

Die Vorbereitung der deutschen Nationalmannschaft auf die Weltmeisterschaft in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) ist bislang reiflich misslungen. Dafür kann Bundestrainer Joachim Löw nichts. Schuld war das lange Fehlen elf Bremer und Münchner Spieler, die mit ihren Vereinen noch um Titel kämpften, als eine DFB-Rumpfelf die Grundlagen für das Turnier zu legen begann.
Zudem plagt das Team eine Verletztenmisere, die den Trainerstab immer wieder gezwungen hat, die Kaderkonstellation zu überdenken und das momentan bevorzugte 4-2-3-1-System zu hinterfragen. Nach Torwart René Adlerund Simon Rolfes, die schon vor dem Trainingsstart kapitulieren mussten, traf es erst Kapitän Michael Ballack, dann Christian Träsch und nun auch noch Heiko Westermann.
Zumindest die Frage nach dem System stellt sich nach dem Ungarn-Spiel (3:0) nicht mehr. Es wäre vor der Generalprobe gegen Bosnien am Donnerstag (20.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) die letzte Chance für Löw gewesen, in dieser Hinsicht zu experimentieren und sein Personal im 4-4-2 zu testen. Er tat es nicht.
Jetzt geht es also nur noch darum, welche Spieler er mit zur WM nimmt - und wen Löw nach Hause schicken wird. 23 Spieler darf Löw nominieren, 24 gesunde Profis hat er derzeit noch. Zu einer Nachnominierung wird es laut DFB-Mediendirektor Harald Stenger nicht kommen. Wer fliegt also an diesem Dienstag noch raus?
Bis vor wenigen Tagen galt als ausgemacht, dass der Hoffenheimer Andreas Beck nach Deutschland zurückkehren muss. Im Gegensatz zu anderen Wackelkandidaten entspricht er nicht dem löwschen Credo, dass Spieler möglichst flexibel sein sollten. Seine Dienste sind auf die rechte Abwehrseite beschränkt. Doch da sieht Löw andere Spieler im Vorteil, Jérôme Boateng beispielsweise. Oder Arne Friedrich. Auch Philipp Lahm könnte rechts spielen. Für Beck sah es schlecht aus.
Nun fehlt mit Westermann aber ein Profi, von dem Löw sagt, dass "er auf Grund seiner Vielseitigkeit für uns sehr wichtig gewesen wäre".
Im Ungarn-Spiel verteidigte der Schalker auf der linken Abwehrseite, er kann es auch in der Innenverteidigung, hat schon rechts gespielt und hätte zur Not auf der Sechserposition ausgeholfen. Westermann fehlt der Mannschaft nicht wegen seiner Leistungsstärke. Er fehlt aufgrund seiner Flexibilität. Egal, wo er als Lückenbüßer eingesetzt wird, eine gewisse Stabilität versprach sein Einsatz.
Unwahrscheinlich, dass Löw noch einen Defensivmann streichen wird
Diese Funktion muss nun ein anderer übernehmen. Zum Beispiel der Hamburger Boateng, der ebenso variabel in der Defensive aufgestellt werden kann. Er wird nun den Springer geben, falls er von Löw nicht fest auf der rechten Seite eingeplant wird. Friedrich, der ebenfalls schon einige Spiele als Rechtsverteidiger bestritten hat, wird derzeit von Löw eher im Zentrum eingesetzt. Also braucht Boateng einen Vertreter. Einen Beck-up aus Hoffenheim.
Neun Verteidiger sind nach den Verletzungen im Kader verblieben, im offensiven Mittelfeld gab es bislang keinen Ausfall. Unwahrscheinlich, dass Löw nun noch einen Defensivmann streichen wird.
Also wird es jemanden aus den vorderen Reihen treffen. Und hier gibt es eigentlich nur einen, der in Frage kommt: Piotr Trochowski. Der Hamburger ist einer der vielen technisch hoch veranlagten offensiven Mittelfeldspieler in Löws Team, hat aber eine äußerst unbefriedigende Saison hinter sich. Gegen Ungarn spielte er im rechten Mittelfeld zwar phasenweise gefällig, doch in der Partie zeigte er genau das, was ihn als Spieler charakterisiert: Er ist zu unbeständig. Guten Aktionen folgen Aussetzer, man kann sich nicht auf ihn verlassen. Es gibt keinen durchgängigen Leistungsstandard bei ihm.
Anders, als beispielsweise bei Toni Kroos, der auf der rechten Seite selbst an schlechten Tagen eine gewisse Stabilität garantieren würde. Bayerns Thomas Müller garniert diese Stabilität zudem mit einer immanenten Torgefahr. Und Marko Marin provoziert als Joker durch seine unkonventionelle Spielart viele Fouls, die zu wichtigen Standardsituationen führen.
Trochowski würde zum zweiten Mal zum großen Verlierer. Zwar durfte er bei der Europameisterschaft 2008 noch mitfahren, auf den Platz geschickt wurde er jedoch keine Minute. Trotzdem klagte er im Anschluss über die große Belastung des Turniers. Nun wird er genug Zeit haben, sich zu erholen.
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