
Leverkusens Champions-League-Einzug Die Schnellstarter
- • Sieg gegen Kopenhagen: Leverkusen schießt sich in die Champions League
- • DFB-Pokal: Mainz scheitert dramatisch - auch Nürnberg raus
Die Angestellten von Bayer Leverkusen tragen in dieser Saison ein sanftes Lächeln, wenn sie nach Fußballspielen durch die Gänge der Stadien laufen. Eine gelassene Zufriedenheit liegt in den Gesichtern. "Sportlich ist das eine große Genugtuung", sagte beispielsweise Rudi Völler nach dem 4:0 gegen den FC Kopenhagen und strahlte.
Der Sportchef beschrieb damit seine Empfindungen zum vollendeten Einzug in die Gruppenphase der Champions League. Was ihn beinahe genauso glücklich macht, ist aber der Fußball, den die Leverkusener spielen. Bayer ist so etwas wie die Mannschaft der Stunde in dieser noch sehr jungen Saison. Das liegt auch daran, dass die Spieler ein erstaunliches Spezialistentum für die ersten Spielsekunden entwickelt haben.
Die meisten Partien brauchen ja eine gewisse Zeit, um richtig Fahrt aufzunehmen. Viele Profis spielen erst mal zwei, drei sichere Pässe, um ein Gefühl für das Tempo und den Ball zu bekommen, um Intensität aufzubauen. Bayer Leverkusen funktioniert anders. Die Mannschaft von Trainer Roger Schmidt verzichtet auf ein solches Herantasten.
Im ersten Spiel im Pokal in Waldalgesheim gingen die Leverkusener in der zweiten Minute in Führung, im Hinspiel in Kopenhagen fiel das 1:0 in der fünften Minute, Karim Bellarabis Rekordtor nach neun Sekunden vom ersten Bundesligaspieltag ist hinlänglich bekannt, und am Mittwochabend dauerte es 68 Sekunden, bis Heung Min Son das erste Tor erzielt hatte.
Bayer spielt unter Schmidt mit der Red-Bull-Taktik
Diese Serie der Blitztreffer ist beeindruckend. "Wir wollen das immer", sagte Hakan Calhanoglu, der die Führung gegen Kopenhagen nach sieben Minuten per Freistoß auf 2:0 ausgebaut hatte. "Am Anfang eines Spiels kann man dem Gegner durch die Körpersprache und die Mentalität zeigen, was man vorhat." Offenbar hat Trainer Schmidt entdeckt, dass es sich lohnt, Gegenspieler, die noch keinen Zweikampf geführt und noch keine Passroutine entwickelt haben, besonders aggressiv unter Druck zu setzen und so Fehler zu provozieren.
Der "Kölner Stadt-Anzeiger" stellte in dieser Woche die These auf, dass genau dieses verblüffend einfache Rezept Teil der vereinsübergreifenden Strategie der Red-Bull-Klubs sei. In New York, Leipzig und Salzburg, wo Leverkusens Trainer Schmidt zuletzt gearbeitet hatte, "gehört das überfallartige Spiel nach dem Anstoß zum Spielkonzept", schreibt die Zeitung und weiter: "Aufgestellt haben es Ralf Rangnick, Sportdirektor in Leipzig und Salzburg, sowie dessen Chef Gérard Houllier, verantwortlich für alle Red-Bull-Vereine weltweit".
Schmidt selbst möchte das nicht bestätigen. "Ich kann nur beurteilen, was in Salzburg war", sagte er, und dort ging es ihm nicht nur zu Beginn, sondern in jeder Phase des Spiels darum, "den Ball zu erobern und schnell nach vorne zu spielen, das ist immer die beste Möglichkeit, ein schnelles Tor zu erzielen", sagte der 47-Jährige nach dem Rückspiel gegen Kopenhagen. Wichtiger als die frühen Tore ist dem Trainer die Tatsache, dass sein riskanter Spielansatz grundsätzlich funktioniert.
