauern in Camp Nou alle Treffer erzielt. "Das war eine Riesenblamage", sagte Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. Der Frage nach Konsequenzen wich er aus: "Wir sollten heute Abend keine Entscheidung treffen, sondern eine Nacht darüber schlafen." Kurzes Luftholen: "Wenn man denn schlafen kann."
Wohl eher nicht.

Lionel Messi, Samuel Eto'o: Demütigung für Bayern
Foto: APVom angekündigten Offensivspiel war bei den Münchnern anfangs wenig zu sehen. Die Gäste agierten mit zwei Vierreihen vor dem eigenen Strafraum. Selbst Franck Ribéry hatte die Aufgabe, erst einmal das eigene Tor abzusichern. In der siebten Minute war der Abwehrriegel zum ersten Mal ausgespielt, weil die Münchner mehr Geleitschutz gaben, als in die Zweikämpfe zu gehen. Xavi passte auf Thierry Henry, dessen freilich schwachen Schuss wehrte Demichelis vor der Linie ab. Zwei Minuten später stand Messi nach einem Zuspiel von Samuel Eto'o frei im Strafraum - und Butt war geschlagen. In der zwölften Minute kam der Ball von Messi zu Eto'o - und der Ball lag erneut im Netz des Bayern-Tores.
Ein Debakel bahnte sich an.
Viertelfinale Champions League
BEGEGNUNG | HIN | RÜCK |
V'real - Arsenal | 1:1 | 0:3 |
ManU - FC Porto | 2:2 | 1:0 |
L'pool - Chelsea | 1:3 | 4:4 |
Barça - Bayern | 4:0 | 1:1 |
Es hätte nach 18 Minuten noch schlimmer stehen können, hätte Schiedsrichter Howard Webb nach einem Foul von Lell an Messi im Strafraum auf den Elfmeterpunkt gezeigt. Stattdessen zeigte er dem Barça-Profi Gelb, weil er eine Schwalbe gesehen hatte. Das wiederum brachte Coach Josep Guardiola so in Rage, dass er vom Unparteiischen für den Rest der Partie auf die Tribüne verbannt wurde. Immerhin war jetzt Feuer im Spiel - an den Münchnern lag das allerdings nicht.
Vielleicht hätte die Partie einen anderen Verlauf genommen, wäre Henry kurz darauf von Webb in die Kabine geschickt worden. Der Stürmer war, erneut nach einem sehenswerten Anspiel, mit beiden Füßen voraus Butt ins Gesicht gerutscht. Man konnte dem Franzosen auf dem nassem Rasen keine Absicht unterstellen, aber auch nicht wirklich das Bemühen, den Keeper nicht zu treffen. Butt musste danach das Trikot wechseln, die Aktion hatte eine blutende Wunde auf des Torhüters rechter Wange hinterlassen. Mit ein wenig Glück hätte sich sogar Henrys Schuhmarke entziffern lassen können.
Butt konnte einem aber nicht nur deshalb leid tun. 38. Minute, Eto'o schob den Ball von links in den Fünfmeterraum, Messi rutschte in den Pass, vielleicht hatte auch Lell den Fuß dran. Egal - es stand 3:0 für Barcelona.
Und Bayern? In der 39. Minute der erste Schuss auf des Gegners Tor, abgegeben von Bastian Schweinsteiger und genauso schwach wie der Bayern-Auftritt zu diesem Zeitpunkt. Denn fünf Minuten später hätte Mark van Bommel nach einem Foul an Messi mindestens Gelb sehen müssen. Webb blieb gnädig, dafür bestrafte Henry die Münchner Stehfußballer mit Treffer Nummer vier. "Man hat uns heute in der ersten Halbzeit die Grenzen aufgezeigt", analysierte ein müde wirkender Klinsmann: "Wir waren in keinster Weise in der Lage, die Ausfälle zu kompensieren. Barcelona setzt zurzeit die Maßstäbe, bei uns hat wenig gepasst."
Die erste nennenswerte Aktion nach der Pause ging auf das Konto von Lell. Der säbelte Messi an der Seitenlinie um - Gelb. Luca Toni tauchte wenig später überraschend im Barça-Strafraum auf, fiel hin, war aber aus dem Abseits gestartet. Sonst hätte es eventuell einen Elfmeter gegeben. Die Spanier brauchten fünf Minuten, um sich zu sortieren - und ließen Ball und Gegner wieder laufen. In der 59. Minute lenkte Butt einen Schuss von Messi an die Latte, die beste Chance der Gastgeber in der zweiten Hälfte, in der die Partie Züge des beliebten Aufwärmspiels Fünf gegen Zwei annahm. Nur dass zehn Spanier zehn Bayern schwindelig spielten. Sah manchmal aus wie Handball, fehlte nur der Kempa-Trick.
In der 70. Minute hatten die Münchner dann die Chance, das Ergebnis zu korrigieren und etwas für das Selbstbewusstsein zu tun. Doch im letzten Augenblick grätschte Carles Puyol Mittelfeldmann Zé Roberto den Ball vom Fuß.
Mehr brachten die Bayern nicht zustande. Die Spanier nahmen das Tempo raus, ein Tor fiel nicht mehr. In München in einer Woche im Rückspiel hat Barça die Chance, das nachzuholen.
"Das war eine Vorführung", stellte Bayern-Präsident Franz Beckenbauer fest: "Die Champions League können wir vergessen." Sah auch Klinsmann so: "Wir sind leider nicht weiter." Aufgeben wolle er bei den Bayern trotzdem nicht, auch wenn er wisse, dass nun die Kritik auf ihn einprasseln werde: "Ich bin überzeugt von meiner Arbeit."
FC Barcelona - Bayern München 4:0 (4:0)
1:0 Messi (9.)
2:0 Eto'o (13.)
3:0 Messi (38.)
4:0 Henry (43.)
FC Barcelona: Valdés - Daniel Alves, Márquez, Piqué, Puyol - Xavi, Yaya Touré (81. Busquets), Iniesta - Messi, Eto'o (90. Bojan Krkic), Henry (73. Keita)
Bayern München: Butt - Oddo, Demichelis, Breno, Lell - Schweinsteiger, van Bommel, Zé Roberto (77. Sosa) - Altintop (46. Ottl), Ribéry - Toni
Schiedsrichter: Webb (England)
Zuschauer: 96.000 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Márquez, Messi / Demichelis, Lell Beste Spieler: Iniesta, Messi, Henry