DFB-Erfolg im ersten Länderspiel nach dem WM-Debakel Ein Funke namens Füllkrug

Vier Chancen, zwei Tore: DFB-Stürmer Niclas Füllkrug
Foto: Heiko Becker / REUTERSDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Projekt Aussöhnung: »Wir müssen Emotionen entfachen«, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf vor dem Länderspiel gegen Peru im ZDF. Das habe beim Vorrundenaus bei der WM in Katar gefehlt, und bis zur Heim-EM 2024 soll sich das ändern. In diesem ersten Spiel nach dem WM-Debakel gelang das der deutschen Fußballnationalmannschaft zumindest streckenweise. Verteidiger David Raum feierte eine Einwurfentscheidung zu seinen Gunsten mit geballter Faust und Jubelschrei; Emre Can pflügte durchs Mittelfeld; und vorn war Niclas Füllkrug.
Ergebnis: 2:0 (2:0) für die deutsche Mannschaft. Füllkrug erzielte in Mainz beide Tore für die Gastgeber (12., 34. Minute).
Die erste Hälfte: war eine klare Sache. Von Beginn an hatte das DFB-Team mehr Ballbesitz und vor allem: mehr Chancen. Peru, bei der Katar-WM nicht dabei, weil es in der Qualifikation an Australien scheiterte, wird in der Fifa-Weltrangliste auf Rang 21 geführt – und damit sieben Plätze hinter Deutschland. Auf dem Platz war der Unterschied dann erheblich größer. Füllkrug traf doppelt, nach 45 Minuten hatte Deutschland 13 Schüsse abgegeben, Peru keinen einzigen.
Die zweite Hälfte: verlief etwas ausgeglichener als die erste. Die Peruaner sorgten mit einigen Konteraktionen zumindest im Ansatz für Gefahr, kamen auch zu ersten Abschlüssen, aber nie zu echten Chancen. Bei den Gastgebern verpasste Serge Gnabry das 3:0 knapp, er traf die Latte (60.) und das Außennetz (82.). Und Kai Havertz schoss einen Foulelfmeter an den Pfosten (68.). Deutschland hätte dieses Spiel deutlicher gewinnen können.
Katar, eine Fata Morgana: »Wir haben alles, was die WM betrifft, beendet«, sagte Bundestrainer Hansi Flick im Vorfeld des Spiels, und als wollte er einen Neuanfang im DFB-Team symbolisieren, ließ er Stammspieler wie Thomas Müller, İlkay Gündoğan, Leroy Sané oder Antonio Rüdiger bei seiner Kadernominierung außen vor. Dafür gab er neuen Spielern eine Bühne. So fand sich Marius Wolf (BVB) in der Startelf sowie Kevin Schade (Brentford) und Mërgim Berisha (FC Augsburg) nach Einwechslungen auf dem Rasen – und sie machten ihre Sache ordentlich. Ob einer von ihnen bei der Heim-EM 2024 eine Rolle spielen wird? Völlig offen.
Flicks Experiment: Neben neuen Spielern probierte Flick vor allem ein neues System aus: vier Verteidiger, zwei Sechser, zwei Zehner, zwei Stürmer. Dieses 4-2-2-2 funktionierte ziemlich gut. Emre Can und Joshua Kimmich ergänzten sich gut als bewegliche Doppelsechs; die beiden Zehner, Florian Wirtz und Kai Havertz, schlichen von den Flügeln startend ins Zentrum und wurden dort immer wieder gefunden. Und im Sturm stahl Füllkrug seinem Partner Timo Werner die Show.
5 – Niclas Füllkrug erzielte fünf Tore in seinen ersten fünf Länderspielen – in diesem Jahrtausend schoss zuvor nur Sandro Wagner 2017 so viele Tore in seinen ersten fünf Länderspielen. Bereicherung. #GERPER pic.twitter.com/Ua1ySSpDeb
— OptaFranz (@OptaFranz) March 25, 2023
Füllkrugs Stärke: Nach einer Ecke kam er mit einem Kopfball nicht an Perus Torwart Pedro Gallese vorbei (11.), eine Minute später schon: Kai Havertz sprang der Ball bei einer Annahme etwas weit weg und in Richtung Füllkrug. »Bleib weg, ich schieße!«, schien Havertz’ Körpersprache zu sagen, auch der Chelsea-Profi hatte eine gute Schussposition. Aber Füllkrug ist eben Mittelstürmer. Das wurde auch beim 2:0 deutlich, als Sturmkollege Werner denselben Lauf wie Füllkrug startete und dann beinahe an diesem abprallte. Fünf Tore in fünf Einsätzen hat Füllkrug nun erzielt, er hat sich im DFB-Kader festgespielt. Ob das auch für die Startelf gilt, ist eine der großen Fragen in den kommenden Monaten.
Füllkrugs Schwäche: »Niclas ist sehr selbstbewusst, möchte gewinnen, kann die Mannschaft mitziehen, ihr sehr viel positive Energie geben«, sagte Flick nach dem Spiel. Aber: »Es gab auch einige Situationen, in denen ich nicht so zufrieden mit ihm war.« Flick meinte damit manchen Ballverlust, der Füllkrug unterlief, weil er technisch nicht auf allerhöchstem Niveau spielt.

Nico Schlotterbeck: Hinten stark, vorn auch
Foto: Stuart Franklin / Getty ImagesSchlotterbeckenbauer: Was Füllkrug im Angriff war, war Nico Schlotterbeck in der deutschen Defensive. Der Innenverteidiger von Borussia Dortmund leitete beide Tore ein: Vor dem ersten Treffer spielte er einen langen Ball in die Tiefe auf Havertz. Dem zweiten Tor ging ein weiterer toller Pass voraus, diesmal aber ganz anderer Natur: Scharf und präzise passte er durch vier Peruaner hindurch zu Havertz. Und später erdribbelte sich der 23-Jährige einen Strafstoß, aber den vergab Havertz. Hinzu kamen mehrere starke Abwehraktionen – aber auch eine verletzungsbedingte Auswechslung kurz vor Schluss. Schlotterbeck hat längst keine fehlerfreie WM gespielt, aber in Zukunft führt im DFB-Team kein Weg an ihm vorbei.