VfL-Niederlage in Eindhoven Teenager unter Druck
Körperliche Schmerzen spürte Wolfsburgs Torwart Diego Benaglio kaum noch, als er das Stadion der PSV Eindhoven durch einen Vorbau aus weißer Plane in Richtung Mannschaftsbus verließ, dafür plagten ihn seelische Beschwerden.
Am vierten Gruppenspieltag der Champions League war Benaglio nach einer halben Stunde mit Eindhovens Angreifer Jürgen Locadia zusammengeprallt, lag minutenlang im Rasen und musste sich unter den Pfiffen des leicht entflammbaren Eindhovener Publikums an Kopf und Nacken behandeln lassen. An der Seitenlinie machte sich Ersatztorwart Koen Casteels bereit, doch Benaglio konnte weiterspielen. "Ich habe noch einen leichten Brummschädel, aber die Niederlage schmerzt mehr", berichtete er beim Weg in den Feierabend.
Die Wolfsburger hatten in Eindhoven völlig zu Recht 0:2 verloren und damit die Chance verpasst, den ersten Tabellenplatz in der Vorrundengruppe B zu untermauern und einen gewaltigen Schritt in Richtung Achtelfinale zu machen. Sie sind nur noch Dritter, einen Punkt hinter Manchester United und punktgleich mit den Eindhovenern, die Wolfsburgs 2:0-Erfolg aus dem Hinspiel im direkten Vergleich egalisieren konnten mit dem Sieg vor eigenem Publikum.

Bei ZSKA Moskau Ende des Monats kommt der VfL um einen Sieg nicht drum herum, wenn es mit dem Achtelfinale klappen soll. Am letzten Spieltag droht gegen Manchester United ein Finale. Trainer Dieter Hecking hatte unter dem Eindruck der Niederlage gegen den PSV allerdings keine Lust, sich mit Konstellationen und Eventualitäten zu befassen: "Wir müssen auswärts anders auftreten, sonst müssen wir gar nicht auf die anderen gucken."
Nach dem Hinspiel vor zwei Wochen hatten die Verantwortlichen des VfL von internationaler Reife gesprochen und davon, dass die Mannschaft Erwachsenen-Fußball zeige. In der Enge des Eindhovener Stadions gaben die Wolfsburger zu erkennen, dass sie noch lange nicht so weit sind, wie sie dachten. Sie zeigten maximal Teenager-Fußball.
Zwar hatten sie mehr Ballbesitz und ordentliche Zweikampf-Werte. Doch die Mannschaft wirkte, als sei ihr der Wert des Spiels nicht bewusst. Als wisse sie nicht um die Chance, eine Vorentscheidung in Sachen Achtelfinal-Einzug zu schaffen. "Wir haben die Gelegenheit nicht genutzt und auch nicht so gespielt, als ob wir sie nutzen wollten", sagte Sportchef Klaus Allofs. Ein ebenso hartes wie treffendes Urteil.
Dante saß wieder nur auf der Bank
Den Wolfsburgern fehlte im Vorwärtsgang jegliche Inspiration. Maximilian Arnold, überraschend von Beginn an im Team, rieb sich im offensiven Mittelfeld auf, hatte seine auffälligste Szene allerdings, als er in der ersten Halbzeit mit einem taktischen Foul ohne Erfolg versuchte, einen Konter zu unterbinden und dafür die Gelbe Karte sah. André Schürrle leistete sich einen Fehlpass nach dem anderen. Ihm fehlt auch neun Monate nach seinem Wechsel zum VfL die Bindung zum Spiel der Mannschaft. Julian Draxler kam wie schon beim 2:1 gegen Leverkusen am Wochenende als Einwechselspieler zum Einsatz, vermochte die Partie in den letzten 20 Minuten allerdings nicht mehr zu drehen.
Locadia hatte in der 55. Minute zum 1:0 für Eindhoven getroffen, Luuk de Jong stellte mit einem Lupfer kurz vor Schluss den Endstand her. Bei beiden Treffern sah die Wolfsburger Abwehr schlecht aus. Zuerst ließ sich Sebastian Jung abhängen, dann Naldo, der zusammen mit Timm Klose die Innenverteidigung bildete. Dante, eigentlich als Stabilisator der Defensive gedacht dank seiner Erfahrung, saß zum zweiten Mal nacheinander auf der Bank. Seine Leistung bei der 1:3-Niederlage im Pokal gegen den FC Bayern in der vergangenen Woche hat Trainer Hecking offenbar nachhaltig zum Nachdenken gebracht.
Chancen hatte der VfL in Eindhoven nur zwei: durch Bas Dost in der ersten Halbzeit und durch Naldo kurz vor Schluss. "Wir haben nach vorne viel zu wenig auf die Beine gestellt - und waren hinten auch noch anfällig", fasste Sportchef Allofs die Dimensionen der Wolfsburger Niederlage zusammen. So könne man in der Champions League nicht punkten, zumal auswärts.
Genau das wird aber nötig sein, wenn der VfL in drei Wochen nach Moskau reist.