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Hildebrand-Patzer gegen Chelsea "Jetzt krieg ich wieder auf die Fresse"

Da half nicht einmal Trost von José Mourinho persönlich: Mit einem äußerst unglücklichen Fehler hatte Timo Hildebrand die Schalker Niederlage beim FC Chelsea eingeleitet. Nun erwartet ihn eine Torwartdiskussion, Sportchef Heldt sucht schon einen Nachfolger.

Timo Hildebrand klang, als habe es die dunkle 31. Minute an der Stamford Bridge gar nicht gegeben. "Ja, gerne", antwortete der Schalker Schlussmann höflich auf die Frage nach einem Kommentar zu seinem folgenschweren Blackout gegen den herangepirschten Samuel Eto'o - und fügte hinzu: "Ich hab's ja schon ein paarmal erklärt."

Ein weiteres Mal macht da auch keinen Unterschied mehr, sollte das wohl heißen. Also beschrieb Hildebrand erneut, wie sich Chelseas kamerunischer Angreifer an ihn herangeschlichen hatte. Mit dem bösen Ende, dass der zögerliche Keeper seinen Abschlag an das Bein von Eto'o schoss, von wo der Ball zum 0:1 ins Tor hoppelte. Es war der Anfang vom Ende, machte einen guten Start von Schalke und Hildebrand zunichte, beim Abpfiff stand es 0:3. So wie schon beim ersten Duell in Gelsenkirchen, zwei Wochen zuvor.

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Chelsea vs. Schalke: Slapstick mit Timo

Foto: Jamie McDonald/ Getty Images

"Am Ende war es zweimal ein klares Ergebnis. Das ist ernüchternd", seufzte Sportvorstand Horst Heldt: "Ich habe den Pressschlag gesehen, habe dann gesehen, wohin der Ball rollt. Da bin ich aufgestanden und habe mich umgedreht."

Heldt neigt offenkundig nicht zum Masochismus, deshalb ersparte er es sich, dem Ball auf seinen letzten Umdrehungen Richtung Tor zuzuschauen. "Timo hat einen blöden Fehler gemacht. Das war unnötig wie ein Kropf, und das weiß er auch. Aber das wird ihn nicht umwerfen", erklärte Heldt dann später in der ungewöhnlichen Interviewzone des FC Chelsea, direkt am Spielfeldrand.

Neben ihm absolvierte der tragische Held des Abends stoisch seinen Interview-Marathon. Die Tatsachen - sein fortgeschrittenes Fußballeralter (34) und sein auslaufender Vertrag - sind Hildebrand dabei prinzipiell geläufig. Ebenso wie der Umstand, dass Heldt für die Winterpause ein Zukunftsgespräch mit dem Keeper angekündigt und bereits offen erklärt hat, dass der Verein "den Markt sondiere".

So kursiert zum Beispiel der Name von Hannovers Torhüter Ron-Robert Zieler als möglichem Nachfolger - und Hildebrand ahnte im Londoner Nieselregen: "Jetzt krieg ich wieder auf die Fresse, und manch einer wird wieder eine Torwartdiskussion ausrufen."

Heldt beschwert sich über Chelseas Operettenpublikum

Dabei hatte der Mann, dem unter anderen Chelsea-Coach José Mourinho unmittelbar nach dem Spiel Trost spendete, vor und nach seinem Aussetzer gut gehalten. "Aber so ein Ding stellt natürlich alles in den Schatten", wusste Hildebrand, der sich von den wenig zimperlichen englischen Zuschauern fortan hämische Rufe gefallen lassen musste, sobald der Ball auch nur in seine Nähe kam.

"Es war ja schön, dass sich die Chelsea-Fans überhaupt mal zu Wort gemeldet haben - denn sonst wär's ja ziemlich langweilig geworden", erlaubte sich S04-Manager Heldt einen Seitenhieb auf das ausgesprochen emotionslose Publikum an der Stamford Bridge.

Der verunglimpfte Hildebrand machte das Beste aus dem unangenehmen Abend, verkroch sich nicht, sondern ging ähnlich offensiv wie Freiburgs Torhüter Oliver Baumann nach dem Dreifachpatzer gegen Hamburg (0:3) mit seinem persönlichen Waterloo um: "Ich hätte mir das gerne erspart, aber ich kann damit leben", sagte Hildebrand, ließ aber auch leichte Zweifel an der eigenen mentalen Stärke aufglimmen, als er sagte: "Ich hoffe, ich bin stark genug, damit umzugehen."

"Die Champions League ist halt ein anderes Niveau"

Stark genug, um es zum vierten Mal nach 2007, 2010 und 2012 ins Achtelfinale der Champions League zu schaffen, dürfte auch der FC Schalke sein. Das allerdings liegt weniger an der Qualität der Gelsenkirchener als an der wenig angsteinflößenden Konkurrenz aus Basel und Bukarest. Mit einem Sieg beim rumänischen Meister und einer Niederlage der Baseler gegen Chelsea können sich die Königsblauen in drei Wochen sogar vorzeitig für die K.-o.-Runde qualifizieren. Und klappt es da nicht, bleibt ihnen immer noch das Heimspiel gegen die Schweizer am 6. Dezember.

"Wir haben jetzt zwei machbare Spiele", sagte auch Schalke-Trainer Jens Keller, während Heldt noch immer über die zurückliegenden 90 Minuten grübelte: "Es sind Nuancen, die so ein Spiel entscheiden. Chelsea geht mit seinen Chancen ganz anders um als wir, viel effizienter."

Das sei "natürlich auch ein Unterschied der Qualität", so Heldt. "Die Champions League ist halt ein anderes Niveau."

FC Chelsea - FC Schalke 04 3:0 (1:0)
1:0 Eto'o (31.)
2:0 Eto'o (54.)
3:0 Ba (83.)
Chelsea: Cech - Ivanovic, Cahill, Terry, Azpilicueta - Ramires, Mikel, Oscar (81. Lampard) - Willian, Eto'o (77. Ba), Schürrle (78. de Bryune) Schalke: Hildebrand - Uchida, Höwedes, Matip, Aogo - Neustädter, Jones - Draxler (62. Clemens), Boateng (76. Kolasinac), Christian Fuchs (67. Meyer) - Szalai
Schiedsrichter: Svein Oddvar Moen (Norwegen)
Zuschauer: 40.000
Gelbe Karten: Draxler, Jones, Uchida

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