Chaos bei den Franzosen Spieler boykottieren Training, Manager wirft hin

Nicolas Anelka ist weg, das Chaos bleibt: Das Training der Franzosen musste nach einem heftigen Disput zwischen Kapitän Evra und dem Fitnesstrainer beendet werden. Das Team wollte sich solidarisch mit dem gefeuerten Anelka zeigen. Daraufhin erklärte der Teammanager seinen Rücktritt.
Frankreichs Stürmer Anelka: Öbszöne Beleidigung gegen den Trainer Domenech

Frankreichs Stürmer Anelka: Öbszöne Beleidigung gegen den Trainer Domenech

Foto: DPA/ L'EQUIPE

Hamburg - Was ist nur bei der Grande Nation los? Mit den obszönen Beleidigungen von Nicolas Anelka gegen Trainer Raymond Domenech hatte sich am Samstag das Drama fortgesetzt, das mit einem Unentschieden und einer Niederlage in den beiden ersten WM-Spielen begann. Doch wer dachte, dies wäre der Tiefpunkt beim amtierenden Vizeweltmeister, wurde am Sonntag eines Besseren belehrt.

Kurz vor Beginn des öffentlichen Trainings entbrannte auf dem Platz eine hitzige Diskussion zwischen dem französischen Kapitän Patrice Evra und Fitnesstrainer Robert Duverne. Dieser warf daraufhin seine Stoppuhr quer über den Trainingsplatz. Der umstrittene Domenech musste dazwischengehen. Daraufhin verließen die Spieler den Platz und stiegen wieder in den Mannschaftsbus.

"Das ist ein Skandal für Frankreich, das Team und den Verband", sagte Teammanager Jean-Louis Valentin. Er erklärte, das Team verweigere als Reaktion auf den Streit zwischen Evra und dem Fitnesstrainer sowie der Suspendierung von Anelka das Training. "Sie wollen nicht trainieren. Das ist inakzeptabel", sagte der 46-Jährige, "ich bin angewidert". Valentin gab daraufhin seinen sofortigen Rücktritt bekannt. "Für mich ist es hiermit vorbei, ich verlasse den Verband. Ich bin empört," so Valentin, der in sein Auto stieg und davonfuhr.

Domenech liest Erklärung der Mannschaft vor

Als die Mannschaft verschwunden war, las Domenech in deren Namen sogar eine Stellungnahmne vor. "Alle Spieler, ohne Ausnahme, protestieren gegen die Entscheidung der FFF (französischer Fußballverband, Anm. d. Red.), Nicolas Anelka zu suspendieren", zitierte der Coach. Die Weigerung des Verbands, sich vor dem Rauswurf von Anelka mit diesem auszutauschen, habe zu dem Trainingsboykott geführt. Am Ende des Briefs hieß es: "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Wir werden alles geben, damit Frankreich seine Ehre wiederfindet."

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Nicolas Anelka: Schlecht gespielt, verbal entgleist

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Die FFF hat das Verhalten der Spieler als "inakzeptabel" zurückgewiesen und versichert, die Krise werde nach dem Turnier Folgen nach sich ziehen. Man habe die Trainings-Verweigerung der Profis am Sonntag im WM-Quartier in Knysna mit "Bestürzung" zur Kenntnis genommen, heißt es in einem auf der FFF-Seite veröffentlichten Kommuniqué. Man entschuldige sich für das Verhalten der die Nation vertretenden Spieler. Über die Konsequenzen solle bei einer unmittelbar nach WM-Ende einzuberufenden Verbands- Versammlung debattiert werden.

Mannschaft sucht den Maulwurf

Dem jüngsten Eklat im französischen Team gingen bereits Spekulationen über einen Verräter innerhalb der Mannschaft voraus. Für Evra und Bayern-Star Franck Ribéry ist ein "Maulwurf" Schuld an der Verbannung Anelkas, dessen Äußerungen aus der Kabine an die Öffentlichkeit gelangten.

Der Stürmer soll den Coach nach der 0:2-Niederlage gegen Mexiko mit den Worten "Fick dich in den Arsch, du Hurensohn" bepöbelt haben. Ribéry bekannte, beim Abschied Anelkas aus dem WM-Quartier "Tränen in den Augen gehabt" zu haben. Der Bayern-Star erklärte, dass die Mannschaft für einen Verbleib des Chelsea-Stürmers gewesen sei. "Er ist sehr betroffen, weil er die Nationalelf liebt", so Ribéry.

Davon war in den ersten beiden Begegnungen nicht viel zu sehen. Frankreich blieb beim Auftaktspiel gegen Uruguay blass und musste sich am Ende mit einem 0:0 zufriedengeben. Nach der Niederlage gegen Mexiko sind die Franzosen jetzt sogar auf fremde Hilfe angewiesen. Sollte Mexiko im letzten Gruppenspiel unentschieden gegen Uruguay spielen, müsste der Weltmeister von 1998 bereits nach der Vorrunde die Heimreise antreten - unabhängig vom Ausgang seines eigenen Spiels gegen Südafrika (alle Dienstag ab 16 Uhr im Liveticker bei SPIEGEL ONLINE.)

mig/met/sid/dpa/reuters
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