City gegen Real im Champions-League-Halbfinale Wie ein Ringkampf, der nicht enden will

Was für ein atemloses Spiel: Manchester City war im Halbfinalhinspiel gegen Real Madrid am Ende zwar der knappe Sieger, aber im Grunde haben an diesem Abend alle gewonnen. Es war ein Fest für den Fußball.
Bernardo Silva feiert sein Tor zum zwischenzeitlichen 4:2

Bernardo Silva feiert sein Tor zum zwischenzeitlichen 4:2

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OLI SCARFF / AFP

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Verfehlte Erwartungen: Rund um die 60. Minute ließ Manchester City den Ball durch die eigenen Reihen laufen und kontrollierte das Spiel, während Real Madrid tief in der eigenen Hälfte stand. Im Vorfeld des Halbfinal-Hinspiels in der Champions League war genau das erwartet worden. Doch es war eine Ausnahme in einem Spiel, das an zwei in sich den Armen liegender Boxer erinnerte, die sich in den Runden zuvor mit atemlosen Schlagkombinationen malträtiert hatten.

Schlag auf Schlag: In der 74. Minute schnappte sich dann Bernardo Silva den Ball am Sechzehner, dribbelte ein, zwei Meter und schoss schier ansatzlos in den linken Winkel. Ein Traumtor, das 4:2 für City, wie ein rechter Haken für Real. Aber ein K.o.? Ganz sicher nicht. Denn es gibt wohl kein Team in Europa mit besseren Nehmerqualitäten und es gibt derzeit wohl keinen cooleren Stürmer als Karim Benzema, der nach gleich zwei verschossenen Elfmetern in der Liga gegen Osasuna nun einen weiteren aufreizend entspannt in die Mitte lupfte (82.) und damit die Hoffnungen von Real am Leben hielt.

Das Ergebnis: Das 4:3 (2:1) sollte dann aber wirklich der Endstand sein. Lesen Sie hier den Spielbericht.

Die Klischees: Oft heißt es, dass es Pep Guardiola »mal wieder« in den entscheidenden Momenten mit fehlerhaften Taktiken verbocken wird. Oder, dass Real im Hinspiel ruhig schlecht aussehen kann, weil die Madrilenen im Rückspiel angeführt von den Granden Luka Modrić und Karim Benzema ohnehin eine weitere Wiederauferstehung feiern werden. Beantworten ließ sich die Frage nach dem großen Gewinner oder Verlierer noch nicht. Sicher ist aber wohl, dass Benzema herausragend spielt, in dieser Saison steht er bereits bei 14 Treffern in der Champions League.

Erste Hälfte: 13 Minuten brauchte der sonst stoisch an der Seitenlinie stehende Carlo Ancelotti, um sich erstmals zum Vater-Sohn-Gespräch mit Co-Trainer Davide zurückzuziehen. Da war bereits Riyad Mahrez an lethargischen Real-Spielern vorbeigedribbelt, um für Kevin De Bruyne aufzulegen (2.). Und da hatte sich Gabriel Jesus um den angeschlagen ins Spiel gegangenen David Alaba gewunden und eingeschoben (11.). City hätte 5:0 führen können, in einer Partie, in der es nur so hoch und runter ging, weil das Team von Guardiola selbst im Aufbau wackelte. Dadurch fing es sich auch den Anschlusstreffer, Benzema nahm eine Flanke direkt. Und wenn Benzema den Ball in dieser Saison direkt nimmt, dann ist er drin (33.).

Besorgniserregende Defensive: Real Madrid zeichnet sich eigentlich durch eine stabile Defensive und schnelle Umschaltsituationen über Vinícius Junior und Benzema aus. Gegen City lief Real aber bereits im ersten Durchgang wiederholt in Gleich- oder sogar Unterzahlsituationen im eigenen Strafraum. Das Verteidigen in Überzahl, das bereits in der Kreisliga gepredigt wird, hat es offenbar nicht bis ins Champions-League-Halbfinale geschafft. Zur Pause musste zudem Cheforganisator Alaba raus, nachdem er bereits angeschlagen in die Partie gegangen war. »Ging schon mal besser«, sagte Alaba nach der Partie bei Prime Video.

Nicht ganz fit in Manchester: David Alaba

Nicht ganz fit in Manchester: David Alaba

Foto: Dave Thompson / AP

Zweite Hälfte: Nach der Pause ging es ähnlich verrückt weiter wie, das zeigten allein die knapp 120 Sekunden zwischen 3:1 und 3:2: Beide Male suchte Mendy, schnell wie ein Pfeil, trickreich wie ein Außenstürmer, aber leider Linksverteidiger, den tatsächlichen Linksaußen Vinícius. In der 53. Minute spritzte Fernandinho in den Pass, startete durch und bereitete per Flanke das Kopfballtor von Foden vor. In der 55. Minute antizipierte Fernandinho erneut, diesmal ließ Vinícius aber den Ball durchlaufen, sprintete mit seinem fast schon unfairen Tempo gen Tor und schob ein. Szenen, die zeigen, wie entscheidend Kleinigkeiten sind.

Die Hoffnung: Der Fußball steht immer wieder in der Kritik für Abgehobenheit, Zuschauende wenden sich ab. Das liegt auch an durchkommerzialisierten Konstrukten wie City: Vor der Partie verteilte der Klub Tausende Flaggen an Fans, die das Stadion in Blau und Weiß hüllten, bei Twitter wiederum wurden in der Halbzeitpause 100 dieser Stoffe an Anhänger verschenkt, die sich dafür im Gegenzug auf der Klub-Homepage registrierten. Alles eine große Marketing-Aktion. Doch Spiele wie dieses entschädigen für viel.

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