

Im DFB-Quartier ist es jetzt schon das Unwort, es wird nur mit spitzen Fingern angefasst, am liebsten würde man es überhaupt nicht verwenden. Das Unwort heißt: Gijón.
Die Erinnerung an die Skandalpartie der WM 1982 zwischen Deutschland und Österreich, bei der sich beide Teams den Ball nur hin und her schoben, weil das gewünschte Ergebnis (1:0 für Deutschland) früh erzielt war und beiden Teams zum Weiterkommen reichte, ist ein großes Thema geworden. Weil 32 Jahre später bei der WM 2014 eine ähnliche Konstellation droht. Deutschland spielt am Donnerstag (18 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE; TV: ZDF) in Recife gegen die USA, und ein Unentschieden würde beiden Mannschaften zum Einzug ins Achtelfinale reichen - da könnten die beiden anderen Gruppengegner Ghana und Portugal in ihrem parallel stattfindenden Match spielen, wie sie mögen.
Dass dazu noch das DFB-Team und die US-Auswahl von den alten Sommermärchen-Freunden Joachim Löw und Jürgen Klinsmann trainiert werden, macht die Sache noch heikler. Alle vom Bundestrainer herunter wahrscheinlich bis zum Busfahrer haben daher derzeit nur ein einziges Ziel: in der Öffentlichkeit schon im Vorfeld jeglichen Ruch über das, was in der Heimat Klinsmanns und Löws als Geschmäckle bezeichnet wird, schon im Ansatz zu ersticken.
"Es wird natürlich keinerlei Absprachen geben", sagt Löws Assistent Hans Dieter Flick: "Wir werden den Teufel tun, auf Remis zu spielen." Löw hatte schon zuvor darauf hingewiesen, dass er seit Turnierbeginn keinerlei Kontakt zu Klinsmann mehr pflege. Und Innenverteidiger Mats Hummels, der bei der Schande von Gijón noch gar nicht auf der Welt war, sagt nur: "Eine Absprache - das wäre doch grob unsportlich. Das kommt nicht infrage." Um gleich etwas vorsichtiger anzufügen: "Aber wenn das Ergebnis reicht, werden wir sicher in den letzten Minuten kein Harakiri spielen."
Gegner im Achtelfinale könnte Algerien sein - ausgerechnet
Klar ist: Beide Teams, vor allem das deutsche, stehen unter Beobachtung. Und selbst wenn das Spiel ein Spektakel werden und 3:3 enden sollte, wird es in Ghana und Portugal wohl immer noch genug Menschen geben, die von Betrug reden werden. "Wir spielen auf Sieg, das ist doch logisch", sagt Abwehrspieler Jérome Boateng. "Auf Unentschieden zu spielen - "das ist ohnehin so gar nicht unser Ding", sagt Hummels.
Die Botschaft nach außen ist eindeutig. Sie lautet: Die Mannschaft denkt noch nicht einmal daran, am Donnerstag einen Ergebnisfußball zu spielen, der allein das Weiterkommen im Auge hat. Es soll auch bitte schön der Gruppensieg herausspringen, und den stellt man am ehesten sicher, indem man die Klinsmann-Elf schlägt. Und selbst dann könnten die US-Amerikaner noch als Gruppenzweiter ins Achtelfinale einziehen. Fakt ist auch: Schon ein Remis reicht der Löw-Elf, um als Erster der Gruppe in die nächste Runde zu kommen.
In welcher Konstellation auch immer, wer auch immer am Donnerstag gewinnt, unentschieden spielt oder verliert: Sollte das DFB-Team ins Achtelfinale einziehen, wartet als möglicher Gegner Algerien. Ausgerechnet die Mannschaft, die einst in Gijón unter der Arbeitsverweigerung der Deutschen und Österreicher zu leiden hatte. Durch das Ergebnis von 1982 mussten die Nordafrikaner damals heimfahren, voller Verbitterung über die Europäer, die das Weiterkommen unter sich ausgemacht hatten.
Jetzt böte sich die Gelegenheit zur Revanche. Manchmal stimmt der alte Satz eben doch, dass der Fußball die besten Geschichten schreibt.
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25. Juni 1982, Gijon, Spanien: Diese Fußballfans aus Algerien wedeln mit ihren Geldscheinen. Weil sich Deutschland und Österreich auf einen Nichtangriffspakt verständigten, schied Algerien aus.
Deutschland ging früh 1:0 in Führung durch ein Tor von Horst Hrubesch (im Hintergrund zu sehen). Dieses Ergebnis reichte beiden Teams, Deutschland und Österreich, zum Weiterkommen. In der restlichen Spielzeit passierte nicht mehr viel, keines der Teams ging ein Risiko ein. Das Spiel wurde als "Schande von Gijon" bekannt.
Jetzt könnte sich die Geschichte wiederholen. Wenn die deutsche Nationalmannschaft im abschließenden Vorrundenspiel auf die USA trifft, würde beiden Teams ein Unentschieden reichen, um ins Achtelfinale einzuziehen. Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw müht sich allerdings, solche Gedanken zu zerstreuen.
Dortmunds Abwehrspieler Mats Hummels sagt zum Beispiel: "Eine Absprache das wäre doch grob unsportlich. Das kommt nicht infrage." Und Löws Assistent Hans-Dieter Flick erklärt: "Wir werden den Teufel tun, auf Remis zu spielen."
Pikant ist, dass Löw und US-Trainer Jürgen Klinsmann alte Bekannte sind: Bei der WM 2006, dem sogenannten Sommermärchen, waren sie gemeinsam für das deutsche Team verantwortlich. Jetzt betont Löw, dass er seit Beginn der WM in Brasilien kein Kontakt zu Klinsmann habe. Nicht, dass noch ein Verdacht aufkommt.
Deutschland ging früh 1:0 in Führung durch ein Tor von Horst Hrubesch (im Hintergrund zu sehen). Dieses Ergebnis reichte beiden Teams, Deutschland und Österreich, zum Weiterkommen. In der restlichen Spielzeit passierte nicht mehr viel, keines der Teams ging ein Risiko ein. Das Spiel wurde als "Schande von Gijon" bekannt.
Foto: Steve Crisp/ dpaMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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