

Hamburg - Bundestrainer Joachim Löw hat seine Kaderplanungen abgeschlossen. Wenige Stunden vor dem Verstreichen der offiziellen Frist zur Kader-Bennenung bei der Fifa verkündete er, dass Verteidiger die Reise zur WM nach Südafrika nicht mit antreten wird.
"Uns ist die Entscheidung nicht leicht gefallen. Andreas hat in den drei Wochen sehr engagiert gearbeitet und gut trainiert. Er hat aber eine durchwachsene Saison gespielt und war einige Male verletzt. Wir haben ihm gesagt, dass er sich weiter als Mitglied des Teams fühlen soll. Er ist noch jung und wird weiter seine Chancen in der Nationalmannschaft bekommen", sagte der Bundestrainer nach seiner Entscheidung, die er dem 23-Jährigen kurz zuvor am Dienstag mitgeteilt hatte.
Beck wird am Mittwoch mit der deutschen Mannschaft nach Frankfurt zurückfliegen. Trotz der Streichung aus dem Kader soll er sich weiter bereit halten. "Falls im Abwehrbereich was passieren sollte, wäre er der erste Kandidat für eine Nachnominierung. Ich hoffe aber, dass sich keiner mehr verletzt", sagte Löw. Beck reagierte "tief enttäuscht". Er richtete aber nach der für ihn so bitteren Nachricht sogar noch ein paar aufmunternde Worte an die Kollegen, die laut Löw darauf mit Applaus reagierten.
"Es ist sicher eine große Enttäuschung für den Spieler, den es nach drei Wochen harter Trainingsarbeit trifft. Aber manch anderer wäre froh gewesen, wenn er überhaupt zum erweiterten Kader gezählt hätte. Er muss nun in der neuen Saison wieder angreifen", sagte Bastian Schweinsteiger. Der Vizekapitän machte zudem deutlich: "Davon geht die Welt nicht unter, es gibt schlimmere Dinge auf der Welt."
Löw musste aus seinem vorläufigen Kader nur noch einen Spieler streichen, da zahlreiche Nationalspieler ausgefallen waren. Neben Torwart René Adler und Simon Rolfes, die schon vor dem Trainingsstart ihre Absage bekanntgeben mussten, fielen dann noch Kapitän Michael Ballack, Christian Träsch und Heiko Westermann aus.
Bauchschmerzen bei Stammtorwart Neuer
Unterdessen plagt die neue Nummer eins im deutschen Tor, Manuel Neuer, ein Magen-Darm-Virus, der ihn am Dienstag im Trainingslager in Südtirol zu einer Pause zwang. Der 24-jährige Keeper von Schalke 04 soll aber beim Länderspiel am Donnerstag (20.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) in Frankfurt am Main gegen Bosnien-Herzegowina einsatzfähig sein. Die Partie ist die Generalprobe für die WM. Das erste Vorrundenspiel der deutschen Mannschaft steigt am 13. Juni in Durban gegen Australien.
Neuers Konkurrent und Vertreter Tim Wiese ist hingegen aus einem anderen Grund frustriert. Die Entscheidung für den Schalker Manuel Neuer als Torwart Nummer eins für die Fußball-Weltmeisterschaft macht dem Bremer noch immer zu schaffen. "Mir fehlt einfach die Lobby. Ich habe für Werder alles gegeben, aber es gibt offenbar Vorbehalte gegen mich als Typ", sagte der 28-jährige Keeper in einem Interview mit der Münchner Zeitung "tz".
Wiese hatte die Entscheidung pro Neuer bereits zu Beginn der WM-Vorbereitung geahnt: "Es war mir schon klar, als ich den DFB-Koffer mit der Nummer 12 bekommen habe." Deshalb habe er auch "ganz entspannt" auf die Entscheidung Löws reagiert, obwohl er den Grund für diese vom Bundestrainer bisher nicht persönlich erfahren habe. "Er sagte, die Entscheidung sei ganz, ganz knapp gewesen. Den Rest habe ich aus der Pressekonferenz gehört", so Wiese in der "Bild"-Zeitung.
Persönliche Konsequenzen schloss Wiese trotz der großen Enttäuschung aus: "Ich muss das akzeptieren. Für einen Rücktritt bin ich noch zu jung. Ich werde immer für Deutschland da sein. Bei der WM will ich mich fit halten und im Training alles geben." Das Verhältnis zwischen Neuer und sich bezeichnete er dennoch als "gut".
Das erste öffentliche Training der DFB-Auswahl in der Vorbereitung verfolgten am Dienstag im Sportzentrum Rungg in Girlan rund 2000 Fans, darunter auch Formel-1-Star Nico Rosberg. Das deutsche Nationalteam wird am Mittwoch von Bozen nach Frankfurt reisen.
Anschließend geht es weiter nach Südafrika, wo das WM-Quartier der DFB-Elf von den Behörden mittlerweile die Betriebserlaubnis erhalten hat. Nach Erfüllung zahlreicher Auflagen steht einem Einzug der deutschen Fußballnationalmannschaft am 7. Juni nichts mehr im Wege, sagte der Manager des Hotels Velmoré Grande, Heinz Mulder.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Andreas Beck (Abwehrspieler, 23 Jahre, 7 Länderspiele, 0 Tore): Eigentlich prädestiniert für die Problemzone Rechtsverteidiger in der Nationalmannschaft. Spielte allerdings eine mäßige Saison und konnte nicht nachhaltig auf sich aufmerksam machen. Deshalb strich ihn Bundestrainer Joachim Löw aus dem WM-Kader.
Bundestrainer Joachim Löw hat sich festgelegt und seinen endgültigen Kader für die Weltmeisterschaft in Südafrika benannt. SPIEGEL ONLINE zeigt alle Nominierten.
Manuel Neuer (Torwart, 24 Jahre, 4 Länderspiele, 0 Tore): Nach der verletzungsbedingten Absage René Adlers musste sich das Trainerteam der Nationalmannschaft für eine neue Nummer eins entscheiden. Dabei überzeugte der spielstarke Neuer am meisten und nimmt nun Adlers Platz ein.
Tim Wiese (Torwart, 28 Jahre, 2 Länderspiele, 0 Tore): Hat eine starke Saison bei Werder Bremen gespielt, muss sich in Südafrika aber mit der Rolle des Ersatzmanns von Neuer begnügen. Forderte zuletzt immer wieder lautstark seinen Einsatz, was Löw nicht gerade gefreut haben dürfte.
Hans-Jörg Butt (Torwart, 26 Jahre, 3 Länderspiele, 0 Tore): Hat durch die verletzungsbedingte Absage von Stammtorwart René Adler die Chance erhalten, nach 2002 an seiner zweiten WM teilzunehmen. Als dritter Torwart wird er aber wohl nur in einem absoluten Notfall Einsatzzeit bekommen.
Per Mertesacker (Abwehrspieler, 25 Jahre, 61 Länderspiele, 1 Tor): Unumstrittener Abwehrchef der deutschen Nationalmannschaft. Spielt konstant in der Liga, hat zudem in dieser Saison fünf Tore für Werder Bremen erzielt. Er ist einer der wichtigsten Spieler im Gesamtgefüge des Teams und verleiht viel Stabilität.
Serdar Tasci (Abwehrspieler, 23 Jahre, 11 Länderspiele, 0 Tore): Hätte von seinen Anlagen her sicherlich mit die besten Chancen, neben Mertesacker aufzulaufen. Könnte zudem für mehr Gefahr bei Standards vor dem gegnerischen Tor sorgen als bislang. Allerdings spielte er eine für seine Verhältnisse schwache Saison.
Holger Badstuber (Abwehrspieler, 21 Jahre, 1 Länderspiel, 0 Tore): Der Abwehrmann ist einer der Aufsteiger der Saison. Verpasste fast keine Partie bei Bayern München, obwohl es seine erste Serie im Kader der Profis ist. Kann sowohl innen als auch auf der Linksverteidigerposition spielen. Hat von der U19 bis zur U21 alle DFB-Teams durchlaufen.
Philipp Lahm (Abwehrspieler, 26 Jahre, 64 Länderspiele, 3 Tore): Wurde nach dem Ausfall von Michael Ballack zum neuen Kapitän ernannt. Spielt in der Nationalmannschaft, anders als im Verein, bislang auf der linken Außenverteidigerposition. Er gehört zu den besten Außenverteidigern der Welt und ist eine feste Größe in den Planungen von Löw.
Jérome Boateng (Abwehrspieler, 21 Jahre, 5 Länderspiele, 0 Tore): Ist technisch einer der begabtesten deutschen Verteidiger, hatte zuletzt beim HSV allerdings einige Probleme und zeigte keine guten Leistungen. Unter Löw ist er bislang als Rechtsverteidiger aufgelaufen - und hat dort mangels hochwertiger Konkurrenz auch gute Chancen auf einen WM-Einsatz von Beginn an.
Dennis Aogo (Abwehrspieler, 23 Jahre, 2 Länderspiele, 0 Tore): Ist ein großes Talent auf der linken Außenverteidigerposition, hat aber, wie alle HSV-Spieler, eine schwache Rückrunde gespielt. Könnte eine Alternative zu Philipp Lahm sein, aber auch auf der Sechserposition aushelfen. Sammelte auch schon vor seinen ersten Nationalmannschaftseinsätzen internationale Erfahrungen. Machte 14 Partien für die U16 und 25 für die U21.
Arne Friedrich (Abwehrspieler, 31 Jahre, 71 Länderspiele, 0 Tore): Mit seinem Verein abgestiegen und in dieser Saison selten in Nationalmannschaftsform. Der gelernte Innenverteidiger ist aber dennoch seit Jahren fester Bestandteil in der DFB-Auswahl. Dort füllt er die unterbesetzte Stelle auf der rechten Abwehrseite zumindest solide aus. Zuletzt durfte er auch wieder im Abwehrzentrum für die Nationalmannschaft auflaufen.
Sami Khedira (Mittelfeldspieler, 23 Jahre, 4 Länderspiele, 0 Tore): Der defensive Mittelfeldspieler ist der kommende Mann in der Nationalmannschaft. Führte im Sommer 2009 die U21-Nationalelf zum EM-Titel, ist technisch, läuferisch und kämpferisch einer der besten in Deutschland auf der Sechserposition, zudem torgefährlich. Wird durch den Ausfall von Ballack gemeinsam mit Bastian Schweinsteiger die Doppelsechs im defensiven Mittelfeld besetzen.
Bastian Schweinsteiger (Mittelfeldspieler, 25 Jahre, 73 Länderspiele, 19 Tore): Spielte seine bislang stärkste Saison im Dress der Bayern. Ist einer der wichtigsten Spieler der Nationalmannschaft und wird von Löw mittlerweile als defensiver Mittelfeldspieler eingeplant werden, hat dort seinen Platz sicher.
Toni Kroos (Mittelfeldspieler, 20 Jahre, 3 Länderspiele, 0 Tore, r.): Spielte eine sehr starke Saison, ist technisch perfekt ausgebildet. Bei Standards mit seinen Hereingaben oder direkten Torschüssen immer gefährlich, trifft auch aus dem Spiel heraus und kann seine Mitspieler in Szene setzen. Hat zudem den Vorzug, auf allen Positionen im offensiven Mittelfeld spielen zu können.
Mesut Özil (Mittelfeldspieler, 21 Jahre, 9 Länderspiele, 1 Tor): Er gilt ebenso wie Kroos als hochveranlagt, hatte aber Mitte der vergangenen Bundesliga-Saison eine ganz schwache Phase, aus der er sich zum Ende der Spielzeit hin wieder herausgearbeitet hat. Auch er ist auf unterschiedlichen Positionen in der Offensive einsetzbar und kann für Überraschungsmomente sorgen. Hat sich durch die gute Leistung im entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Russland einen festen Platz im Kader erarbeitet.