Niederlagen zu Beginn der Saison hätten nämlich schnell zum Nährboden für Zweifel an den Ideen des neuen Trainers werden können. Jetzt "merken die Spieler, dass ihnen das eine große Stärke geben kann, ich glaube, dass die Mannschaft sich für diesen Fußball begeistern lässt", sagte der Trainer. Und legt man das Engagement zugrunde, mit dem die Leverkusener bis weit in die zweite Halbzeit spielten, kann daran kaum ein Zweifel bestehen.
Wie reagiert Bayer, wenn Geduld gefordert ist?
Wobei Kopenhagens Trainer Ståle Solbakken anmerkte, dass es mit diesem Fußball der Risikofreude "schwer" werde, wenn "in der Endphase der Champions League Spieler wie Zlatan Ibrahimovic kommen", Kontrahenten also, die die Kunst der Spielverlagerung beherrschen und die großen Räume nutzen, die sich jenseits der Leverkusener Pressing-Zonen auftun. Allerdings wären sie bei Bayer schon froh, wenn sie diese Endphase des Wettbewerbs überhaupt erreichen. Noch ist nämlich noch nicht einmal klar, wie die Mannschaft agiert, wenn sie nicht schon nach fünf Minuten führt; wenn Geduld gefordert oder ein Rückstand verarbeitet werden muss.
Ähnlich wichtig wie der gefeierte Spielansatz des Roger Schmidt ist daher der Gemeinsinn dieses Kaders. Ein Faktor, der in den vergangenen Jahren nicht zu den Stärken des Klubs zählte. Die Stimmung innerhalb des Teams war in der Vergangenheit oft konfliktbeladen, jetzt sagt Stefan Kießling: "Wir sind eine geile Mannschaft, wir haben eine Mentalität, die stimmt auf dem Platz und neben dem Platz."
Wenn die Spieler diesen Zustand über die Saison konservieren können, dann stehen die Chancen gut, dass die Mannschaft auch ohne frühe Tore hervorragend funktioniert.
Bayer Leverkusen - FC Kopenhagen 4:0 (3:0)
1:0 Son (2.)
2:0 Calhanoglu (7.)
3:0 Kießling (31., Foulelfmeter)
4:0 Kießling (66.)
Leverkusen: Leno - Jedvaj, Spahic, Toprak (54. Papadopoulos), Boenisch - Castro, Rolfes (65. Reinartz) - Bellarabi, Calhanoglu, Son - Kießling (73. Drmic)
Kopenhagen: Andersen - Högli, Antonsson, M. Jörgensen, Bengtsson - Delaney, Claudemir - Amankwaa (75. Pourie), Kadrii, Toutouh (58. Gislason) - Cornelius (46. De Ridder)
Schiedsrichter: Clattenburg (England)
Zuschauer: 23.321
Gelbe Karten: - / Amankwaa, De Ridder
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Jubel bei Bayer Leverkusen: Durch den 4:0-Heimsieg gegen den FC Kopenhagen qualifizierte sich das Team für die Champions League.
Dabei zeigte sich eine neue Stärke der Leverkusener: Wie schon im Pokal und beim Liga-Auftakt gegen Dortmund gelang Bayer ein schnelles Tor. Heung Min Son traf nach 68 Sekunden.
Bis zur Pause trafen die Leverkusener noch zwei weitere Male. Die Partie war früh entschieden. Schnelle Tore gehören offenbar zum Konzept von Trainer Roger Schmidt. In der zweiten Hälfte besorgte Stefan Kießling (l.) das 4:0.
Nur fünf Minuten nach Sons frühem 1:0 legte Leverkusen nach: Hakan Calhanoglu verwandelte einen Freistoß direkt.
Gratulation der Teamkollegen: Mit seinem Treffer sorgte Calhanoglu bereits für ein beruhigendes Polster. Das Hinspiel hatte Leverkusen 3:2 gewonnen.
Dann kam der erste Streich von Kießling: Der Stürmer verwandelte in der 31. Minute einen Foulelfmeter.
Im zweiten Durchgang legte Kießling dann nach. Aus vollem Lauf nahm er einen Pass von Castro mit der rechten Außenseite herunter und vollendete mit links in die lange Ecke.
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