Ronaldo-Transfer zu Juventus Ein Schnäppchen, das der FC Bayern verpasst hat

Cristiano Ronaldo ist 33 Jahre alt, er wird in Turin vermutlich um die 30 Millionen Euro verdienen. Dennoch dürfte der Transfer ein gutes Geschäft für Juventus sein. Und eine verpasste Chance für Bayern München.
Cristiano Ronaldo

Cristiano Ronaldo

Foto: BENJAMIN CREMEL/ AFP

Die Makler in Turin werden sich derzeit in erhöhter Alarmbereitschaft befinden, Cristiano Ronaldo ist auf Haussuche - und der Portugiese braucht viel Platz. Sein privates, voll ausgerüstetes Fitnessstudio aus dem Haus in Madrid muss Platz finden und - ganz wichtig - seine Kältekammer. Ronaldo, der Musterprofi, pflegt seinen Körper so gut es geht. 33 Jahre ist er inzwischen.

In Madrid haben sie dem in den vergangenen Jahren durch eine neue Taktik Rechnung getragen, Ronaldo spielte nicht mehr auf der laufintensiveren Außenposition, sondern wurde zum Mittelstürmer. Anzunehmen, dass er auch bei Juventus im Zentrum spielen darf. Aber auch wenig Laufarbeit und alle Eistonnen dieser Welt können nicht die Zeit anhalten. Wie viele Jahre auf Top-Niveau hat der Portugiese noch? Ein oder zwei? Bestimmt. Drei oder vier? Vielleicht. Zumindest sein neuer Klub hofft darauf, Ronaldos Vertrag läuft bis zum Sommer 2022. Pro Jahr soll er rund 30 Millionen Euro netto verdienen, 105 Millionen Euro werden als Ablösesumme genannt.

Fotostrecke

Ronaldo, Neymar, Pogba: Das sind die teuersten Spieler der Welt

Foto: PHILIPPE LOPEZ/ AFP

So viel Geld für einen so "alten" Spieler - lohnt sich das? Die kurze Antwort lautet: ja. Sportlich wird Ronaldo Turin zumindest kurzfristig helfen, wichtiger als seine Leistung aber ist, dass es sich bei Cristiano Ronaldo um die größte Marke der Fußballerwelt handelt, größer als Messi und Neymar, größer sowieso als Mbappé und Salah. Zuletzt gewann er zweimal in Folge die Wahl zum Weltfußballer. Und nachdem er Real dreimal nacheinander zum Champions-League-Triumph geschossen und auch bei der WM zumindest in der Vorrunde wieder aufgetrumpft hat, wird er vermutlich auch den Hattrick beim Ballon d'Or perfekt machen.

Wo Ronaldo spielt, schauen die Menschen zu, auf der ganzen Welt. Spieler sind die härteste Währung in der Fußballvermarktung, und CR7 ist nun mal immer noch der Trumpf, der Eintrittskarten und Trikots verkauft und Sponsoren anlockt. Der sprunghafte Anstieg von Transfersummen und teils abenteuerliche Vertragskonstrukte mögen Fußballtraditionalisten aufstoßen - Kinder und Jugendliche interessieren sich dafür herzlich wenig, sie wollen die Trikots der Stars. Zu welchem Klub dieser gehört, ist dabei eher zweitrangig. Welcher Zehnjährige interessiert sich schon für die Vereinsgeschichte von PSG oder Ronaldos Bewährungsstrafe und den Deal mit den spanischen Finanzbehörden?

Juve-Fans mit Ronaldo-Trikots

Juve-Fans mit Ronaldo-Trikots

Foto: ISABELLA BONOTTO/ AFP

Juventus hat das erkannt, natürlich. Selbst 220 Millionen für das CR7-Gesamtpaket sind da ein zu verschmerzender Deal für die Italiener. 405,7 Millionen Euro Umsatz hat der Agnelli-Klub im vergangenen Jahr laut dem Wirtschaftsunternehmen Deloitte gemacht, im internationalen Vergleich reicht das für den zehnten Platz. Deloitte berücksichtigt bei der Umsatzermittlung die Erlöse durch Ticketverkäufe, Fernsehrechte und weitere kommerzielle Einnahmen wie Sponsoring und Merchandise.

Vor den Italienern liegen da die beiden spanischen Großklubs Real und FC Barcelona, Paris St. Germain, fünf Premier-League-Klubs - und der FC Bayern. Der Bundesligist ist Vierter im Ranking mit einem Umsatz von 587,8 Millionen Euro, also mehr als 180 Millionen Euro vor Juventus. Bayern München hat also - vorausgesetzt die Zahlen stimmen - noch deutlich mehr Finanzkraft als Juventus.

Fotostrecke

Football Money League 2018: Europas Großverdiener

Foto: CARL RECINE/ Action Images via Reuters

Die Münchner haben sich auf dem Transfermarkt bisher sehr zurückgehalten. Leon Goretzka und Serge Gnabry kommen zum Serienmeister, der neue Trainer Niko Kovac holt vielleicht seinen kroatischen Angreifer Ante Rebic aus Frankfurt nach, das hochkarätigste Gerücht dreht sich um Frankreichs Benjamin Pavard. Spieler, mit denen man mal wieder die Meisterschaft gewinnen kann, die aber die Strahlkraft des Klubs nicht verstärken.

Der FC Bayern setzt voll auf Familienflair, das mag manch langjährigem Fan gefallen, lockt aber kaum neue an. Die Märkte in China und den USA wird der Klub so nicht erobern. Von positiven Effekten für die ganze Liga, wie es der Serie A mit Ronaldo nun wiederfahren dürfte, ganz zu schweigen.

Im Frühjahr ist Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gefragt worden, wann der Verein seinen ersten Hundert-Millionen-Transfer tätigen werde. "Dann, wenn es notwendig ist", antwortete Rummenigge. Jetzt wäre zumindest ein günstiger Zeitpunkt gewesen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten