BVB-Talent Pulisic Wie Götze - nur ohne Hype

BVB-Sturmtalent Christian Pulisic
Foto: Ina Fassbender/ dpaEs gibt bei Borussia Dortmund gute Gründe, nicht allzu lautstark Vergleiche mit Mario Götze anzustellen. Derzeit, da man nicht weiß, in welche Richtung sich die Karriere des Hochbegabten bewegt, gibt es noch ein paar Gründe mehr. Vor einem Jahr war man da noch nicht so zurückhaltend. Als Christian Pulisic als 17-Jähriger seine ersten Minuten in der Fußball-Bundesliga absolvierte, waren die Zeitungen voll der Überschriften vom "kleinen Mario Götze", vom nächsten "Super-Bubi des BVB".
Vergleiche im Fußball sind immer so eine Sache. Aber ein paar Details gibt es schon, die den jungen US-Amerikaner in die Nähe des WM-Finaltorschützen rücken. Auch er debütierte früh in der Bundesliga. Als er im Januar des Vorjahres sein erstes Spiel machte, war er damit der achtjüngste Profi in der Geschichte der Bundesliga. Auch er ist kein Kraftpaket, lebt wie der frühe Götze vom Dribbling, vom Elan, von der Technik.
Aber anders als bei Götze gestaltet sich die Laufbahn von Pulisic bisher behutsam, es gibt nicht den Wunderkind-Tumult, zu viele junge Spieler hat die Borussia mittlerweile im Kader, als dass die gesamte Öffentlichkeit nur auf ihn starren würde. Im Gegenteil: Pulisic hat in dieser Saison bei 19 von 23 Spielen mitgewirkt, er war zehn Mal in der Startelf, seit dem 15. Spieltag hat er jede Partie mitgemacht, aber man kann wirklich nicht behaupten, dass deswegen ein Pulisic-Hype ausgebrochen wäre.
Schon 2014 vom BVB verpflichtet
Auch am Abend beim so wichtigen Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Benfica Lissabon (20.45 Uhr ZDF, Liveticker SPIEGEL ONLINE) stehen seine Chancen sehr gut, die Partie von Anfang an zu bestreiten. Marco Reus hat sich am Wochenende bei der schwarz-gelben Festveranstaltung gegen Bayer Leverkusen verletzt, er wird dem Klub mal wieder für einige Wochen nicht zur Verfügung stehen. Pulisic hat ihn gegen Bayer glänzend ersetzt, hat ein schönes Tor erzielt und ein weiteres vorbereitet. Im Spieltags-Index SPIX von SPIEGEL ONLINE erhielt er dafür die höchsten Noten. Es war die beste Werbung für einen Startelfeinsatz am Mittwoch.
Werbung hat der junge Amerikaner schon früh für sich gemacht. 2014 war er den Dortmundern bei einem Jugendturnier in der Türkei aufgefallen, Pulisic spielte damals für den U17-Nachwuchs der USA, machte Eindruck - der BVB griff gleich zu.
Mit gerade 16 Jahren und begleitet von seinem Vater sagte Pulisic den USA Goodbye, die Mutter und die Geschwister blieben daheim. Ein großer Sprung in diesem Alter, aber der internationale Fußball ist mittlerweile so, dass sich Karrieren schon in so jungen Jahren entscheiden. "Es war die härteste Sache, die ich in meinem Leben bisher gemacht habe", sagte er in einem Interview mit dem Sport-Onlinemagazin "Spox". "Aber es war das Opfer, das ich bringen muss für meinen Traum, in Europa zu spielen."
In England reifte der Profiwunsch
So ganz fremd war ihm das Reisen ohnehin schon damals nicht, als Kind war er mit seinen Eltern für ein Jahr nach England gezogen, dort hatte er bei den Brackley Town Saints die Leidenschaft für den Fußball entdeckt. Der BVB steckte ihn zunächst in die Jugendteams - was gar nicht so einfach war, weil er als Nicht-EU-Bürger laut Fifa-Statuten gar nicht als Jugendspieler in Europa eingesetzt werden durfte. Also wurde - auch so ist der Fußball mittlerweile - flugs ein kroatischer Pass für ihn beantragt, weil sein Großvater aus Kroatien stammt. Und schon war es kein Problem mehr mit der Spielgenehmigung.
Talentierte Spieler mit zwei Pässen wecken Begehrlichkeiten bei den entsprechenden Fußballverbänden, und so griff der damals noch amtierende US-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann schleunigst zu und nominierte Pulisic sowohl für die WM-Qualifikation als auch für die Copa America. Damit ist der junge Mann auch fußballerisch wieder ein Amerikaner, kein Kroate.
Wie lange er in Dortmund spielen wird, das weiß kein Mensch. Dem FC Liverpool mit Pulisic-Kenner Jürgen Klopp wird gesteigertes Interesse nachgesagt. Der Vertrag des Teenagers in Dortmund läuft allerdings erst einmal bis 2020.
Deutschland, das war für ihn bei seiner Ankunft nicht mehr "als Schnitzel und Bier", aber mit dieser Basis kann man in Dortmund schon einmal beginnen. Mittlerweile spricht Pulisic auch ein leidliches Deutsch und hat sogar jemanden, mit dem er gemeinsam Vokabeln pauken kann. Sein Cousin Will ist auch 18 Jahre jung, Torwart und mittlerweile auch in Deutschland gelandet. Natürlich bei Borussia Dortmund.