BVB verliert in Manchester Die beste Mannschaft der Welt geärgert

Marco Reus (r.) kommt in der ersten Hälfte gegen Ederson nicht an den Ball
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17 Jahr, ganz schön klar: Was wurde in dieser Saison nicht schon über die angeblich fehlende Mentalität von Borussia Dortmund philosophiert? Einer, der sich in Sachen Einstellung in der Regel nichts vorwerfen lassen muss, ist Jude Bellingham. Der Engländer wurde in der Heimat zum zweitjüngsten Startelf-Spieler in der Viertelfinal-Historie der Champions League. Bellingham ging bei Manchester City voran, er zeigte sich unbeeindruckt vom großen Favoriten. Dabei überzeugte Bellingham mit großartiger Laufleistung, erzielte in der ersten Hälfte den vermeintlichen Ausgleich – und war auch an der Entstehung des wichtigen Auswärtstors beteiligt.
Das Ergebnis: Der BVB verlor beim großen Favoriten 1:2 (0:1), hat nach dieser knappen Niederlage aber weiterhin die Chance auf den Einzug ins Halbfinale.
Knauff statt Brandt: BVB-Trainer Edin Terzic stellte seine Startelf nach der 1:2-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt auf drei Positionen um. Was nach einem normalen Vorgang klingt, hatte durchaus Sprengkraft. Denn in der Offensive stellte Terzic mit Ansgar Knauff einen Youngster auf, der in dieser Saison überwiegend in der Regionalliga gespielt hat und bei den Profis erst drei Kurzeinsätze hatte. Stattdessen saßen auf der Bank: Julian Brandt, Thorgan Hazard und Giovanni Reyna. Ein klares Zeichen.
Terzics Spielidee geht auf: Die Favoritenrolle war so klar verteilt wie in keinem anderen Viertelfinale der Champions League. Der in der Bundesliga abgeschlagene Fünfte beim souveränen Tabellenführer der Premier League. Edin Terzic sprach von City im Vorfeld von »der besten Mannschaft der Welt«. Und doch gelang es dem BVB, die Partie offen zu gestalten. Im 4-3-2-1 liefen die Gäste gut an, stellten im Mittelfeld geschickt die Räume zu und trauten sich auch, eigene Angriffe zu starten. Wie so oft in dieser Saison nach guten Spielen in der Königsklasse blieb nach der ersten Hälfte folgender Eindruck: Was wäre für diesen BVB mit konstanten Leistungen möglich?
Dieser eine Fehler: Zu Borussia Dortmund gehört dieser Tage aber auch, mit einer Unkonzentriertheit, mit einem Schnitzer sich selbst viel kaputt zu machen. In Manchester fiel diese Rolle Emre Can zu. Jenem Can, der mit seiner Erfahrung, mit seiner Ausstrahlung die Rolle eines Schlüsselspielers in dieser jungen Mannschaft übernehmen soll. Der 27-Jährige hatte im Mittelfeld viel Platz, es gab verschiedene Passoptionen und Can wählte das Risiko. Das Zuspiel misslang völlig, City bekam dadurch eine Kontermöglichkeit, die Phil Foden, Riyad Mahrez und Torschütze Kevin De Bruyne perfekt ausspielten (19. Minute).
Falscher Hauptdarsteller: Nach dem 1:0 für City übernahm kurzzeitig Schiedsrichter Ovidiu Hategan eine Hauptrolle, was selten ein gutes Zeichen in einem so wichtigen Spiel ist. Zunächst zeigte der Rumäne auf den Elfmeterpunkt, weil er Cans Zweikampf gegen Rodrigo als Foul wertete (30.). Diese Entscheidung nahm Hategan nach Ansicht der TV-Bilder zurück. Diese Entscheidungsmöglichkeit hätten sich die Dortmunder auch in der 37. Minute gewünscht. Raphael Guerreiro spielte einen langen Pass, Ederson kam aus seinem Tor – und Bellingham spitzelte den Ball vorbei. Dabei traf er zuerst Ball und dann den Gegner, es gab einen lauten Knall und Hategan entschied sofort auf Foul. Wenn er zwei Sekunden auf Bellinghams Tor gewartet hätte, wäre ein zweiter Review möglich gewesen. Letztlich war es eine nachvollziehbare Entscheidung, die aber auch anders hätte ausgehen können.

Marco Reus erzielt das Tor, Erling Haaland vergibt seine größte Chance
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Der Torjäger trifft nicht: Den Dortmundern droht in den kommenden Wochen eine Endlos-Saga um Torjäger Erling Haaland. Der Norweger scheint innerhalb weniger Monate zu groß für den BVB, zu groß für die Bundesliga geworden zu sein. Deshalb gibt es einige interessierte Topklubs, allerdings greift erst 2022 eine Ausstiegsklausel. Das hindert Haalands Vater und Berater nicht daran, Verhandlungen mit anderen Vereinen aufzunehmen. Was der Torjäger selbst will, ist nicht bekannt. Ganz spurlos scheint das Thema nicht an ihm vorbeizugehen. Haaland wirkt bisweilen genervt und seine vergebene Großchance in der 48. Minute hätte er in anderen Phasen der Saison – in der Champions League hat er schon zehn Mal getroffen – vermutlich genutzt. Einer der Linienrichter wollte nach dem Abpfiff trotzdem ein Autogramm von Haaland.
Das wichtige Auswärtstor: Was diese knappe Niederlage wert ist, werden die Dortmunder erst in der kommenden Woche nach dem Rückspiel wissen. Ein Auswärtstor ist in der Champions League stets wichtig, doch es ist schwer vorstellbar, dass sich das Team von Trainer Pep Guardiola ein zweites Mal überraschen lässt. Der BVB träumte nach dem Treffer von Marco Reus (84.) – nach Vorarbeit von Haaland – sogar von einem Remis, doch bei Fodens Siegtor (90.) stimmte die Zuteilung in der Defensive ein zweites Mal nicht.