BVB-Triumph über Málaga Vier Minuten für die Ewigkeit
Laut ist es im Dortmunder Stadion eigentlich immer. Aber so laut war es wohl noch nie. Die Südtribüne wackelte, die Menschen verwandelten sich in ein hüpfendes gelbes Knäuel. Es regnete Bier von den Rängen. Euphorie überall. An diesem Abend fand in Dortmund eine der größten Partys Europas statt.
Und mittendrin in dem gigantischen Jubel, in diesem überkochenden Kessel saß Felipe Santana. Der Brasilianer kauerte auf seinen Knien am Fuße der Südtribüne und erhob seine Arme zum Gebet. Während alles um ihn herum feierte, tobte, explodierte, kniete der Siegtorschütze des 3:2-Last-Minute-Erfolges im Champions-League-Viertelfinale über den FC Málaga alleine auf dem Rasen.
Dieses Bild hielt jedoch nur wenige Sekunden. Dann strömten Santanas Mannschaftskollegen aus allen Himmelsrichtungen auf den Verteidiger zu und begruben ihn unter sich. Selbst Außenverteidiger Marcel Schmelzer, der sich vor kurzem das Nasenbein gebrochen hatte, stürzte sich ohne Rücksicht auf seine Gesundheit in den Pulk.

Champions League: Der Last-Minute-Triumph
"Nach dem Schlusspfiff bin ich einfach nur noch gerannt. Ich weiß nicht, wohin ich gerannt bin, ich bin einfach nur gerannt. Irgendwann hatte ich Marco Reus im Arm. Den habe ich dann nicht mehr losgelassen. Dieses Spiel war eine Explosion der Gefühle, das wird in die Geschichtsbücher eingehen", sagte der sonst sehr sachliche Ilkay Gündogan.
Und tatsächlich stehen diese letzten vier Minuten der Nachspielzeit dem 1999er-Drama des FC Bayern München im Endspiel gegen Manchester United oder dem Finale der Champions League im Jahr 2005 zwischen dem FC Liverpool und dem AC Mailand nur wenig nach. Fans von Borussia Dortmund erinnern sich bei solchen Fußballwundern am ehesten an das Europapokalspiel gegen Deportivo de La Coruña. 1994 erreichte Dortmund durch zwei Tore in der Verlängerung das Viertelfinale.
Doch der nicht mehr für möglich gehaltene Sieg über den FC Málaga ist noch viel größer. 1:2 lag der BVB nach 90 Minuten zurück. Alles schien verloren. Dann schlugen Reus und Santana in der vier Minuten dauernden Nachspielzeit zu. "Nach der letzten Champions-League-Saison galten wir als Versager, die es europäisch nicht bringen. Jetzt sind wir im Halbfinale", sagte Mats Hummels. Santanas Treffer steigert nicht nur die sportliche Relevanz des Vereins und befüllt die Konten des Clubs mit weiteren Millionen, er schien vor allem den Spielern und Funktionären noch mehr Selbstvertrauen zu geben.
Subotic will jetzt "alles gewinnen"
"Ab jetzt ist alles möglich. Von den verbliebenen Teams sind wir wohl vom Namen her das kleinste. Aber genau diese Rolle liegt uns am besten. Es sind nur noch drei Spiele bis zum ganz großen Ziel", sagte Nuri Sahin. Auch Innenverteidiger Neven Subotic merkte an: "Jetzt wollen wir alles gewinnen." Man traut diesem von Emotionen geleiteten Team nach diesem Abend fast alles zu. "Es war für mich schon sehr erstaunlich zu sehen, welchen Trotz diese junge Mannschaft entwickeln kann, wenn sie es will", sagte Sportdirektor Michael Zorc.

Dortmund in der Einzelkritik: So spielten die BVB-Helden
Und das, nachdem Eliseus Tor zum 1:2 (81. Minute) eigentlich den Sargnagel für alle europäischen Ambitionen des BVB bedeutet hatte. "Ich wurde kurz nach dem Tor ausgewechselt und saß auf der Bank. Dort habe ich meinen Kopf in meinem Trikot vergraben und die ganze Zeit über unsere vergebenen Chancen aus dem Hinspiel nachgedacht. Es hat sich sehr ungerecht angefühlt, dass wir nun ausscheiden sollten. In diesem Moment habe ich auch nicht mehr daran geglaubt, dass wir das hier noch drehen könnten", sagte Gündogan.
Dass vor allem Reus, der das ganze Spiel über größtenteils Verstecken gespielt hat und kaum in Erscheinung trat, am Ende der Partie zwei Torvorlagen und einen eigenen Treffer verbuchen durfte, muss wohl als individuelle Klasse verbucht werden. Zumindest war auch Reus ein Grund dafür, "dass es bei uns in der Kabine aber mal so richtig abgegangen ist. Es wurde laut gesungen, getanzt, Musik gehört", sagte Subotic.
Doch selbst nach der Ekstase dieser dramatischen Schlussphase blieben manche ganz cool: Lewandowski, angesprochen auf die Möglichkeit, ob der Tag nach einem solchen Spiel trainingsfrei sein sollte, antwortete recht trocken: "Nein. Wir werden normal trainieren. Wir haben noch überhaupt nichts gewonnen." Und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte nach dem Abpfiff vollen Ernstes: "Es gibt keine große Feier. Am Samstag haben wir ein schweres Spiel in Fürth." In Fürth.
Einen Tag vorher werden allerdings noch die Halbfinals ausgelost. Dann geht es nicht um Fürth. Für Dortmund geht es jetzt um die Kategorie Real Madrid, FC Barcelona, Bayern München. Der BVB ist jetzt einer von den ganz Großen.