DFB-Kader für den Confed Cup Land und Leute kennenlernen

Bundestrainer Joachim Löw
Foto: Arne Dedert/ dpaJoachim Löw geriet richtig ins Schwärmen, als er vom Confed Cup sprach. Eine "klasse Veranstaltung", so "wichtig für die Spieler, gegen Top-Teams anzutreten", die "Begeisterung des Publikums". Ja, es war schön, damals 2005 in Deutschland.
Zwölf Jahre später hat Löw seinen Kader für den Confed Cup in Russland nominiert, und die Zusammenstellung des Aufgebotes verrät vor allem eines: Wie unwichtig dem Bundestrainer dieses Turnier ist.
Sechs Neulinge nimmt Löw mit nach Russland, darunter den Leipziger Diego Demme und Hertha-Verteidiger Marvin Plattenhardt, die sich die Nominierung durch eine starke Saison sicher verdient haben, die aber wohl keiner auf der Rechnung für die WM im kommenden Jahr hat.
"Der Confed Cup ist für uns eine Zwischenstation, ein Warm-up für die Mission WM", umschrieb Löw den Wert des Turniers im Sommer, die richtige Gelegenheit, "einen Perspektivkader" auszuprobieren, schließlich sei eine WM "kein Schnupperkurs". Als er sich zur Bedeutung des Confed Cup äußern sollte, rang er sich lediglich ein: "Fakt ist, er findet statt" ab. Als er pflichtgemäß nachschob, man werde sich "natürlich genauso professionell vorbereiten wie auf eine WM oder eine EM", konnte er sich das Lächeln immerhin noch verkneifen.
Drei Weltmeister im Kader
Julian Draxler, Matthias Ginter und Shkodran Mustafi - das sind die verbliebenen Weltmeister von 2014, die sich im Kader wiederfinden. Ansonsten dürfen viele ran, für die die WM im kommenden Jahr ein Traum bleiben wird, wenn all die Arrivierten aus ihrem Sommerurlaub zur Nationalmannschaft zurückgekehrt sind. Auch Sandro Wagner, nach eigener Aussage Deutschlands bester Stürmer, darf sich im reifen Alter von 29 Jahren erstmals in der A-Nationalmannschaft beweisen. Dafür bleibt Bremens Max Kruse, den viele im Sturm erwartet hatten, zu Hause. Begründung von Löw: Er wolle lieber "Spieler mit Perspektive", bei "Max Kruse weiß ich ja schon, was er kann".

Tor: Bernd Leno (Leverkusen), Marc-André ter Stegen (Barcelona), Kevin Trapp (Paris)
Abwehr: Matthias Ginter (Dortmund), Jonas Hector (Köln), Benjamin Henrichs (Leverkusen), Joshua Kimmich (FC Bayern), Shkodran Mustafi (Arsenal), Marvin Plattenhardt (Hertha BSC), Antonio Rüdiger (AS Rom), Niklas Süle (Hoffenheim)
Mittelfeld/Angriff: Julian Brandt (Leverkusen), Emre Can (Liverpool), Kerem Demirbay (Hoffenheim), Diego Demme (Leipzig), Julian Draxler (Paris), Leon Goretzka (Schalke), Sebastian Rudy (Hoffenheim), Lars Stindl (Mönchengladbach), Sandro Wagner (Hoffenheim), Timo Werner (Leipzig), Amin Younes (Amsterdam)
Auch bei Mario Gomez weiß Löw, was er kann. Der Wolfsburger darf demnach ebenso vorzeitig Urlaub machen, falls er nicht noch ein paar Relegationsspiele zu erledigen hat, und Dortmunds Marco Reus, der die vergangenen zwei Turniere wegen Verletzungen verpasste, kann ebenfalls pausieren. Löw: "Das Risiko wollte ich beileibe nicht eingehen."
So bleibt ein Aufgebot, das im Grunde ein besserer U21-Kader ist, bereichert mit einer Handvoll älterer Spieler. Es kann interessant werden, wie sich diese Mannschaft gegen Teams wie Chile oder Kamerun schlägt, tiefere Einsichten in Bezug auf die Weltmeisterschaft wird Löw aber wohl eher auf nicht sportlichem Wege gewinnen: "Wichtig ist es ja auch, Land und Leute kennenzulernen."
Im Video: Joachim Löw setzt auf Sandro Wagner
Younes hat Chancen auf die WM
Kennenlernen, das ist das Stichwort, unter dem sich die Nationalspieler ab dem 4. Juni versammeln. Ajax-Profi Amin Younes zum Beispiel hat die Bundesliga in den vergangenen zwei Spielzeiten von außen beobachtet, an ihm schätzt Löw, dass er "wahnsinnig stark im Eins gegen Eins ist". Younes gehört genau deswegen zu den Neulingen, die sogar die Chancen haben, auch nach dem Confed Cup noch nah dran an der Nationalmannschaft zu bleiben. "Das ist eine Qualität, die wir in Deutschland nicht mehr so häufig haben" wiederholte Löw, was er schon während der EM im Vorjahr deutlich bemängelt hatte.
Auch Sandro Wagner bringt etwas mit, was dem DFB-Team zuletzt oft abging. "Wagner hat eine etwas andere Art zu spielen als andere", formulierte es Löw. Jahrelang hat der Bundestrainer den alten Mittelstürmer-Typus ignoriert. Doch spätestens nach der EM, als der lang verschmähte Torjäger Gomez zum Heilsbringer aufrückte, hat er umgedacht. Einen Typ Sandro Wagner hätte Löw vor vier, fünf Jahren wohl nur unter größtem Widerstreben in seinen Kader gelassen.
In Russland freue er sich auf "ein fußballbegeistertes Volk, auf viel Kultur und sehr freundliche Menschen", ordnete der Bundestrainer den Confed Cup ein. Und das ist auch schon viel.