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DFB-Sieg in San Marino Löws neuer Muster-Gnabry

Das Resultat war zweitrangig, der Sieg schnell abgehakt, aber einer wird dieses 8:0 beim Fußballzwerg San Marino nicht vergessen. Für den jungen Serge Gnabry war es ein Traum-Einstand im DFB-Dress.

Man mag es kaum glauben, aber dieses unbedeutende Qualifikationsspiel in San Marino ist dann doch noch eine Partie für die Fußball-Geschichtsbücher geworden. Man muss exakt 40 Jahre zurückgehen, um in der DFB-Historie ein ähnliches Beispiel zu finden. 1976 war es, das EM-Halbfinale von Belgrad gegen Gastgeber Jugoslawien, als der damalige Bundestrainer Helmut Schön einen jungen Stürmer zu seinem Debüt auf den Platz schickte. Dieter Müller hieß der Spieler, und er schoss anschließend in seinem ersten Länderspiel drei Tore.

Vier Jahrzehnte hat es keiner geschafft, dies zu wiederholen. Dem jungen Bremer Serge Gnabry gelang es am Freitag geradezu spielend. Nun war der Gegner an diesem verregneten Novemberabend nicht wirklich mit den damals stilbildenden Jugoslawen zu vergleichen. San Marino muss man in der Qualität eher mit einem deutschen Fünftligisten messen. Dennoch: "Drei Treffer in einem Spiel, egal gegen welchen Gegner, das ist einfach klasse", adelte Bundestrainer Joachim Löw die Partie des 21-Jährigen.

Der junge Bremer war von Beginn an couragiert zu Werke gegangen, zeigte Coolness im Abschluss, mal volley wie beim 6:0, mal überlegt wie beim 2:0. Solche Spieler hat Löw nicht im Übermaß zur Verfügung, das zeigte parallel der erneut eher unglückliche Auftritt von Mario Götze. Auch Thomas Müller und Mario Gomez, zwei weitere Arrivierte in der Offensive, bewiesen nachdrücklich, dass sie es mit dem Toreschießen derzeit nicht so haben.

Gomez, Götze und Müller blieben ohne Treffer

"Für die Stürmer war es heute auch extrem schwierig, sie hatten fast keine Räume, sich zu bewegen", versuchte sich Löw an einer Entschuldigung. Aber die wirkte angesichts der hausbackenen Fähigkeiten des Gegners denn doch etwas gekünstelt. Müller machte immerhin noch als Vorbereiter ein gutes Spiel.

Umso dankbarer konnte der Bundestrainer für seinen treffsicheren Debütanten sein. Und Gnabry hat auch den Tonfall der Nationalmannschaft schon inhaliert: "Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte, es waren aber auch super Zuspiele für mich", freute sich Gnabry anschließend angemessen temperiert. Schön bescheiden, den Wert der Mannschaft betonend. So hört man es gern im Hause Löw.

Gnabry hat sich früh am Ziel gewähnt, als er als 18-Jähriger einen Vertrag beim großen FC Arsenal unterschreiben durfte. Es wurde stattdessen eine Leidenszeit. Gnabry bekam keine Chance unter Trainer Arsène Wenger, vielleicht war der Spitzenklub auch eine Nummer zu groß für ihn. Jetzt bei Werder Bremen kann sich der Stürmer entfalten und das Selbstbewusstsein entwickeln, das hilft, im allerersten Spiel drei Mal zu treffen.

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Deutscher Kantersieg: Debütant auf Touren

Foto: Alexander Hassenstein/ Bongarts/Getty Images

Hinter dem großen Gnabry-Jubel ging die zweite Länderspiel-Premiere des Abends etwas unter. Der erst 19-jährige Benjamin Henrichs von Bayer Leverkusen stand als Außenverteidiger ebenfalls in der Startelf. Henrichs war eifrig, manchmal übereifrig, da gingen ihm vor lauter Einsatzfreude auch mal die eine oder andere Flanke oder ein Torschuss leicht daneben. "Auch der Benny hat das für meine Begriffe sehr gut gemacht", befand Löw anschließend in Geberlaune.

Ohne Gegentor durch die Qualifikation spaziert

Die er auch haben kann: Vier Qualifikationsspiele sind absolviert, vier Siege sind dabei herausgekommen, 16:0 Tore. Das kann sich sehen lassen. Die WM 2018 in Russland ist mehr oder weniger buchbar. Umso mehr entzündete sich in den Vortagen eine nicht ganz neue Debatte, welche Bedeutung solche Spiele gegen derart unterlegene Gegner noch besitzen. Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge hat zum wiederholten Male einen Vorstoß in diese Richtung unternommen, eine Art Vor-Qualifikation ins Gespräch gebracht, um Partien gegen die Fußballzwerge schon von vornherein auszuschalten.

Tatsächlich ist das Spannungsmoment solcher Spiele gegen Gibraltar und San Marino übersichtlich. Wer allerdings erlebt, wie sehr sich solche Nationen auf große Gegner freuen, wie sehr sie sich ins Zeug legen, um dem Weltmeister ein guter Gastgeber zu sein, wer die angenehm nüchternen Ansagen im Stadion - "in der 86. Minute hat Kevin Volland für Deutschland ein Tor geschossen" - hört, der kommt nicht umhin, sich eher mehr solcher Spiele zu wünschen. Bei denen das Drumherum-Getöse, das Marktgeschrei der Stadionregie und der Kommerz-Trott noch nicht an erster Stelle stehen.

Serge Gnabry hätte seine ersten drei Länderspieltore vermutlich lieber in Wembley vor 80.000 Zuschauern erzielt. Aber die Kulisse von 5000 Besuchern im Stadio Olimpico von Serravalle wird der junge Bremer auch nicht mehr vergessen.

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