Piotr Trochowski (Mittelfeldspieler, 26 Jahre, 30 Länderspiele, 2 Tore): Spielte - wie der gesamte HSV - eine enttäuschende Saison. Saß zuletzt häufig nur auf der Bank, drängte sich aber, wenn er denn mal spielte, auch nicht sonderlich auf. Hat im offensiven Mittelfeld große Konkurrenz durch Kroos und Özil und wird wohl, wie bei der EM 2008, auf der Bank sitzen.
Marko Marin (Mittelfeldspieler, 21 Jahre, 8 Länderspiele, 1 Tor): Der kleine Dribbler war schon im vorläufigen Kader der Europameisterschaft 2008, wurde dann aber von Löw nach Hause geschickt. Ist seitdem gereift und überzeugt bei Werder Bremen mal als offensiver Mittelfeldspieler, manchmal auch als Stürmer.
Marcell Jansen (Mittelfeldspieler, 24 Jahre, 31 Länderspiele, 1 Tor): Spielte zuletzt beim HSV im linken offensiven Mittelfeld und zeigte dort seine bislang stärksten Leistungen in der Bundesliga - bis zu seinem im Training erlittenen Syndesmoseriss im linken Sprunggelenk. Mittlerweile kann er wieder spielen. Ob defensiv oder offensiv wird Löw auch aufgrund der Personallage entscheiden.
Mario Gomez (Stürmer, 24 Jahre, 33 Länderspiele, 12 Tore): Ist von seinen Fähigkeiten sicherlich der beste deutsche Stürmer, hat allerdings wie einige seiner Angriffskollegen mit Problemen im Verein zu kämpfen. Zuletzt hatte er unter Trainer Louis van Gaal eine schlechte Perspektive, wurde kaum oder gar nicht eingewechselt. Genießt bei Löw dennoch große Wertschätzung.
Miroslav Klose (Stürmer, 32 Jahre, 95 Länderspiele, 48 Tore): Ihn plagte in der abgelaufenen Bundesliga-Saison unter van Gaal das gleiche Problem wie Gomez - auch er spielte nur selten oder gar nicht. Zuletzt zog er in der internen Stürmerhierarchie wieder an Gomez vorbei. In der Nationalelf ist er stets Löws erste Wahl, wenn es um etwas geht. Schwächelte aber auch dort zuletzt.
Lukas Podolski (Stürmer, 24 Jahre, 72 Länderspiele, 38 Tore, l.): Hat sich ebenso wie Klose in der Nationalmanschaft unverzichtbar gemacht. Trotz lediglich zweier Saisontore wird er von Löw nicht in Frage gestellt. Kommt mittlerweile fast ausschließlich im linken offensiven Mittelfeld zum Einsatz.
Thomas Müller (Stürmer, 20 Jahre, 1 Länderspiel, 0 Tore): Ist wie Badstuber eine der großen Entdeckungen der Saison. Ist im Team von Bayern-Trainer van Gaal gesetzt - egal ob im Sturm oder im Mittelfeld. Müller ist torgefährlich, spielt mannschaftsdienlich und absolviert stets ein großes Laufpensum. Spielte bereits in diversen U-Mannschaften.
Cacau (Stürmer, 29 Jahre, 7 Länderspiele, 3 Tore): In der Rückrunde enorm erfolgreich. Ist eine gute Ergänzung zu den gesetzten Stürmern, weil er nicht immer direkt im Angriffszentrum agiert. Ist aber trotzdem in der Hierarchie der Stürmer an hinterer Stelle.
Stefan Kießling (Stürmer, 26 Jahre, 4 Länderspiele, 0 Tore, r.): Spielte die Saison seines Lebens, wurde dennoch lange vom Bundestrainer ignoriert. Der lauf- und defensivstarke Stürmer hat es schwer, sich gegen die Löw-Lieblinge Klose, Podolski und Gomez zu behaupten. Lieferte Löw in Länderspielen aber auch keine Argumente dagegen.